Ex libris Latein-Grundkurs, Schulbuch

Unser Lektionstext stammt aus der Mitte der Geschichte von Amor und Psyche. Davor passiert Folgendes: Die Menschen sind von der Schön- heit der Königstochter Psyche so fas- ziniert, dass sie aufhören, die Liebes- göttin Venus anzubeten und stattdessen das junge Mädchen ver- ehren. Venus ist darüber sehr verär- gert und möchte die schöne Prinzes- sin der Lächerlichkeit preisgeben. Sie befiehlt ihrem Sohn Amor, dafür zu sorgen, dass Psyche sich in einen be- sonders hässlichen und schlechten Mann verliebt. Doch als Amor die schöne Prinzessin erblickt, verliebt er sich selbst in sie, widersetzt sich dem Wunsch seiner Mutter und befiehlt Zephyrus, dem Westwind, sie in ei- nen versteckten Palast zu bringen. Dort verbringt er jede Nacht mit Psy- che, doch er gibt sich ihr dabei nicht zu erkennen. Bei Sonnenaufgang verlässt er seine Geliebte und verbie- tet ihr, Nachforschungen über seine Identität anzustellen. Weil sich die junge Frau einsam fühlt, kann sie Amor eines Nachts dazu überreden, ihre Schwestern in den Palast einla- den zu dürfen. Als die Schwestern sehen, wie Psyche wohnt, und hören, was sie von ihrem Geliebten erzählt, werden sie neidisch. Sie reden ihr ein, dass sie eine Schlange geheira- tet habe, die sie eines Nachts, wenn sie es nicht ahne, verschlingen wer- de, und dass es nötig sei, diese im Schlaf zu töten. Völlig verunsichert, und verängstigt, folgt Psyche dem Rat ihrer neidischen Schwestern. Als sie sich mit einer Öllampe in der Hand über den schlafenden Amor beugt, ist sie von seiner Schönheit überwältigt und verschüttet verse- hentlich heißes Öl auf seine Schulter. Der Gott fühlt sich betrogen und lässt Psyche auf der Stelle alleine zu- rück. Inzwischen erfährt Venus, wie wir im Lektionstext gelesen haben, von Amors Verhältnis mit ihrer Kon- kurrentin. Sie schwört Rache und be- gibt sich auf die Suche nach der jun- gen Frau. Die Göttin der Liebe als böse Schwiegermutter Die Venus bei Apuleius ist nicht nur eifersüchtig auf Psyche, weil die Menschen diese mehr verehren als sie, sondern auch, weil sie, die sie doch neben ihrer Funktion als Göttin der Liebe und der Schönheit auch als Verkörperung ewiger Jugend ge- sehen wurde, Angst davor hat, durch eine Liebschaft ihres Sohnes bald Großmutter zu werden. Daran wird deutlich, dass es sich bei der Erzäh- lung von Amor und Psyche um ein Stück Literatur handelt, das Leserin- nen und Leser unterhalten soll. Die Römer setzten Venus mit der grie- chischen Liebesgöttin Aphrodite gleich, die angeblich entstanden sein soll, als der Gott Kronos, der Vater des Zeus, seinen eigenen Vater, den Ti- tan Uranos, kastrierte, um diesen zu entmachten. Dabei tropfte Blut in das offene Meer und brachte das Wasser zum Schäumen. Aus diesem Schaum soll Aphrodite entsprungen sein. Einer anderen Überlieferung zufolge soll sie in der Nähe der griechischen Insel Kythera aus einer Muschel ge- boren worden sein und wird daher oft mit dem Meer in Verbindung ge- bracht, wo sie sich auch im Lektions- text aufhält. Sie wird häufig mit einem Delphin oder mit unterschied- lichen Vögeln dargestellt, daher dürf- te sich Apuleius auch dafür entschie- den haben, ihr als treue „Informantin“ eine geschwätzige Möwe zur Seite zu stellen. Die Erzählung von Amor und Psyche Manche Pflanzen oder Arz- neien, die sexuell stimulie- rend wirken, werden – in Anlehnung an die antike Liebesgöttin – noch heute als „Aphrodisiaka“ bezeichnet. Der österreichische Schriftsteller Michael Köhlmeier ist auch durch seine Nacherzählungen antiker Sagen bekannt geworden. Hört euch das Ende der Sage von Amor und Psyche in seiner Hörbuchversion gemeinsam an (viele Schulbibliotheken besitzen sie als CD, sie ist aber auch leicht online zu finden) und besprecht, welche Elemente der Erzählung an ein Märchen erinnern. Bei dem hier abgedruckten Gemälde handelt es sich um eine der bekanntesten Venus-Darstellungen der Kunstgeschichte. Finde heraus, wann es entstanden ist und wer es gemalt hat, und erkläre, warum es sich bei der darauf gezeigten Frauengestalt um die Liebesgöttin handeln muss. Bestimmt warst du auch schon auf eine andere Person eifersüchtig. Überlege, wie du dieses Gefühl beschreiben würdest, und setze es bildlich um. Gestalte ein Portrait deiner persönlichen Eifersucht – entweder als Gemälde, Zeichnung oder Collage – und präsentiere sie anschließend in der Klasse. 18.9 18.10 18.11 110 18 Liebe und Eifersucht Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

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