Ex libris Latein-Lektüre, Trainingsband

46 Der Mensch in seinem Alltag Plinius der Jüngere und seine Briefsammlung C. Plinius Secundus wurde 61/62 n. Chr. in Comum (heute Como) in Oberitalien geboren. Nach dem frühen Tod seines Vaters, wurde er von seinem Onkel, Plinius dem Älteren , adoptiert. Dieser war nicht nur ein hochrangiger Senator, sondern auch ein vielseitiger Gelehrter. Von ihm stammt die „ Naturalis Historia “ (eine Enzyklopädie in 37 Büchern); er kam beim Vesuvausbruch im Jahre 79 n. Chr. ums Leben. Plinius der Jüngere studierte beim berühmten Rhetoriklehrer Quintilian . Ab 82 n. Chr. begann er seine Karriere unter Kaiser Domitian. Zuerst wurde er Militärtribun in Syrien, dann Quaestor , was auch die Aufnahme in den Senat mit sich brachte, weiters Volkstribun und Praetor (93/94 n. Chr.). Erfolgreich vertrat er auch als Anwalt Provinzen gegen habgierige Statthalter (z. B. die spanische Provinz Baetica) und war schließlich noch als hoher Finanzbeamter tätig. Im Jahre 100 n. Chr. wurde er unter Kaiser Trajan sogar „ consul suffectus “ 1 . Zwischen 111 und 113 n. Chr. war Plinius dann Statthalter („ legatus Augusti “) in Bithynien und Pontus (im Nordwesten der heutigen Türkei), wo er wahrscheinlich starb. Sein Hauptwerk ist eine Briefsammlung , die aus zehn Büchern besteht 2 . Die Briefe der Bücher 1 bis 9 waren von vornherein zur Veröffentlichung bestimmt („ Kunstbriefe “). Sie lassen sich auf die Zeit zwischen 96 und 108 n. Chr. datieren und haben unterschiedliche Themen zum Inhalt: römischer Alltag, Persönliches, Politik, Beschreibungen, Literatur. Das Buch 10 , das wohl erst nachträglich der Sammlung hinzugefügt wurde, enthält offizielle Schreiben an Kaiser Trajan (vor allem Anfragen und Berichte als Statthalter von Bithynien) und dessen Antwortschreiben 3 . In einer späteren Sammlung aus dem 4. Jahrhundert ist der „ panegyricus “ erhalten, eine Lobrede auf Kaiser Trajan, die Plinius anlässlich seines Amtsantritts als Konsul im 100 n. Chr. gehalten hat. Sie ist ein Musterbeispiel für Fürs- tenlob. Weitere Reden, die in Buchform veröffentlicht wurden, sind nicht überliefert. Dagegen sind einige Gelegen- heitsgedichte auf uns gekommen. Plinius’ Stil ist kurz und prägnant (Ellipsen, Verzicht auf Konjunktionen, historische Infinitive). Plinius gebraucht kunstvolle Wortstellungen, er liebt häufige Parenthesen (Einschübe), und verwendet poetisches Vokabular und Konstruktionen. Außerdem kommen viele Zitate, Sentenzen und Sprichwörter vor. Plinius der Jüngere beim Eingang des Doms von Como, Ehrenstatue, vielleicht von Giovanni Rodari, vor 1480 1 In der Kaiserzeit diente das Konsulat als Qualifikation für ein Amt in der Provinzialverwaltung. Um den Bedarf dafür zu decken, gab es nicht mehr nur zwei, sondern bis zu zwölf Konsuln pro Jahr. Die „ consules ordinarii “ waren die ersten beiden Konsuln eines Jahres, nach denen weiterhin das Jahr datiert wurde. Dieses Amt war dem Kaiser, nahen Verwandten und besonderen Vertrauten vorbehalten. Die danach bestimmten, weiteren Konsuln wurden als „ consules suffecti “ bezeichnet. 2 Briefsammlungen in Buchform gab es schon bei Cato dem Älteren, Cicero, Seneca. Poetische Briefe verfassten Ovid und Horaz. 3 Spätere Briefschriftsteller wie der Kirchenvater Ambrosius (Bischof von Mailand) oder sein heidnischer Widersacher Symmachus (Stadtpräfekt von Rom) orientierten sich am Aufbau der Plinianischen Sammlung (9 + 1). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=