Ex libris Latein-Textband

28 Europa in der Frühen Neuzeit Politik und Rhetorik Enea Silvio Piccolomini Reproduktion, Transfer und Reflexion • Gib den Inhalt des Epigramms von Papst Pius II. in eigenen Worten wieder (R) . • Ziehe zum Vergleich die Selbstvorstellung des Aeneas aus dem 1. Buch der „Aeneis“ heran. Zeige Ähnlich- keiten und Unterschiede auf (T) . • Liste mit einem Blick auf Piccolominis Biografie die verschiedenen Arbeitsfelder und Aufgabenbereiche auf, die er im Laufe seines Lebens wahrnahm, und untersuche, ob dir dabei irgendwelche Widersprüche oder Diskrepanzen auffallen (R, X) . Piccolomini wurde 1405 in eine verarmte Kaufmanns- familie aus Siena geboren und im Sinne des aufkom- menden Humanismus in Siena und Florenz ausgebildet. Er lernte den späteren Kaiser Friedrich III. kennen, der ihn aufgrund seiner literarischen Leistungen zum „poeta laureatus“ krönte und ihm eine Anstellung als Sekretär am kaiserlichen Hof gab. In dieser Position verbrachte er viel Zeit am Kaiserhof und kam auch mit der Univer- sität Wien in Kontakt. Während der Kaiserhof zu einem humanistischen Zentrum wurde, stand die Universität dieser neu aufkommenden Geisteshaltung – sehr zum Missfallen Piccolominis – reserviert gegenüber. Als Sekretär war er an der Aussöhnung zwischen Kai- ser und Papst beteiligt und steuerte viel zum Wiener Konkordat (Staatsvertrag mit dem Vatikan) bei, das bis 1803 gültig blieb. 1447 wurde Piccolomini Bischof von Triest, 1450 von Siena und 1456 wurde er vom Papst ins Kardinalskollegium aufgenommen. 1458 schließlich wurde er zum Papst gewählt und nahm den Namen Pius II. an. Dieser gerade für einen Humanisten passen- de Name wird bis zum heutigen Tag als Anspielung auf den „pius Aeneas“ aus Vergils „Aeneis“ verstanden. Beim Versuch ein Heer zum Kreuzzug gegen die Osmanen, die 1453 Konstantinopel erobert hatten, zusammenzubrin- gen, starb Pius II. 1464. Sein umfangreiches literarisches Werk umfasst rhe- torische, historische und geografische Schriften, Dich- tungen und sogar einen Liebesroman. Für die Geschich- te Österreichs ist seine „Historia Friderici III sive Historia Austrialis“ von besonderer Bedeutung. 1998 wurde am Campus der Universität Wien ein Durchgangstor (zwischen Hof 7 und Hof 8) nach Picco- lomini benannt. Pius II. verfasste folgendes Epigramm auf sich selbst und ließ es unter seinem Porträtbild abdrucken: Sum Pius Aeneas fama notissimus Orbi, Quem rexi Pastor, Scriptor et institui 1 , Quaestio nulla fere est, in qua non docta reliqui Argumenta mei fertilis ingenii. In Vergils „Aeneis“ stellt Aeneas sich so vor: Sum pius Aeneas, raptos qui ex hoste penatis 2 classe 3 veho 4 mecum, famā super aethera notus. Italiam quaero patriam, et genus 5 ab Iove summo. Vergil, Aeneis 1,378–380 1 instituere 3: hier : unterrichten 2 penates, -ium m. Pl .: Penaten ( Schutzgottheiten ); penatis = penates 3 classis, -is f .: Flotte 4 véhere 3 : führen, bringen 5 ergänze : est Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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