querdenken - Geschichte und Politische Bildung 3, Schulbuch

160 Gewalt, Gefühle und Einstellungen Bildung und Wissenschaft Bildungsreformen im Zeitalter der Aufklärung In der Habsburgermonarchie war bis ins 18. Jh. der Jesuitenorden für das Schulwesen verantwortlich. Maria Theresia verstaatlichte das Schulwesen. 1774 wurde die „Allgemeine Schulordnung“ eingeführt. Damit waren alle sechs- bis zwölfjährigen Kinder unterrichtspflichtig . Die Schulordnung enthielt u. a. eine Anleitung über die Arten der zu errichtenden Schulen, zur Ausstattung der Schulgebäude, zur Lehrart und zu Unterrichtsmitteln. Der Unterricht sollte nach einem Methodenbuch erfolgen. Dort heißt es u. a.: P Unterrichtspflicht: alle Kinder müssen unterrichtet werden; es besteht jedoch keine Schulpflicht (d. h. Kinder können auch privat außer- halb der Schule unterrichtet werden); gilt bis heute in Österreich › Die „Allgemeine Schulord- nung“ zur Zeit Maria Theresias brachte auch eine staatliche Kontrolle des Bildungs- systems mit sich. › Durch die Einführung der Unterrichtspflicht erhielten zwar Mädchen und Burschen elementare Bildung, höhere Bildung war Mädchen jedoch lange Zeit nicht möglich. Erst 1878 durften Mädchen die Matura ablegen. In der zwei- ten Hälfte des 19. Jh. wurden manche Frauen Lehrerinnen oder Krankenschwestern. Wenn sie heirateten, mussten sie den öffentlichen Dienst aber wieder verlassen. › Das Bildungswesen wurde nach Einführung der Allge- meinen Schulordnung stets weiter reformiert: Durch das Reichsvolksschulgesetz von 1869 wurde die Unterrichts- pflicht auf acht Jahre verlän- gert. Außerdem wurde die Klassengröße auf 80 Schüle- rinnen und Schüler begrenzt. Die Prügelstrafe an Schulen wurde in Österreich erst 1974 verboten. BASISKONZEPT – AUSWAHL Da die Vergangenheit unzählige Ereignisse und Betrachtungsweisen bietet, ist es unmöglich, Geschichte umfassend darzustellen. Daher muss eine Auswahl getroffen werden. Es kann auch sein, dass Ausschnitte der Vergangenheit nur teilweise in Quellen überliefert sind. Ebenso ist es möglich, dass die getroffene Auswahl bestimmten Absichten folgt, weil es um ein konkretes Thema geht, z. B. die Möglichkeiten von Frauen in einer bestimmten Gesellschaft. Dafür werden geeignete Quellen und Betrachtungsweisen gewählt sowie eine zeit- liche und räumliche Einschränkung getroffen. Eine solche Auswahl schränkt zwar den Aussagewert der Darstellung ein, doch dadurch wird eine Betrach- tung überhaupt erst möglich. Pestalozzi unterrichtet gemeinsam mit seiner Frau Anna, Holzstich, koloriert, 1882 Unter dem Zusammenunterrichten versteht man nichts Anderes als, dass die Schüler nicht einzeln, wie es vorher gewöhnlich war, sondern alle zusammen, auf einmal und zu gleicher Zeit vorgenommen werden. Nicht nur der Vortrag des Lehrers ist an alle Schüler zugleich gerichtet, sondern auch die Schüler müssen alle zusammen einerlei Dinge vornehmen. Felbinger, Methodenbuch, 1775, S. 3 (bearbeitet) Im 18. Jh. machten sich viele darüber Gedanken, wie Bildung gut funktionieren kann. Der Schweizer Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi (1746–1827) setzte sich für eine möglichst ganzheitliche Bildung des Volkes ein. Er interessierte sich besonders dafür, inwiefern Bildung für die Freiheit und Selbstbestimmung von Menschen helfen kann. Pesta- lozzi war davon überzeugt, dass jedes Kind Talente hat, die sich individuell entfalten sollen. A5 Beschreibe die Darstellung des Schulunterrichts von Pestalozzi. Vergleiche die dargestellte Unterrichtsform mit den Anweisungen des Methodenbuchs. Formuliere zwei Fragen, die mit der Darstellung beantwortet werden. Diskutiert, inwiefern die Auswahl der Quelle und der Darstellung auf der Schulbuchseite die Aussagen zum Thema einschränken. (HFK, PUK) T1 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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