querdenken - Geschichte und Politische Bildung 3, Schulbuch

122 Wahlen und Wählen Entstehung von Parteien im 19. Jh. | extra Merkmale einer Partei Politische Parteien sind Vereinigungen von Menschen mit ähnlichen politischen Vorstellungen und Zielen. Merkmale einer Partei sind eine bestimmte Organi- sation, ein Parteiprogramm und der Wille zur Beteiligung an der staatlichen Regierungsgewalt. Voraussetzungen für die Entstehung von Parteien Nach der Revolution von 1848 gab es ein Verbot jeglicher politischer Betäti- gung. Um 1860 entstanden erste politisch engagierte liberale Gruppierungen. Diese konnten mit der Zeit politische Entscheidungen beeinflussen. Nach der Aufhebung des Vereins- und Versammlungsverbots 1867 entstanden verschie- dene politische Gruppierungen. Die bedeutendsten waren zunächst Gruppen des liberalen bzw. konservativen Lagers . Bis sie allerdings zu Parteien wurden, dauerte es noch einige Zeit. Deutschnationale Gruppierungen Nach dem Ausgleich von 1867 befürchteten viele Deutsche (gemeint ist die deutschsprachige Bevölkerung Cisleithaniens), ihre Vormachtstellung in- nerhalb der Habsburgermonarchie zu verlieren. Es entwickelten sich daher verschiedene deutschnationale Gruppierungen. Eine einheitliche Partei zu gründen, gelang allerdings nicht. Die Anhängerschaft setzte sich hauptsäch- lich aus Studierenden, Personen aus dem (Klein-)Bürgertum und Teilen der Bauernschaft zusammen. Diese waren meist antihabsburgisch, antiklerikal und antisemitisch eingestellt. Im deutschnationalen Lager entstanden zwei Richtungen: Die gemäßigte Richtung wollte eine Sicherung der Stellung der Deutschen innerhalb der Monarchie. Die radikale lehnte die Habsburgermonar- chie ab und forderte einen Zusammenschluss aller deutschsprachigen Länder. 1882 schrieben Vertreter mehrerer Gruppierungen (u. a. Georg Ritter von Schönerer ) die Ziele der Bewegung im „Linzer Programm“ nieder. O Revolutionen, S. 58 P Lager: politische Richtung; Personen, die im politischen Leben dieselbe Meinung vertreten P antiklerikal: kirchenfeind- lich P Georg Ritter von Schönerer (1842–1921): Führer der Deutschnationalen, später Anführer der Alldeutschen Vereinigung Georg Ritter von Schönerer, Foto, um 1880, Sammlung Archiv für Kunst und Geschichte (Berlin, Deutschland) P Deutscher Bund: 1815 ge- gründeter Zusammenschluss überwiegend deutschspra- chiger Staaten (z. B. Preußen, Österreich); zerbrach 1866 an den Streitigkeiten um die Vorherrschaft im Deutschen Bund zwischen Österreich und Preußen O Identitäten, S. 72 A1 Gib den Inhalt des Programmausschnitts in eigenen Worten wieder. Arbeite jene Forderungen heraus, die die Vormachtstellung der deutsch- sprachigen Bevölkerung in der Monarchie sicherstellen sollen. (HMK, LK) Es ist sowohl im nationalen als im staatlichen Interesse gelegen, dass die- jenigen Länder der österreichisch-ungarischen Monarchie, welche ehemals dem deutschen Bunde angehörten, für sich ein möglichst unabhängiges und streng einheitlich organisiertes Ganzes bilden […]. Es ist durch die Lage und durch die historische Entwicklung der diesseitigen Reichshälfte [Cisleithanien] bedingt, dass jenen Ländern der Monarchie […] der deutsche Charakter ge- wahrt bleibe, und es muss daher gefordert werden, dass durch ein Gesetz die deutsche Sprache als Staatssprache erklärt [werde] […], [dass] die deutsche Sprache ausschließlich Sprache des Heeres […] und der öffentlichen Ämter sei […], [dass] in Orten mit sprachlich gemischter Bevölkerung an mindestens einer Volksschule der Unterricht in deutscher Sprache erteilt und an allen Mittelschulen die deutsche Sprache als obligater Gegenstand gelehrt werde, wogegen kein Schüler zur Erlernung einer anderen, etwa landes- oder bezirks- üblichen Sprache gezwungen werden kann […] Auszug aus dem Linzer Programm, 1882 (bearbeitet) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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