Ex libris Latein-Textband

143 Ovids „Metamorphosen“ | Mythos und Rezeption Zum Pygmalion-Stoff Ovid ist einer der vielen Bearbeiter des alten Pygmalion- Stoffes. Nach einer früheren Fassung der Sage war Pygmalion König von Zypern, der sich in eine Elfenbein- statue der Liebesgöttin Aphrodite/Venus verliebte und diese wie eine Geliebte behandelte. Ovid verwandelte den Mythos ins rein Menschliche und vereinte die Themen Kunst und Liebe zu einer Geschichte, die auch spätere Zeiten inspirierte. In der bildenden Kunst der Renaissance und des Ba- rock taucht Pygmalion als Repräsentant der Bildhauer- kunst oder der Malerei auf. Ende des 17. Jahrhunderts wurde der Stoff für die Oper entdeckt. Musik und Text für eine lyrische Szene von Jean-Jacques Rousseau, die den Triumph der Natur über die Kunst zum Inhalt hat, wurde Grundlage zahlreicher weiterer musikalischer Bearbeitungen. Mitte des 19. Jahrhunderts kehrte die Geschichte u. a. in der Operette „Die schöne Galathée“ von Franz von Suppé wieder. Seit dem 18. Jahrhunderts begannen auch verstärkt Li- teraten sich des Pygmalionstoffes anzunehmen. So wur- de etwa die belebende Macht des Künstlers betont oder die ersten Empfindungen und Erfahrungen des eben lebendig gewordenen Mädchens beschrieben. Häufig schilderte man auch die mehr oder minder erfolgrei- chen Versuche des Künstlers, sein Geschöpf für den ge- sellschaftlichen Umgang zu erziehen. Weltberühmt wurde die Komödie „Pygmalion“ von George Bernard Shaw, in der der Phonetikprofessor Henry Higgins ein Blumenmädchen durch Sprachunter- richt gesellschaftsfähig machen will. Er tut dies aller- dings nicht aus menschlicher Neigung heraus, sondern um im Zuge einer Wette seine These zu beweisen, dass die Sprache den Menschen ausmache. Im Gegensatz zum Bühnenstück hat die Musicalversion der Geschich- te „My fair Lady“, die ebenfalls ein Welterfolg wurde, ein „Happy End“: Hier heiratet am Ende Higgins das Mädchen. Pygmalion und die Statue, Illustration einer Metamorphosenausgabe aus dem Jahr 1703 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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