querdenken - Geschichte und Politische Bildung 3, Schulbuch

144 Migration Einwanderung nach Österreich heute Rechtliche Situation Viele Staaten haben die Zuwanderung beschränkt. In Österreich können alle EU-Bürgerinnen und -Bürger leben und arbeiten. Seit 2011 gibt es die Rot- Weiß-Rot-Karte. Diese ermöglicht es Personen aus Drittstaaten nach Österreich einzuwandern, wenn sie über Qualifikationen verfügen, die am Arbeitsmarkt besonders gesucht werden (z. B. Facharbeiterinnen und Facharbeiter). In der Öffentlichkeit wird am meisten über Immigrantinnen und Immigranten diskutiert, die aus ihrer Heimat geflohen sind und in Österreich Asyl beantra- gen. Während eine Asylberechtigung vom Staat geprüft wird, dürfen sich diese Personen in Österreich rechtmäßig aufhalten. Asyl ist für Menschen gedacht, die beispielsweise wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Nationali- tät oder politischen Überzeugung verfolgt werden. Österreich ist aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention (1951) völkerrechtlich dazu verpflichtet, diese Personen aufzunehmen. Eine Person kann in Österreich außerdem subsidiären Schutz bekommen. Das ist möglich, wenn für sie in der Heimat die Gefahr besteht, dass zentrale Rechte der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt werden (z. B. das Recht auf Leben) oder wenn ihr Leben durch Gewalt im Rahmen von Kriegen bedroht ist. Wird gegen den Antrag einer Person auf Asyl bzw. subsi- diären Schutz entschieden, kann diese freiwillig ausreisen oder es kommt zu einer Abschiebung . Abschiebung – ein Fallbeispiel Die Familie Zogaj stammt aus dem Kosovo. Die Entscheidung über ihre Abschiebung führte im Jahr 2007 zu einer heftigen öffentlichen Diskussion. Die Familie war 2001/02 nach Österreich gekommen und hatte Asyl beantragt. Der Vater arbeitete und die Kinder gingen in die Schule. Die Gemeinde, in der die Familie lebte, betrachtete sie als gut integriert. Nach einem langen Verfahren wurde der Asylantrag abgelehnt, da vom Gericht kein Asylgrund festgestellt werden konnte. 2007 wurde die Abschiebung der Familie angeordnet. Eine der Töchter, Arigona, verschwand daraufhin. Die Familie wurde, von ihrer Mutter abgesehen, in den Kosovo abgeschoben. Nachdem Arigona bei einem Pfarrer gefunden wurde, durfte sie nach einer langen öffentlichen Diskussion in Österreich ihren Schulabschluss machen. Ihre Geschwister kehrten illegal nach Österreich zurück. 2010 wurde die ganze Familie ausgewiesen. Nach ihrer Ankunft im Kosovo erzählte Arigona: P Drittstaaten: aus öster- reichischer Perspektive alle Staaten der Welt, ausge- nommen die Staaten der EU, Norwegen, Island, Lichten- stein und die Schweiz P Immigrantin bzw. Immigrant: Einwanderin bzw. Einwanderer O Begegnungen, S. 22 P Asyl: Aufnahme und Schutz verfolgter Personen; die Regelungen gehen zurück auf die Genfer Flüchtlings- konvention von 1951 P subsidiärer Schutz: behelfsmäßiger Schutz P Abschiebung: die betrof- fene Person wird in das Land gebracht, dessen Staats- angehörigkeit sie besitzt; nur möglich, wenn die Staats- angehörigkeit bekannt ist › Über einen Asylantrag entscheidet das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Trifft das BFA eine negative Entscheidung, kann sich die betreffende Person an das Bundesverwaltungs- gericht wenden (BVwG). Gegen Entscheidungen des BVwG kann Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) oder beim Verwal- tungsgerichtshof (VwGH) erhoben werden. Deren Ent- scheidungen sind endgültig. Es war ein Schock, ich war ja seit acht Jahren nicht hier, es ist mir vorge- kommen wie in einer völlig anderen Welt. Ich habe meine gesamte Jugend in Österreich verbracht, meine schönste Zeit – dort war ich ein Teenie, hier bin ich eine Fremde […] NEWS: Arigona Zogajs erstes Interview aus dem Kosovo, 2010 (bearbeitet) 2012 erhielt Arigona ein befristetes Aufenthaltsrecht, um hier ihre Ausbildung fortsetzen zu können. Auch ihre Mutter konnte zurückkehren. A5 Fasse die Stellungnahme von Arigona zusammen. Arbeite anhand des dargestellten Beispiels mögliche Probleme beim Ablauf von Asylverfahren heraus. Beurteile die Perspektive von Arigona. (HMK, PUK) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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