querdenken - Geschichte und Politische Bildung 3, Schulbuch

127 Wahlen und Wählen Allgemeines Männerwahlrecht 1907 Erst 1907 kam es zur Einführung des allgemeinen, direkten und gleichen Wahl- rechts für Männer ab 24 Jahren. Nach den Regeln dieser neuen Wahlrechts- bestimmung wurden zwei Wahlen durchgeführt: 1907 und 1911. Frauenwahlrecht Die 1848 beschlossene Wahlordnung schloss Frauen von der Wahl nicht aus. Sie konnten aber dennoch nicht für den konstituierenden Reichstag wählen, da ihnen die dafür nötige wirtschaftliche und soziale Eigenständigkeit abgespro- chen wurde. Auch 1861 wurden sie nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen. Einige Frauen hatten aufgrund ihres Vermögens das Recht zu wählen. Allerdings wurden sie in der Praxis vielfach daran gehindert, beispielsweise indem ihnen verboten wurde, das Wahllokal zu betreten. 1907 wurden Frauen durch die Einführung des allgemeinen Männerwahlrechts von den Wahlen ganz ausge- schlossen. Nach dem Ersten Weltkrieg endete die Monarchie. Am 12. November 1918 wurde das Gesetz über die Staats- und Regierungsform von Deutschösterreich erlassen. Darin hieß es in Artikel 9: Eröffnung des Reichsrates, Foto, 1907 › Das Wahlrecht war eine wichtige Forderung der Ersten Frauenbewegung. In Großbritannien und den USA setzten sich die Suffragetten (engl./franz. „suffrage“ = „Wahlrecht“) zu Beginn des 20. Jh. für dieses Recht ein. O Gewalt, Gefühle und Einstellungen, S. 159 P Deutschösterreich: Staats- bezeichnung 1918–1920, weil man sich Deutschland an- schließen wollte; das wurde im Friedensvertrag von St. Germain verboten Abgeordnete der Sozialdemo- kratischen Arbeiterpartei bei der ersten Sitzung der Konstituieren- den Nationalversammlung, Foto, 1919 (Wien) P aktives Wahlrecht: Recht, wählen zu dürfen P passives Wahlrecht: Recht, gewählt zu werden Die Wahlordnung […] beruht auf der Verhältniswahl und dem allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Stimmrecht aller Staatsbürger ohne Unter- schied des Geschlechts. Art. 9, StGBl. 5/1918 1919 wurden bei den ersten Wahlen nach Ausrufung der Republik neben 151 Männern acht Frauen in die Konstituierende Nationalversammlung gewählt: Anna Boschek, Emmy Freundlich, Adelheid Popp, Gabriele Proft, Therese Schle- singer, Amalie Seidel und Marie Tusch von der Sozialdemokratischen Arbeiter- partei und Hildegard Burjan von der Christlichsozialen Partei. Wahlrecht in Österreich heute Heute sind in Österreich alle Staatsbürgerinnen und -bürger ab Erreichung des Wahlalters wahlberechtigt, wenn sie nicht aufgrund einer gerichtlichen Verur- teilung vom Wahlrecht ausgeschlossen wurden. Das aktive Wahlrecht erhält man seit 2007 für alle Wahlen im Alter von 16 Jahren. Das passive Wahlrecht erhält man mit 18 Jahren, außer für die Bundespräsidentschaftswahl: Hier muss man für eine Kandidatur am Wahltag mindestens 35 Jahre alt sein. Zusätzlich haben EU-Bürgerinnen und -Bürger bei den Wahlen zum EU-Parla- ment sowie zum Gemeinderat bzw. zur Gemeindevertretung das aktive und passive Wahlrecht. Wahlrecht weltweit Nicht überall ist das Wahlrecht so wie in Österreich geregelt. Beispielsweise gilt in vielen Staaten ein Wahlalter von 18 Jahren. Es gibt aber auch viele Staaten auf der Welt, wo das Wahlrecht eingeschränkt ist. Auch die historische Entwicklung des Wahlrechts unterscheidet sich von Staat zu Staat. Das Frauenwahlrecht wurde beispielsweise in Finnland bereits 1906 eingeführt, in der Schweiz hingegen erst 1971. A8 Recherchiere im Internet Staaten, in denen das Wahlrecht derzeit eingeschränkt ist. Diskutiert in der Klasse über die Bedeutung des allgemeinen Wahlrechts. (PMK, PUK) T1 T2 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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