Ex libris Latein-Textband
59 Das Leben als Mönch Der heilige Benedikt Benedikt (um 480–547), im umbrischen Núrsia geboren, gründete, nachdem er kurze Zeit in Rom studiert hatte, zuerst in Subiacum im Bergland östlich von Rom eine klösterliche Gemeinschaft. Den Nachstellungen durch einen eifersüchtigen Priester entzog er sich schließlich, indem er mit einer Gruppe von Getreuen südwärts nach Monte Cassino zog, wo er 529 an der Stelle eines Apol- lotempels das Kloster errichtete, das zum Mutterhaus des Benediktinerordens werden sollte. Mit seiner „regula Benedicti“, die ein wichtiges Zeugnis für spätantikes Vulgärlatein darstellt, verfasste der Ordensgründer in 73 Kapiteln einen Leitfaden des klösterlichen Zusammenlebens. Die Mönche weihen demnach ihr Leben dem Dienst an Gott und der Ge- meinschaft. Sie verbringen ihr Leben in Demut („humi- litas“), persönlicher Armut („paupertas“) und Ehelosig- keit („coelibatus“) zumeist in dem Kloster, in das sie eingetreten sind („stabilitas loci“), und verpflichten sich dabei zum Gehorsam („oboedientia“) gegenüber ihren Vorgesetzten. Ihr Tagesablauf wird durch festgelegte Gebetszeiten, Arbeit und Lektüre der Heiligen Schrift geregelt („Ora et labora et lege!“). Die Benediktiner fan- den dank der Kirchenpolitik der Karolinger Verbreitung in ganz Europa. Ihre Klöster, die zumeist weithin sicht- bar auf Bergen errichtet sind, wurden wichtige adminis- trative und soziale Zentren. Das unermüdliche Sammeln und Kopieren von Büchern machte sie außerdem zu wichtigen Stätten des Wissens und der Bildung. 1964 bestimmte die katholische Kirche den heiligen Benedikt zum Schutzpatron Europas. Er wird zumeist als betagter Abt im schwarzen Habit seiner Ordens- gemeinschaft dargestellt. In der Hand hat er oft neben seiner Regel einen Becher mit Gift (symbolisiert durch eine Schlange oder dadurch, dass der Becher zerbro- chen ist). Auch ein Rabe, der ein für den Heiligen be- stimmtes vergiftetes Brot wegträgt, ist öfters zu sehen. Benedikt zur Seite findet man auch seine Schwester Scholastica mit weißer Taube. Benedikt soll nämlich die Seele nach dem Tod der Schwester in Taubengestalt zum Himmel aufsteigen gesehen haben. Hl. Benedikt, Marmorstatue von Paolo Campi, um 1726, Montecassino Montecassino Das Kloster Monte Cassino wurde in seiner wechselhaf- ten Geschichte mehrfach zerstört – durch die Langobar- den im 6. Jh., die Sarazenen im 9. Jh. oder ein Erdbeben Mitte des 14. Jh. Im Zweiten Weltkrieg war Monte Cassi- no auch Schauplatz schwerer Kämpfe, das Kloster wur- de 1944 bei einem Bombenangriff der Alliierten bis auf die Grundmauern zerstört. Es grenzt an ein Wunder, dass die Mönche, die sich geweigert hatten, ihr Kloster zu verlassen, in den tiefen Kellern das Bombardement unverletzt überstanden. Dass wiederum die einzigarti- gen Kunstschätze des Klosters gerettet wurden, war das Verdienst des Österreichers Julius Schlegl, der deren Abtransport in den Vatikan durch das deutsche Militär rechtzeitig in die Wege geleitet hatte. Nach dem Krieg konnte das Kloster nach alten Plänen wiederaufgebaut werden. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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