Ex libris Latein-Einstiegstexte
w 13 Die Bibel und ihre Übersetzungen Gestalten aus der Bibel Antike Bibelübersetzungen Die Bibel (von griech. biblía, „Bücher“), die Heilige Schrift der Christen, ist das am häufigsten gedruckte Buch der Welt. Ihr erster Teil, das Alte Testament, stimmt in wei- ten Teilen mit dem jüdischen „Tanach“ überein, der die Geschichte des Volkes Israel in seiner Beziehung zu Gott erzählt. Die ältesten Texte des Tanach datiert man auf etwa 1200 v. Chr. Der zweite Teil, das Neue Testament, behandelt die Menschwerdung Gottes in der Person von Jesus von Nazareth und dessen Erlösungswerk. Die christliche Bibel hat Geistesleben und Kunst Europas in den letzten 1700 Jahren nachhaltig geprägt. Fast alle Bücher des Alten Testaments wurden ur- sprünglich in hebräischer Sprache geschrieben. Die äl- teste und bedeutendste Übersetzung ins Griechische erfolgte im 3. Jahrhundert v. Chr. Sie trägt den Namen „Septuaginta“ („70“), weil angeblich 70, tatsächlich 72 jüdische Gelehrte, im ägyptischen Alexandria daran ge- arbeitet haben. In einer von der griechischen Kultur ge- prägten Welt war eine Übersetzung für das Verständnis der Bibel notwendig geworden. Griechisch war nun die Verkehrssprache der gesamten Mittelmeerwelt und wurde in der Form der „koiné“ („gemeinsame Sprache“) von fast jedermann verstanden. So konnte es auch die Sprache des frühen Christentums werden: Das Neue Testament wurde von vornherein in Griechisch verfasst und auch Mission und Liturgie erfolgten auf Griechisch. Übersetzungen des Alten und Neuen Testaments ins Lateinische gab es wiederum seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. Man fasst sie unter dem Begriff „Vetus Latina“ zusammen. Ihre Qualität war unterschiedlich. Mitunter widersprach sogar eine Version der anderen. ImWesten des Römischen Reiches ging außerdem die Kenntnis des Griechischen merklich zurück. Es bedurfte daher einer „Einheitsübersetzung“. Papst Damasus, der Latein als Sprache der Liturgie einführte, erteilte im Jahr 383 den Auftrag dazu dem bedeutendsten Gelehrten seiner Zeit, dem heiligen Hie- ronymus (347–420). Dieser stammte aus Dalmatien, hat- te in Rom studiert und danach zwei Jahre als Asket im Heiligen Land gelebt. Er beherrschte deshalb neben Latein und Griechisch auch Hebräisch. Die Übersetzung der Bibel wurde zu seiner Lebensaufgabe. Freilich war er kein einfacher Charakter. Schon bald zerstritt er sich mit dem römischen Klerus und ging end- gültig in den Osten, wo er nicht nur weiter übersetzte, sondern auch mehrere Klöster gründete. 420 starb er in Bethlehem. Seine Übersetzung erhielt imMittelalter die Bezeichnung „Vulgata“ (die „allgemein gebräuchliche“ Textausgabe). Sie ist imWesentlichen noch heute gültig. Seit 1979 gibt es eine Neubearbeitung, die sogenannte „Nova Vulgata“. Hieronymus galt als überaus gebildet und scharfsin- nig, aber auch als streitbar. In der christlichen Kunst wird er in Kardinalstracht (in Purpur und mit Kardinals- hut) dargestellt, weil man sich so einen päpstlichen Se- kretär vorstellte. Meist sieht man Hieronymus mit Bü- chern beim Übersetzen der Bibel. Oft ist auch ein Löwe mit dabei, mit dem er sich in der Wüste angefreundet haben soll. Zanetto Bugatto, Der hl. Hieronymus , um 1470, Accademia Carrara, Bergamo Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Ver ags öbv
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