Ex libris Latein-Grundkurs, Schulbuch

Außer über die Textsorten, die wir bereits kennengelernt haben, lach- ten die Römer auch gerne über Sati- ren. Diese literarische Gattung ist die einzige, die sie nicht von den Griechen übernommen, sondern selbst erfunden haben. Der Name „Satire“ wird von satura lanx („mit allerlei Früchten gefüllte Schüssel“) abgeleitet, und meint ein „buntes Allerlei“, in dem Themen und For- men kaum Grenzen gesetzt sind. Satiren folgen auch keinem so stren- gen Aufbau wie Fabeln oder Epi- gramme und sind üblicherweise umfangreicher als diese. Inhaltlich wollen sie nicht einzelne Personen mit Hohn und Spott bloßstellen, son- dern möchten allgemeine menschli- che Schwächen witzig darstellen und dabei „lachend die Wahrheit sagen“, wie es Horaz selbst formu- liert hat. Ein Schauplatz im Zentrum Horaz führt seine Leserinnen und Leser in der „Schwätzersatire“ mit- ten in das politische und gesell- schaftliche Herz der Hauptstadt, auf das Forum Romanum. Früher war an dieser Stelle ein Sumpfgebiet, das aber durch den Bau von Entwässe- rungskanälen trockengelegt werden konnte. In der Kaiserzeit erfüllte das Forum gleich mehrere Funktionen: • Zuerst wurde es als Marktplatz genutzt, auf dem die Römer Ge- schäfte abwickelten. • Es war auch das religiöse Zen- trum der Stadt, auf dem sich Tem- pel für Saturn und Vesta befan- den. Im Vestatempel wurde von ihren Priesterinnen, den Vestalin- nen, das Staatsfeuer bewacht, das niemals ausgehen durfte. Durch die Via Sacra, dem unmit- telbaren Schauplatz der Horaz- Satire, ist das Forum mit dem Kapitol verbunden, auf dem der Tempel für Jupiter, Juno und Mi- nerva stand. • Auf dem Forum lagen auch die wichtigsten politischen Einrich- tungen Roms: Die öffentliche Rednerbühne, die Rostra genannt wurde, weil die Römer sie mit Schiffsschnäbeln (rostrum, Pl. ros- tra) aus einer siegreichen See- schlacht geschmückt hatten; die Curia, das Rathaus, in dem römi- sche Politiker tagten; und schließ- lich das Tullianum, das römische Staatsgefängnis. Augustus hatte diesen Platz be- wusst zum Zentrum des Reiches ge- macht, indem er dort das Miliarium Aureum, den „goldenen Meilen- stein“, aufstellen ließ, auf dem die Entfernung zu den Provinzhaupt- städten des Römischen Reiches an- gegeben waren. Satirisches Schreiben „Die Satire freilich ist ganz unser.“ Quintilian, römischer Gelehrter Auch wir lachen über unterschiedliche „Satiremagazine“ und „Satiriker“ oder empfinden etwas als „satirisch“. Sammelt Beispiele für unterschiedliche Satireformate, stellt sie in der Klasse vor und diskutiert, ob eure Beiträge dem antiken Satirebegriff entsprechen oder nicht. Die „Schwätzersatire“ des Horaz bricht in unserem Lektionstext vor dem Ende ab. Bildet Kleingruppen und besprecht, wie sich der Erzähler aus dieser unangenehmen Situation retten könnte. Stellt eure Version als Theaterszene mit verteilten Rollen dar und spielt sie einander in der Klasse vor. Recherchiere, welche Bauwerke (bzw. welche Überreste von Bauwerken) auf dem Bild zu sehen sind, und beschrifte sie. 11.9 11.10 Blick vom Kapitol auf das Forum Romanum 11.11 68 11 Satirisches Gelächter Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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