Ex libris Latein-Textband

127 | Mythos und Rezeption Herkules, der Superheld der Antike Mythos und Rezeption Zahlreich sind die Mythen und Legenden, die sich um die Gestalt des Herkules (griech. Herakles: „Héra“ [= Juno] und „kléos“ = Ruhm; „Ruhm der Hera“) ranken. Er ist der Sohn von Jupiter und Alkmene und wird deswegen von der eifersüchtigen Juno (Hera) verfolgt, die ihm bereits als Kleinkind Schlangen in die Wiege schickt. Da Jupiter festgesetzt hat, dass der nächstgeborene Perseus-Abkömmling über Mykene herrschen soll, verzögert Juno Herkules’ Geburt, sodass Eurystheus König wird. In dessen Dienst muss Herkules zwölf Arbeiten erledigen. Juno straft ihn auch mit Wahnsinn, so dass er seine Frau Megara und die gemeinsamen Kinder tötet. Nach der Eroberung der Stadt Oechalia schickt ihm seine zweite Frau Deianira in der Hoffnung, dass es sich um einen die Liebe erhaltenden Zauber handle, ein mit dem Blut des Kentauren Nessus vergiftetes Gewand. Herkules stirbt auf einem Scheiterhaufen im Oeta-Gebirge, wird unsterblich und erhält zur Versöhnung mit Juno deren Tochter Iuventas (Hebe), die Göttin der ewigen Jugend, zur Frau. Vielschichtig ist das Herkulesbild. In Epos und Tragödie wird er als adelig-tapferer Held, in der Komödie als der- ber Kraftprotz dargestellt. Einfallsreichtum gehört nicht zu seinen Stärken. Er löst Probleme mit seiner Keule. Der antiken Welt galt Herkules als Wegbereiter der Zivilisation, der die bewohnte Welt („Oikouméne“) von Ost nach West durchzog (die Grenzen bildeten jeweils die „Säulen des Herkules“) und die Menschheit von Ungeheuern befreite. In Rom identifizierte sich vor allem die Armee mit dem Helden, den sie als „invictus“ oder „victor“ verehrte. Auch römischen Kaisern diente er als Vorbild. Kaiser Commodus (Ende 2. Jh.) ließ sich als Herkules darstellen und Jahre später nahm etwa Maximinian, der Mitkaiser von Kaiser Diokletian, den Titel „Herculius“ an. Jahrhunderte später griffen auch die Habsburger als Kaiser auf diese Identifikationsfigur zurück, wie man anhand zahlreicher Herkules-Darstellungen rund um die neue Hofburg in Wien erkennen kann. Selbst die Philosophie machte sich diesen Halbgott zu eigen, der sich mit seinen Taten den Himmel verdient hatte. Auf den Sophisten Prodikos von Keos (5. Jh. v. Chr.) geht die Geschichte von Herkules am Scheideweg zurück. Vor die Wahl gestellt, für sein weiteres Leben den verlockenden Weg der Lasterhaftigkeit zu gehen oder den beschwerlichen der Tugend, wählt dieser den letzteren. Die Philosophenschule der Stoa (vgl. S.103) sah in Herkules den Dulder, der unerschütterlich seinen Weg geht, um zum Heil zu gelangen. Die zwölf Arbeiten des Herkules Die Arbeiten des Herkules lauten: • Tötung des nemëischen Löwen • Tötung der Hydra von Lerna • Bezähmung der kerynitischen Hirschkuh • Einfangen des erymanthischen Ebers • Tötung der stymphalischen Vögel • Reinigung der Stallungen des Augias • Zähmung des kretischen Stieres • Zähmung der Rosse des Diomedes • Erbeutung des Gürtels der Amazone Hippolyte • Raub der Herden des Riesen Geryoneus • Raub der Äpfel der Hesperiden • Bändigung des Kerberos Herkules Farnese, Marmorskulptur, römische Kopie, Archäologisches Nationalmuseum, Neapel Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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