querdenken - Geschichte und Politische Bildung 3, Schulbuch

61 Revolutionen Auswirkungen der Aufklärung bis heute Bedeutung von Verfassungen Die Verfassung ist die Grundlage jedes demokratischen Staates. Alle Gesetze und Verordnungen bauen darauf auf. Sie regelt die Staatsform, die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern sowie die Rechte der Staats- organe wie Parlament oder Bundespräsidentin bzw. -präsident. Vor allem aber soll die Verfassung die Grundrechte jedes Menschen im Staat und dem Staat gegenüber regeln. So garantiert sie die Menschen- und Grundrechte. Soll die Verfassung geändert werden, braucht man dafür zwei Drittel der Stimmen im Nationalrat. Soll es zu einer Gesamtänderung der Verfassung kommen, müssen die Wählerinnen und Wähler in einer Volksabstimmung darüber entscheiden (z. B. war das beim EU-Beitritt Österreichs 1995 der Fall). Für die Einhaltung der Verfassung sorgt der Verfassungsgerichtshof, beispiels- weise bei neuen Gesetzen. Er wird auch als „Hüter der Verfassung“ bezeichnet. Er entscheidet u. a. bei Verletzungen des Völkerrechts, bei Anfechtungen von Wahlen und bei der Feststellung der Zuständigkeit des Bundes oder der Länder. Dezemberverfassung In Österreich wurde 1867 von Kaiser Franz Joseph I. eine neue Verfassung (Dezemberverfassung) eingeführt. Eines der fünf darin enthaltenen Staats- grundgesetze ist das „Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger“. Geringfügig verändert gilt es bis heute. Wesentliche Bestim- mungen sind: › Grundrechte sind in der Verfassung eines Staates festgehalten. Sie gelten für Einzelpersonen. Zu diesen zählt beispielsweise das Wahlrecht. Menschenrechte gelten für alle Menschen auf der Welt. Hans Kelsen, Foto, 1931 › Die heutige österreichische Bundesverfassung entstand 1918–1920 unter der maßgeb- lichen Mitarbeit von Hans Kelsen (1881–1973). 1929 wur- de sie in verschiedenen Punk- ten reformiert (z. B. Stärkung der Rechte des Bundespräsi- denten, Neugestaltung des Verfassungsgerichtshofes). Diese Verfassung gilt mit den Änderungen durch den EU- Beitritt 1995 auch heute. Artikel 2: Vor dem Gesetz sind alle Staatsbürger gleich. Artikel 3: Öffentliche Ämter sind für alle Staatsbürger zugänglich […] Artikel 4: Das Eigentum ist unverletzlich […] Artikel 10: Das Briefgeheimnis darf nicht verletzt werden, außer im Falle einer gesetzlichen Verhaftung oder auf Grund eines richterlichen Befehls […] Artikel 12: Die österreichischen Staatsbürger haben das Recht, sich zu versam- meln und Vereine zu bilden. Artikel 13: Jedermann hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck oder bildliche Darstellung seine Meinung innerhalb der gesetzlichen Schranken frei zu äußern. Artikel 14: Die volle Glaubens- und Gewissenfreiheit ist jedermann gewähr- leistet. Der Genuss der bürgerlichen und politischen Rechte ist vom Religions- bekenntnis unabhängig. Artikel 15: Jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft hat das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsausübung […] Artikel 17: Die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei. Artikel 18: Es steht jedermann frei, seinen Beruf zu wählen. […] Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger (bearbeitet) Die in Österreich geltende Verfassung beruht auf den Elementen Demokratie, Gewaltenteilung und Menschenrechte. A16 Untersuche den angeführten Ausschnitt der österreichischen Verfassung auf Elemente der Aufklärung. Beurteile die Auswirkungen der Aufklärung auf gegenwärtige Gesellschaften. (HOK, LK) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=