Ex libris Latein-Textband

84 Liebe, Lust und Leidenschaft | Ovid als Lehrer in Sachen Liebe Auf der Pirsch Dem potentiellen Liebhaber werden zahlreiche Vorbilder aus der Natur gegenüber- gestellt. Noch dazu ist Rom der beste Ort, um Frauen kennenzulernen: Scit bene venator, cervis ubi retia 1 tendat. Scit bene, qua frendens 2 valle 3 moretur 4 aper. Aucupibus 5 noti frutices 6 ; qui sustinet hamos 7 , novit, quae multo pisce natentur 8 aquae. Tu quoque, materiam longo qui quaeris amori, ante 9 , frequens quo sit, disce, puella loco. (…) Tot tibi tamque dabit formosas Roma puellas, „haec habet“, ut dicas, „quidquid in orbe fuit.“ Gargara a quot segetes 10 , quot habet Methymna b racemos, aequore quot pisces, fronde 11 teguntur aves, quot caelum stellas, tot habet tua Roma puellas. Mater in Aeneae c constitit 12 urbe sui. Ovid, Ars amatoria 45–50; 55–60 (gekürzt; Versmaß: elegisches Distichon) 1 rete, -is n .: Netz 2 frendens, -ntis: wild 3 vallis, -is f .: Tal 4 morari 1 : sich aufhalten 5 auceps, aucupis m .: Vogelfänger 6 frutex, fruticis m .: Busch 7 hamus, -i m .: Angel 8 natare 1 : durchschwimmen 9 ante = antea: vorher 10 seges, segetis f .: Saatfeld 11 frons, frondis f .: Laub 12 consístere 3 , -stiti: sich ansiedeln a Gargara, -orum n. Pl .: Gargara ( Stadt an der Westküste Kleinasiens ) b Methymna, -ae f .: Methymna ( Stadt auf der Insel Lesbos ) c Aeneas, -ae m .: Aeneas ( Sohn der Venus; gilt als Ahnherr der Römer ) 2 4 6 8 10 12 Pietro da Cortona, Venus erscheint ihrem Sohn Aeneas, 1631, Louvre, Paris Reproduktion, Transfer und Reflexion • Stelle die im Ovidtext vorkommenden Vergleiche einander gegenüber und erkläre, was sie mit dem Liebhaber zu tun haben (R) . • Finde folgende im Text verwendete Stilmittel: Alliteration, Anapher, Hyperbaton, Parallelismus (R) . • Überlege ausgehend von obigem Bild, warum gerade Rom der ideale Ort für die Liebe ist. Gib den Vers an, in welchem der Dichter dies andeutet (X) . Venus, Amor und Aeneas Neben Darstellungen, die Amor als ursprüngliches Wirkungsprinzip an den Anbeginn der Welt stellten, brachten ihn einzelne Strömungen des Mythos auch früh mit dem Kriegsgott Mars und der Liebesgöttin Venus in Verbin- dung und erklärten diese beiden gegensätzlichen Gottheiten zu seinen Eltern. Aeneas wird bereits in Homers „Ilias“ als Sohn der Venus und des Trojaners Anchises bezeichnet. Wie in Vergils „Aeneis“ dargestellt, ist es seine Aufgabe, aus Troja zu fliehen und den trojanischen Schutzgöttern in Italien eine neue Heimat zu geben. Aeneas’ Sohn Iulus (auch Ascanius oder Ilus genannt) gründete dem Mythos zufolge die Stadt Alba Longa. Dort regierten seine Nachfolger 300 Jahre bis zu Proca, dem Großvater von Romulus und Remus, ehe von diesen Rom gegründet wurde. Gaius Iulius Caesar nutzte die Namensähnlichkeit zu Iulus, dem Sohn des Aeneas, für seine politische Propaganda und leitete seine Familie, die Julier, von diesen ab. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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