Ex libris Latein-Einstiegstexte

Der heilige Sebastian Kaiser Diokletian spricht zu Sebastian, der ihm vorgeführt wird: „Ego te inter primos in palatio meo semper habui et tu contra salutem meam et deorum iniuriam hactenus 1 latuisti 2 .“ Cui Sebastianus a : „Pro salute tua Christum semper colui et pro statu Romani imperii Deum, qui in caelis est, semper adoravi.“ Tunc Diocletianus b iussit eum in medium campum ligari 3 et a militibus sagittari 4 , qui ita eum sagittis impleverunt, ut quasi hericius 5 videretur, et aestimantes illum mortuum abierunt. Qui intra paucos dies liberatus stans super gradum 6 palatii, imperatores venientes de malis, quae Christianis inferebant, dure redarguit 7 . Dixerunt imperatores: „Istene est Sebastianus a , quem diu sagittis interfici iusseramus?“ Cui Sebastianus a : „Ad hoc me Dominus resuscitare 8 dignatus 9 est, ut conveniam vos et redarguam 7 vos de malis, quae Christi famulis 10 irrogatis 11 .“ Tunc imperator tam diu eum fustigari 12 iussit, donec spiritum exhalaret 13 . Fecitque corpus eius in cloacam proici, ne a Christianis pro martyre coleretur. Sanctus autem Sebastianus a sequente nocte sanctae Luciae c apparuit et corpus eius sibi revelavit 14 et, ut iuxta d vestigia apostolorum d illud sepeliret, praecepit. Quod et factum est. Iacobus de Voragine, Legenda aurea 23; nach der Ausgabe von Th. Graesse, Teubner, Leipzig 1850, S.112 M Übungen S. ix 2 4 6 8 10 12 14 16  1 hactenus ( Adv. ): bisher  2 latére 2, -ui, -: verbergen  3 ligare 1: anbinden  4 sagittare 1: mit Pfeilen beschießen  5 hericius, -i m. : Igel  6 gradus, -us m. : Treppe  7 redargúere 3, redargui: Vorwürfe machen  8 resuscitare 1: wieder erwecken  9 dignari 1: gestatten, erlauben 10 famulus, -i m. : Diener 11 irrogare 1: zufügen 12 fustigare 1: mit Knüppeln schlagen 13 exhalare 1: aushauchen 14 corpus eius sibi revelavit: er zeigte ihr seinen Leichnam a Sebastianus, -i m. : Sebastian ( griech.: „der Ehrwürdige“ ) b Diocletianus,-i m. : Diokletian ( röm. Kaiser; 284–305 ) c Lúcia, -ae f. : Lucia ( griech.: „die Erleuchtete“ ) d bei den Apostelgräbern (u rsprüngliche Grabstätte des hl. Petrus und des hl. Paulus ) Die Römer waren gegenüber fremden Kulten an sich tolerant. Die Staatsmacht ging gegen sie nur vor, wenn die öffentliche Ordnung bzw. der Staatskult bedroht schienen. Auf die Christen, die zunächst als Angehörige einer neuen jüdischen Sekte im jüdischen Establishment für Aufruhr sorgten, traf das jedoch zu. Die erste gezielte Verfolgung durch den römischen Staat veranlasste Kaiser Nero, der nach dem Brand Roms Sündenböcke suchte (64 n. Chr.). Sie blieb auf Rom beschränkt. Auch in der Folge ging man nur regional und zeit- weise gegen Christen vor. Kaiser Trajan (um 100) bedrohte sie zwar mit der Todesstrafe, aktiv verfolgt wurden sie aber nicht. Wer angeklagt wurde, konnte durch ein Opfer an den Kaiser freikommen. Eine Verfolgung im ganzen Römischen Reich erfuhr das Christentum erst Mitte des 3. Jahrhunderts in einer Zeit der politischen Krise. Kaiser Decius verpflichtete alle Reichsbewohner dazu, den römischen Göttern zu opfern. Das brachte echte Christen in Bedrängnis. Kaiser Valerian versuchte danach die Organisationsstrukturen, die sich in der Kirche herausgebildet hatten, zu zerschlagen. Die letzte und größte Verfolgung führte Kaiser Diokletian zwi- schen 303 und 305 durch. Zehn Jahre später gewährte Kaiser Konstantin den Christen die freie Religionsausübung (313). Weitere 80 Jahre später wurde das Christentum unter Kaiser Theodosius zur Staatsreligion erklärt. 26 Rom und die Christenverfolgung N r zu Prüfzwecken – Eigentu des Verlags öbv

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