querdenken - Geschichte und Politische Bildung 4, Schulbuch

118 Politische Mitbestimmung Machtungleichheiten in politischen Prozessen In Österreich stellen die Parteien, die die Mehrheit im Parlament (Legislative) bilden, zumeist auch die Regierung (Exekutive). In diversen Bundesverfas- sungsgesetzen sind die Organisation und die Aufgaben der Bundesregierung geregelt. Die Bundeskanzlerin bzw. der Bundeskanzler hat den Vorsitz über die Regierung, deren Ministerinnen und Minister sowie Staatssekretärinnen und Staatssekretäre von ihr oder ihm vorgeschlagen werden. Die Bundesregierung hat u. a. die für die Gesetzgebung wichtige Aufgabe, Gesetzesvorlagen vor- zubereiten und diese als Regierungsvorlagen im Nationalrat einzubringen. Der Großteil der Vorlagen für Gesetze kommt von der Regierung, die dadurch einen wesentlichen Anteil an der politischen und gesellschaftspolitischen Gestaltung übernimmt. Gesetze, die mittels einer einfachen Mehrheit, also 50% plus eins, beschlossen werden, können daher leicht mit der Stimmenmehrheit der Regierung durchgesetzt werden. Jene Parteien, die nicht in der Regierung vertreten sind, bilden die Opposition. Sie üben eine wichtige Kontrollfunktion gegenüber den Regierungsparteien aus. Da häufig eine enge Vernetzung zwischen Regierung und den sie unter- stützenden Parlamentsparteien besteht, hat die Möglichkeit einer Opposition zur Überprüfung der Regierungsarbeit einen wichtigen Stellenwert in der Demokratie. Neben der Meinungsfreiheit und der Gewaltenteilung ist die Existenz einer Opposition ein wichtiges Merkmal einer funktionierenden Demokratie. Folgende Kontrollmöglichkeiten stehen dem österreichischen Nationalrat (NR) und Bundesrat (BR) zur Verfügung: Parlamentarische Anfrage dringliche, schriftliche oder mündliche Anfrage Nationalrat und Bundesrat haben das Recht, von Mitgliedern der Bundes- regierung Auskünfte zu verlangen. Zitationsrecht Ein Mehrheitsbeschluss ist erforderlich. Regierungsmitglieder müssen auf Verlangen im Nationalrat bzw. bei Ausschüssen anwesend sein. Resolutionsrecht Entschließungsantrag durch fünf Abgeordnete zum NR oder drei Abgeordnete des BR Nationalrat und Bundesrat haben das Recht, Wünsche über die Behandlung von für sie wichtigen Inhalten und Anliegen zu äußern. Enqueterecht Enquete-Kommission (= Abgeordnete sowie Expertinnen und Experten) Der Nationalrat hat das Recht, Untersuchungsausschüsse zur Überprüfung der Arbeit der Regierung einzusetzen. Misstrauensvotum Amtsenthebungen erfolgen durch die Bundespräsidentin bzw. den Bundes- präsidenten. Der Nationalrat kann durch einen Entschluss der Bundesregierung oder einzelnen Mitgliedern der Regierung das Vertrauen entziehen und dadurch eine Absetzung erzwingen. › Die Bundesregierung ist ein Kollegium, in welchem die einzelnen Regierungs- mitglieder für die von Ihnen getroffenen Entscheidungen selbst verantwortlich sind. Um das gemeinsame Vorge- hen abzustimmen, werden Beschlüsse der Regierung jedoch einstimmig, meist im Ministerrat, gefasst. Im Falle einer Koalitionsregierung hat jede Regierungspartei ein Vetorecht. › Ein wichtiges Kontroll- instrument des Nationalrates ist die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses. Dieser wird dann gebildet, wenn der Verdacht besteht, dass innerhalb einer Regie- rung rechtswidrige Vorgänge stattgefunden haben könnten. Er wird von Mitgliedern der Opposition geleitet. Regierungsbank des öster- reichischen Nationalrates, Foto, 2017 A5 Ermittle die Bedeutsamkeit der in der Tabelle aufgelisteten Möglich- keiten in Bezug auf die Kontrolle der Macht im parlamentarischen System Österreichs. Beurteile die Notwendigkeit von Mitteln zur Schaffung eines Macht- ausgleichs innerhalb einer Demokratie. (PUK) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des B Verlags öbv

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