Ex libris Latein-Textband

39 Sallust und die römische Republik Gaius Sallustius Crispus (86–35 v. Chr.) wurde in Ami- ternum (in den Abruzzen) geboren und gehörte dem Ritterstand an. Er kam als Parteigänger Caesars in den Senat und unterstützte als Quaestor und Volkstribun dessen Politik gegen die Senatsaristokratie. Dadurch geriet er mitten in die tagespolitischen Auseinander- setzungen, die Rom um 50 v. Chr. beherrschten. Seine Gegner veranlassten schließlich, dass er wegen seines angeblich anstößigen Lebenswandels aus dem Senat verstoßen wurde. Im folgenden Bürgerkrieg stand Sal- lust wieder auf der Seite Caesars. Dieser sorgte auch für seine Wiederaufnahme in den Senat. Sallust wurde schließlich Propraetor in der Provinz Africa, wo er sich über Gebühr bereichert haben dürfte. Dies steht in auf- fälligemWiderspruch zu den Moralvorstellungen, die er später als Historiker vertrat. Eine Klage auf Wiedergut- machung (Repetundenprozess, vgl. Verres S. 34) wurde von Caesar niedergeschlagen. Nach dessen Ermordung an den Iden des März 44 v. Chr. zog sich Sallust aus dem öffentlichen Leben zurück und wandte sich der Histo- riographie (Geschichtsschreibung) zu. Er begründete dies in seinen Schriften mit dem Ekel über das Macht- streben der Politiker. Unter Sallusts Geschichtswerken finden sich neben einer Zeitgeschichte („Historiae“), die nur in Fragmen- ten erhalten ist, zwei historische Monographien. Die eine behandelt den Putschversuch Catilinas im Jahr 63 v. Chr. (vgl. S. 36), die andere den Krieg gegen den Numiderkönig Jugurtha (111–106 v. Chr.). Anhand dieser beiden Episoden aus der jüngeren römischen Vergan- genheit wollte Sallust den sittlichen Verfall der römi- schen Oberschicht und die daraus resultierende Staats- krise aufzeigen. Das „Bellum Catilinae“ und das „Bellum Iugurthinum“ zeichnen also das Sittenbild einer dem Untergang geweihten römischen Republik. In Nachahmung berühmter Historiker wie Thukydides und Cato des Älteren entwickelte Sallust seinen ganz persönlichen Stil, der ihn von seinen Zeitgenossen in hohem Ausmaß unterscheidet. So zeigt er eine beson- dere Vorliebe für die Verwendung altertümlicher Wör- ter (Archaismus), im Satzbau strebt er nach Kürze und Prägnanz (Brevitas). Ein weiteres Kennzeichen ist die Abwechslung in Wortwahl und Satzbau (Variatio). Archaismen und Besonderheiten in Sallusts Sprache 1 Lautwechsel a) u statt i : lubido (statt libido), maxuma (maxima), aestumo (aestimo) b) o statt e : divorsis (diversis), vostra (vestra) c) u statt e (beim Gerundium): ignoscundo (ignoscendo), largiundo (largiendo) d) o statt u (nach u/v): novom (novum), volgus (vulgus) e) quo statt cu: quoius (cuius), quom (cum) 2 Komposita in nicht-assimilierter Form adpetens (appetens), inpendet (impendet) 3 Verkürzung von Verbalformen im Perfekt a) 3 . P. Pl. Perf. Akt .: fuēre (fuerunt) b) Entfall des -vi- : optastis (optavistis) 4 Alternative Deklinationsendungen a) -os statt -or ( 3. Dekl. Nom. Sg. m .): honos (honor) b) -i statt -ii ( o-Dekl. Gen. Sg. m .): imperi (imperii) c) -is statt -es (3 . Dekl. Akk. Pl .): fortis (fortes) 5 Historischer Infinitiv anstelle eines Imperfekts oder Perfekts Sallust-Statue von Wilhelm Seib vor dem Wiener Parlament, 1896 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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