Ex libris Latein-Grundkurs, Schulbuch

Troja und Rom Als die Römer im Lauf der Jahrhunderte ihr Reich immer weiter vergrößern konnten, wollten sie ihren Herr- schaftsanspruch auch mythisch-religiös rechtfertigen. Kaiser Augustus (63 v. Chr.–14 n. Chr.) erkannte, dass sich Kunst für Propagandazwecke nutzen lässt. Unter seiner Herrschaft verfasste der Dichter Vergil (70–19 v. Chr.) die Aeneis , das Nationalepos der Römer. Sie berichtet von dem Trojaner Aeneas, dem Sohn der Göttin Venus und eines Trojaners, der aus dem brennenden Troja fliehen kann und nach langen Irrfahrten in Italien ankommt, wo er in der Landschaft Latium eine neue Heimat findet, ein „zweites Troja“ gründet und der Stammvater einer Herrscherdynastie wird. Die Römer fühlten sich daher auch dem realen Troja in Kleinasien verbunden. Sie bau- ten die abermals nach einem Krieg zerstörte Stadt wie- der auf, räumten ihren Bewohnern besondere Vorteile ein und schätzten Troja als Reiseziel. Römische Adelsfa- milien nahmen sich Vergil zum Vorbild und ließen ihre Stammbäume ebenfalls auf trojanische Helden zurück- führen. Auch in römischen Schulen wurde die Aeneis zur Pflichtlektüre für Schüler. Die Macht des Schicksals Die treibende Kraft in diesem Epos ist das fatum , der unumkehrbare Wille Jupiters, den auch die übrigen Göt- ter und Göttinnen nicht ändern können. Dabei handelt es sich nicht nur um das Schicksal des Titelhelden Aene- as, sondern es reicht viel weiter, betrifft alle handelnden Figuren und weist sogar bis in die Gegenwart des Dich- ters: Die Ankunft der Trojaner in Italien, die Gründung einer Dynastie, der auch Augustus angehört, und der Aufstieg Roms in eine Zeit des Wohlstandes und des Friedens werden von Vergil als Erfüllung dieses Schick- sals dargestellt. Dass sein Weg klar vorgegeben ist, muss Aeneas aber erst Schritt für Schritt erkennen. Er erhält unterschiedli- che Aufforderungen, Zeichen und Prophezeiungen, die er nicht immer sofort richtig deutet. Außerdem hat er immer wieder Zweifel an seinem Auftrag und möchte sich über diesen hinwegsetzen, etwa als er sich in Köni- gin Dido verliebt. Aus Liebe zu ihr bleibt Aeneas mehre- re Monate am Hof von Karthago und genießt das Leben an Didos Seite. Als er aber von dem Götterboten Merkur an seine Pflichten erinnert wird, erweist er sich letztlich doch als pius Aeneas , als „pflichtbewusster Aeneas“, der das fatum über sein privates Glück stellt. Damit wurde er für die Römer eine Identifikationsfigur und ein Vor- bild, weil er die Werte verkörpert, die unter Kaiser Au- gustus besonders hochgehalten wurden. Ein englischer Lehrer hat für seine Schülerinnen und Schüler den Inhalt der zwölf Bücher der Aeneis zu einem Reim aus zwölf Stichwörtern zusammengefasst. Besorge dir in der Schulbibliothek oder im Internet eine ausformulier- te Inhaltsangabe von Vergils Epos, lies sie sorgfältig durch und gib die wichtigsten Abenteuer des Aeneas an- schließend anhand der englischen Stichwörter wieder. Überlege, was du persönlich unter einem „Helden“ oder einer „Heldin“ verstehst, und begründe deine Meinung. Tauscht anschließend eure Gedanken aus und diskutiert auch mögliche Schattenseiten des Heldentums. 3.11 I. squall III. coasts II. fall X. war XII. dies XI. more VII. home IX. spies VIII. Rome IV. dames VI. ghosts V. games 3.12 20 Die Trojaner in Karthago 3 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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