Ex libris Latein-Grundkurs, Schulbuch

C. Iulius Caesar (100–44 v. Chr.) ließ sich auf dem Höhe- punkt seiner Macht zum „Diktator auf Lebenszeit“ er- nennen und wurde daraufhin von Verschwörern, die die alte römische Republik bewahren wollten, an den Iden des März (15. März) 44 v. Chr. ermordet. Sein Großneffe Octavian, den er adoptiert hatte, konnte sich als legitimer Nachfolger durchsetzen. Er kam bei den Senatoren gut an, weil er die alte republikanische Ordnung wiederherstellte. De facto aber war er der unumschränkte Herrscher, weil er alle wichtigen Ämter im Staat selbst und gleichzeitig bekleidete. Doch um den Schein zu wahren, hatte er, wie in der Republik üblich, in jedem Amt einen zweiten Kollegen. Octavian war somit princeps inter pares , „der Erste unter Glei- chen“. Er hatte ein Vetorecht gegenüber al- len Senatsentscheidungen, konnte allen Statthaltern in den Provinzen Befehle ertei- len, hatte das Heer auf seiner Seite und ver- fügte über ein beträchtliches Vermögen. Er sorgte innerhalb des Reiches für Frieden, erließ einige Ehegesetze, die Senatoren und Ritter durch Privilegien motivierte, zu heira- ten und Kinder zu zeugen, und adoptierte seinen Schwiegersohn Tiberius, um seine Nachfolge selbst bestimmen zu können. Für seine Verdienste um die alte Republik verlieh ihm der Senat den Ehrentitel Augustus („der Erhabene“), den er künftig neben dem Namen seines Adoptivvaters Caesar führte; dies taten dann auch alle seiner Nachfolger. Der Erste unter Gleichen Im Zentrum der Gemma Augustea , die im Kunsthistorischen Museum in Wien aufbewahrt wird, ist Kaiser Augustus neben Roma, der Personifikation der Stadt Rom, zu sehen. Das Jahrhundertlied Wesentlich für die Propaganda des Princeps war auch die Wiederbelebung frührepublikanischer Feierlichkei- ten, die während der Bürgerkriege nicht mehr veranstal- tet worden waren. Ein religiöses Ritual, das nachweis- lich 249 v. Chr. durchgeführt worden war, sollte in jedem saeculum (d. h. alle 100 Jahre) wiederholt werden. Der Begriff saeculum bezeichnete die höchstmögliche menschliche Lebensdauer, die damals mit ca. 100 Jahren angenommen wurde. Um 17 v. Chr. einen Grund für eine Jahrhundertfeier zu haben, änderte Augustus die Zeit- spanne eines saeculums von 100 auf 110 Jahre, indem er argumentierte, dass die Menschen in Ägypten, das un- ter seiner Herrschaft zur kaiserlichen Provinz geworden war, älter als 100 Jahre würden. Augustus und sein Freund Maecenas bestellten dafür bei dem Dichter Ho- raz für diese Jubelfeier ein Kultlied, das carmen saecula- re . Inhaltlich werden darin die drei Themen „Frieden“, „Schutz der Ehe“ und „Machtanspruch des Au- gustus“ in Form eines Chorliedes mit Gebeten an unterschiedliche Gotthei- ten formuliert. Archäolo- gen haben auf einer Mar- morplatte am Ufer des Tibers ein „Protokoll“ dieser Feier entdeckt. Demnach wurde das Gedicht von einem Chor aus 27 Mädchen und 27 Buben im Wechselgesang gesungen, nachdem Au- gustus vor dem Apollo-Tempel auf dem Palatin und auf dem Jupiter-Tempel auf dem Kapitol ein feierliches Op- fer dargebracht hatte. Einige römische Dichter wurden von Maecenas großzügig unterstützt. Daher bezeichnet man noch heute einen Kunstförderer als „Mäzen“. Diskutiert in der Klasse, wie Augustus auf der oben abgebildeten Gemma Augustea inszeniert wird. Bis heute werden Kunst, Medien und die Menschen dahinter von unterschiedlichen Personen und Organisatio- nen immer wieder für Propagandazwecke eingesetzt. Sucht im Internet nach Beispielen für heutige Propagan- dakampagnen (z. B. Foto-Inszenierungen einzelner Staatsmänner, Personenkomitees vor Wahlen etc.) und präsentiert sie in der Klasse. 5.10 5.11 32 5 Eine neue Zeit bricht an Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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