Ex libris Latein-Lektüre, Trainingsband

90 Fachsprachen und Fachtexte Römisches Leben am Golf von Neapel und der Vesuvausbruch Pompeji war ursprünglich eine oskische Siedlung, die unter griechischem, aber auch etruskischem Einfluss stand. Im 5. Jahrhundert v. Chr. fiel es an die italischen Samniten. Ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. schloss die Stadt ein Bündnis mit den Römern und hielt ihnen sowohl im Kampf gegen König Pyrrhus (280 v. Chr.) als auch gegen Han- nibal (216 v. Chr.) die Treue. Im Bundesgenossenkrieg 90 v. Chr. kämpfte Pompeji allerdings gegen Rom und wurde daraufhin belagert und erobert. Seit 80 v. Chr. Kolonie, erhielt die Stadt nach und nach römisches Gepräge. Zur Zeit Kaiser Neros ereignete sich 62 n. Chr. ein schweres Erdbeben, das in Pompeji große Schäden verursachte. Deren Beseitigung war noch nicht völlig abgeschlossen, als 79 n. Chr. der Vesuv ausbrach. In einer Explosion unvorstellbaren Ausmaßes wurde die bewaldete Kuppe des Vesuvs weggesprengt, der Vulkan schleuderte vulkanisches Gestein und Asche viele Kilometer hoch in die Atmosphäre. Da der Wind von Norden her wehte, fiel der Aschen- und Bimssteinregen großteils auf die Südseite des Vesuvs und verschüttete die Stadt Pompeji. Trotz der Katastrophe dürfte den meisten der etwa 20 000 Einwohner die Flucht geglückt sein. Erst Stun- den nach dem Beginn des Ausbruchs raste eine glühend heiße Gaswolke, ein sogenannter pyroklastischer Strom, die Berghänge hinunter auf Pompeji zu und vernichtete dort alles Leben. Wer sich da noch in der Stadt befand, starb augenblicklich. Die Toten wurden vom vulkanischen Niederschlag bedeckt, ihre Leichname zerfielen im Laufe der Zeit, zurück blieben allerdings Hohlräume, die heute, mit Gips ausgefüllt, eindrucksvoll den Moment des Todes dokumentieren. Pompeji blieb unter einer meterhohen Schicht aus Asche und Bimsstein begraben, bis es in der Neuzeit wieder freigelegt wurde. Der Golf von Neapel beim Vesuvausbruch 79 n.Chr. Forum von Pompeji mit Vesuv Bacchus und Vesuv, Fresko Ein zweiter, in diesem Zusammenhang berühmter Ort ist Herculáneum . Er soll von Herkules gegründet worden sein und war seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. samnitisch; erst unter Sulla wurde der Ort 89 v. Chr. ein römisches Municipium. Mehr und mehr wandelte sich das einstige Fischerstädtchen in einen Erholungsort für wohlhabende Leute. Als der Vesuv ausbrach, blieb Herculaneum zunächst verschont. Es lag zwar näher am Vulkan, doch der Niederschlag des Ausbruchs ging aufgrund der Windrichtung über Pompeji und Stabiae nieder. Bald aber wälzte sich eine Lawine von Lavaschlamm über das Städtchen und begrub es unter einer bis zu 20 m dicken Decke. So luftdicht verschlossen, überdauerten nicht nur Kunstgegenstände aus Stein und Metall, sondern auch organische Materialien wie Holzmöbel, Nahrungsmittel und sogar Papyri die Jahrhunderte. Die Ausgrabungen rund um den Vesuv geben ein eindrucksvolles Zeugnis vom Alltagsleben in der frühen Kaiser- zeit. So kann man etwa in Pompeji neben Tempeln und öffentlichen Gebäuden am Forum, neben Thermen und Theatern, neben teils einfachen, teils aber auch überaus prächtigen Wohnhäusern auch Geschäfte und Verkaufs- lokale sehen. Einen Fisch- und Fleischmarkt („ macellum “) findet man ebenso wie Garküchen („ thermopolium “) und Wirtshäuser („ caupona “). Zusätzlich gibt es Betriebe und Werkstätten, z. B. Bäckerei („ pistrinum “) oder Wäscherei und Reinigungsanstalt („ fullonica “), ja selbst Bordelle („ lupanar “). Der Wohlstand, der in römischer Zeit am Golf von Neapel herrschte, manifestiert sich am besten in den teils luxu- riösen Wohnverhältnissen. Bei wohlhabenden Hausbesitzern schloss sich seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. an das traditionelle Atriumhaus das Peristyl an, ein Gartentrakt, um den herum die Privaträume angelegt waren. Zur üblichen Innenausstattung gehörten dabei kunstvolle Bodenmosaike und prächtige Wandmalereien. Die besten Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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