Ex libris Latein-Grundkurs, Schulbuch

Die Römer grenzten sich lange ge- gen die griechische Kultur ab und standen daher auch der Philosophie skeptisch gegenüber. Durch die Ex- pansion in den Osten der Mittel- meerwelt gerieten sie aber mit der fremden Kultur und ihrem Gedan- kengut näher in Kontakt und fanden allmählich Gefallen daran. Dabei in- teressierten sie sich nicht für alle Bereiche der Philosophie, sondern wählten dabei vor allem die Ethik aus, da sie darin eine konkrete An- wendbarkeit im täglichen Leben sa- hen. Cicero, den wir bereits als Red- ner und Politiker kennengelernt haben, beschäftigte sich nach seiner Rückkehr aus dem Exil, als er poli- tisch nicht mehr Fuß fassen konnte, ausführlich mit griechischer Philoso- phie und schuf für viele philosophi- sche Grundbegriffe entsprechende Wörter im Lateinischen, die es davor noch nicht gegeben hatte. Als einflussreichster Philosoph nach Cicero gilt Seneca, dessen philoso- phische Dialoge und Briefe bei dem Philosophie in Rom Zur hora sexta hielten die Römer ihre Mittagspause – das spanische Wort siesta leitet sich daraus ab. römischen Publikum besonders gro- ßen Anklang fanden. Seneca be- handelt darin Fragen der Ethik und liefert konkrete Ratschläge und An- leitungen, wie man ein aus ethi- scher Hinsicht gutes und erfülltes Leben führen kann. Die Zeit und die Römer Eine erste Zeiteinteilung wurde vom Militär durchgeführt, das die Zeit zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang in vier Nachtwa- chen (vigiliae) aufgeteilt hatte. Dem- entsprechend wurde auch bald der Tag in vier Abschnitte gegliedert: mane (Morgen), ante meridiem (Vor- mittag), post meridiem (Nachmittag) und vesper (Abend). Jeder dieser Ab- schnitte umfasste drei horae (Stun- den). Die Stunden des Tages und die Stunden der Nacht wurden, so wie es heute etwa in englischsprachigen Ländern üblich ist, getrennt gezählt und jeweils von eins bis zwölf ante meridiem und post meridiem durch- nummeriert. Sonnenaufgang und Trage in die folgenden Uhren den „ganz normalen“ Ablauf deines Tages während des Schuljahres ein und überprü- fe diesen Zeitplan anschließend mit den Ratschlägen, die Seneca im Lektionstext gibt. Wann verbringst du deine Zeit „sinnvoll“, wann nicht? Diskutiert darüber in der Klasse und überlegt, was sich an euren Zeitplänen im Sinne Senecas vielleicht verbessern ließe. 00.00–12.00 Uhr 12.00–24.00 Uhr Diskutiert in der Klasse, welche Vor- und Nachteile ihr in dem Stellenwert, den Zeit in unserer Gesellschaft hat, seht. 25.9 25.10 Sonnenuntergang bildeten dabei die Grenzen, sodass beispielsweise die hora prima eines Tages aus heutiger Sicht einem Zeitpunkt um sechs Uhr morgens entspricht. Da ein Zwölftel der Zeit zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang als eine Stunde definiert war, variierte deren Dauer je nach Jahreszeit und nahm daher zwischen 44 und 75 Minuten in Anspruch. Eine römische Stunde entsprach nur an den Tagen der Tag- und-Nacht-Gleiche am Frühlings- und Herbstanfang einer „heutigen“ Stunde von 60 Minuten. Die Menschen im antiken Rom hat- ten durch diese viel vageren Zeitan- gaben ein völlig anderes Verhältnis zu Zeit, Termindruck und Pünktlich- keit als wir es heute haben. 156 25 Römische Ratschläge Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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