Ex libris Latein-Einstiegstexte

41 Karl der Große Nachdem die Karolinger bereits über 100 Jahre als Haus- meier (eigentlich Verwalter, de facto Leiter der Regie- rungsgeschäfte) der Merowinger im Frankenreich ge- herrscht hatten, wurde im Jahr 751 Pippin der Jüngere (auch Pippin der Kurze genannt) mit Unterstützung des Papstes zum König des Frankenreichs gesalbt. Sein Sohn Karl (geb. 747/748) übernahm nach einem Macht- kampf mit seinem jüngeren Bruder Karlmann schließ- lich die Königswürde im gesamten Frankenreich, das er durch Siege über die Langobarden, die Sachsen und andere Völker zu einem Großreich erweiterte. Vor allem in der Auseinandersetzung mit den Lango- barden zeigte sich die enge Verbundenheit der Karolin- ger mit dem Papsttum, die schon unter Pippins Herr- schaft von Bedeutung war. In der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts entstand wahrscheinlich auch die soge- nannte Konstantinische Schenkung, eine Urkunde, die angeblich aus der Zeit Kaiser Konstantins (Kaiser von 306 bis 337) stammte. In dieser Urkunde wurde dem Papst die Herrschaft über die Westhälfte des Römischen Reiches übertragen, ebenso die kaiserlichen Insignien und Vorrechte. Während der Belagerung der Langobardenhaupt- stadt Pavia reiste Karl der Große zu Ostern nach Rom, wo er von Papst Hadrian I. ehrenvoll empfangen wurde. Als dann Hadrians Nachfolger, Leo III., vom römischen Adel angefeindet und verfolgt wurde, erbat er sich Schutz von Karl, der ihm auch gewährt wurde. So kam es bei einemweiteren Rombesuch Karls zuWeihnachten des Jahres 800 zur Kaiserkrönung im Petersdom. Damit wurde die weströmische Kaiserwürde an die Franken übertragen (translatio imperii). Die Krönung Karls des Großen legte den Grundstein für das westliche mittel­ alterliche und neuzeitliche Kaisertum – das Heilige Rö- mische Reich (ab dem Spätmittelalter mit dem Zusatz „Deutscher Nation“). Gleichzeitig bestand noch bis 1453 das Oströmische Reich mit der Hauptstadt Konstanti­ nopel. Karls Lieblingsresidenz war die Pfalz in Aachen. Er baute sie großzügig aus, und auch heute noch kann die karolingische Pfalzkapelle mit ihrem Oktogon bewun- dert werden. In der Hofschule von Aachen sammelte Karl die geistige Elite Europas um sich. Aus England, Ir- land, Spanien und Italien kamen die Hofgelehrten der Schola Palatina: Alkuin von York, der Leiter der Schule, ein umfassend gebildeter Gelehrter, der Karl auch in politischen Fragen beriet; Paulus Diaconus, der Ge- schichtsschreiber der Langobarden; Petrus von Pisa, ein Lehrer der lateinischen Grammatik; Einhard, ein Gelehr- ter aus Fulda, der auch künstlerisch und technisch ver- siert war und für viele Bauten im Frankenreich, auch für die Pfalzkapelle in Aachen, verantwortlich war. In seinen späteren Jahren schrieb er eine Biografie Karls des Gro- ße, die „Vita Karoli Magni“. Am 28. Jänner 814 starb Kaiser Karl der Große in Aachen. Sein Nachfolger wurde sein Sohn Ludwig (ge- nannt „der Fromme“), dessen Söhne das Großreich 843 im Vertrag von Verdun untereinander aufteilten. Fortan gingen das ost- und westfränkische Reich getrennte Wege. Das Frankenreich unter Karl dem Großen. Auch das Gebiet des heutigen Österreich war Teil des Frankenreichs, und zwar im Bereich der Awarenmark und der Mark Karantanien. Als Mark bezeichnete man Grenzgebiete eines Reichs. Po W e s e r E l b e D o n a u E b r o R h e i n Paris Pavia Venedig Ravenna Lyon Frankfurt Worms Metz Aachen Köln Trier Fulda Rom Spanische Mark Aquitanien Neustrien Burgund Austrasien Awarenmark Karantanische Mark Mährer Lombardei Bayern Sachsen Bretagne Kroaten Sarazenen Sorben Frankenreich 768 (Tod König Pippins) Eroberungen Karls des Großen (768 - 814) In Abhängigkeit vom Frankenreich Nur zu rüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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