Ex libris Latein-Grundkurs, Schulbuch

Warum wir bis heute mehr als 2000 Jahre alte Texte lesen können Auch im antiken Rom waren Bücher weit verbreitet. Wer ein Buch besitzen wollte, konnte es bei Buchhändlern erwerben oder er lieh es sich und ließ es privat von Sklaven abschreiben. (Das war möglich, da es in der Antike noch kein Urheberrecht gab.) Sehr reiche Römer richteten sich Privatbibliotheken ein, zum Teil aus Interesse an Literatur und Wissenschaft, zum Teil aber auch, weil man sich so vor Gästen als gebildet und weltoffen präsen- tieren konnte. Die erste öffentliche Bibliothek Roms wurde 39 v. Chr. von dem Politiker, Redner und Dichter Asinius Pollio gestiftet. Danach eröffneten einzelne Kaiser und wohlhabende Privatpersonen weitere öffentlich zugängliche Bibliotheken, sodass es im 4. Jahrhundert n. Chr. in der Hauptstadt des Römischen Reiches fast 30 Bibliotheken gab. Diese Bibliotheken enthielten aber keine Bücher im heutigen Sinne, sondern Schriftrollen aus Papyrus. Dieses Schreibmaterial wurde aus den Blättern der Papyruspflanze hergestellt und musste aus Ägypten importiert werden. ( 1 1.3) Diese Schriftrollen bestanden aus aneinandergeklebten Papyrusseiten und wurden beim Lesen Seite für Seite links ab- und rechts aufgewickelt. Zum Lesen (man las in der Antike durchaus alleine, aber keineswegs leise, sondern laut) oder Vorlesen brauchte man deshalb beide Hände. Ein schnelles Vor- oder Zurückblättern war nicht möglich. ( 1 1.4) In der Spätantike wurde die Schriftrolle vom Codex abgelöst. Dieser bestand aus mehreren Bögen Pergament (Tierhaut), die zusammengeheftet und mit einem Schutzumschlag versehen wurden. Man konnte die aufgetra- gene Schrift auch wieder abschaben und das Pergament neu beschriften, wodurch mehrschichtige Texte, sogenannte Palimpseste, entstanden. Neben Papyri und Codices dienen uns auch Inschriften auf Gebäuden sowie Stein- oder Metalltafeln als Text- quellen aus der Antike. Darüber hinaus können wir auch aus archäologischen Funden viele Informationen über das Leben und die Gewohnheiten der antiken Menschen „ablesen“. Mit dem Ende des Weströmischen Reiches und dem Beginn der Völkerwanderung (5. Jahrhundert n. Chr.) rückte das öffentliche Interesse an Literatur in den Hintergrund. Die antiken Texte wurden in christlichen Klöstern und immer wieder in oft sehr kunstvoll verzierten Büchern, den sogenannten Handschriften, abgeschrieben. Viele lateinische Texte blieben dadurch erhalten. Karl der Große (um 800 n. Chr.) herrschte über ein ausgedehntes Reich und entschied sich bei der Wahl einer einheitlichen Verwaltungssprache für Latein. Daher ordnete er an, dass jedem Kloster eine Schule angeschlossen werden musste, in der man sich wieder verstärkt der Sprache und der Literatur der römischen Antike widmete und Beamte für die Reichsverwaltung ausbildete. Diese Kultur- und Bildungsoffensive bezeichnet man als „Karolingische Renaissance“. 8 Bevor es richtig losgeht … 1 Nur zu Prüfzwecken – Eige tum des Verlags öbv

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