am Puls Biologie 8, Schulbuch

93 Evolution des Menschen Ackerbau und Evolution In noch drastischerer Weise wurde die Evolution des Menschen durch die Erfindung des Acker- baus beeinflusst. Jagende und sammelnde Men- schen in Mesopotamien, Südostasien und Mittel- amerika wurden sesshaft, mit weitreichenden Konsequenzen für Gesundheit und Lebenserwar- tung. Mehr als 100 000 Jahre lang hatte sich der Mensch einigermaßen ausgewogen von einer Vielzahl von Pflanzen und Tieren ernährt. Die Nahrung der bäuerlichen Gesellschaft der Jungsteinzeit bestand jedoch hauptsächlich aus wenigen kohlenhydratreichen aber vitaminar- men Nutzpflanzen , je nach Gegend Mais, Reis oder Hirse . Diese einseitige Ernährung führte zu Karies und Zahnverlust, dazu zu den verschie- densten Mangelerkrankungen. Durch die Arbeit auf dem Feld nutzen sich die Gelenke viel stärker ab als beim Jagen und Sam- meln, und weil die sesshaften Menschen so eng zusammenlebten, stieg auch der Anteil jener an, die an Infektionskrankheiten starben. Die mittle- re Lebenserwartung nahm ab , von etwa 33 auf 20 Jahre! Die Lebenserwartung der jagenden und sammelnden Menschen wurde vermutlich erst im 18. Jahrhundert wieder erreicht und stieg seither kontinuierlich an. Viel früher nahm wahrschein- lich aufgrund der besseren Nahrungsverfügbar- keit das Bevölkerungswachstum zu – es wurden mehr Kinder geboren und die Weltbevölkerung stieg von einigen Hunderttausend in der Altstein- zeit bis auf 170–400 Millionen vor 2 000 Jahren und über 7 Milliarden heute ( k Abb. 13). Die Lebenserwar- tung sank drastisch in der Jungsteinzeit 3 + 2 1 0 - 1 < 1 Bevölkerungs- wachstum in % Abb.13: Bevölkerungswachstum in verschiedenen Ländern (in %). Die Bevölkerung nimmt in Europa ab, vor allem in Afrika aber weiterhin zu. Aufgabe S 1 Argumentiere, welche Konsequenz die Behandlung von Erbkrankheiten, an denen unsere Vorfahren früher gestorben wären, für die Evolution des Menschen haben könnte. Basiskonzept Reproduktion: Starke Selektion findet beim Menschen bereits im Mutterleib statt, da viele Zygoten sich nicht weiterentwi- ckeln. Die menschliche Evolution geht weiter Auch wenn man denken könnte, dass wir uns dank des medizinischen Fortschritts von den Ein- flüssen von Mutation und Selektion bereits los- gelöst haben, so unterliegen wir tatsächlich nach wie vor den Mechanismen der Evolution. Das beginnt bereits vor der Geburt. Mehr als zwei Drittel aller Zygoten sterben zB unbemerkt wenige Tage nach der Befruchtung ab. Meist handelt es sich dabei um Embryonen mit massi- ven genetischen Defekten. Biologinnen und Bio- logen sprechen dabei von „ interner Selektion “. Besonders in Afrika, Asien und Südamerika ist außerdem die Sterblichkeit bei Neugeborenen und Säuglingen immer noch erschreckend hoch. Und selbst wer erfolgreich erwachsen geworden ist, hat damit nicht automatisch Nachkommen. Die Veränderung der Lebensweise und Umwelt, die Homo sapiens erfahren hat, üben einen im- mensen Selektionsdruck aus. Das explosionsarti- ge Wachstum der Weltbevölkerung ( k Abb. 13) bedingt auch einen rasanten Anstieg an neuen Mutationen, sodass die Evolutionsgeschwindig- keit beim Menschen im Laufe der letzten Jahr- tausende sogar zugenommen hat! Genetische Untersuchungen zeigen, dass viele dieser neuen, adaptiven Mutationen zwar präsent sind, andere Genvarianten aber noch nicht vollständig ersetzt haben (siehe Populationsgenetik, S. 101). Die menschliche biologische Evolution geht also weiter – eng verstrickt mit der gleichzeitig ablau- fenden kulturellen Evolution. Das explosionsartige Bevölkerungswachs- tum trägt zur menschlichen Evolution bei Reproduktion Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=