am Puls Biologie 8, Schulbuch

74 Methoden in der Praxis Die Erstellung von Stammbäumen Stammbaumanalyse mithilfe mitochondrialer DNA Neben Gemeinsamkeiten im Körperbau werden auch mole­ kularbiologische Merkmale herangezogen, um Abstammungs- verhältnisse zu rekonstruieren. Besonders DNA-Sequenz­ vergleiche eignen sich dafür. In Abbildung 18 a ist eine Basenabfolge der mitochondrialen DNA des Menschen sowie von vier Primatenarten gezeigt. Der Gibbon dient hier als Außengruppe, dh er ist mit den an- deren Arten weniger eng verwandt als diese untereinander. Die Außengruppe dient so als Referenz an der Basis des Stammbaums. Wie du siehst, zeigen die DNA-Sequenzen weitgehende Über- einstimmungen, aber auch Abweichungen. Nun werden ver- schiedene plausible Stammbäume konstruiert (b). Basierend auf jeder dieser Stammbaumhypothesen wird errechnet, wie viele Mutationen geschehen hätten müssen, um die beobach- teten Sequenzunterschiede in der DNA zu erzeugen. Jener Stammbaum, der mit den wenigsten Mutationen auskommt, gilt schließlich als der plausibelste. Ein typisches Ergebnis siehst du in Abbildung 18 b. Hier sind zwei mögliche Stammbäume gezeigt. Nach dem Sequenzab- gleich der fast 17000 Basen der mitochondrialen DNA zeigt sich, dass die erste Variante mit weniger Mutationen aus- kommt um die Verwandtschaftsverhältnisse abzubilden. Aller- dings wären 30 Basen viel zu wenig für eine zuverlässige Aus- sage; ca. 10 000 Basen sollte die Analyse mindestens umfassen. Mit der wachsenden Leistungsfähigkeit der DNA-Sequenzierungen haben derartige Stammbaumrekonst- ruktionen an Bedeutung gewonnen. Ihre Vorteile liegen darin, dass viele Tausend Basen verglichen werden können, bis hin zu ganzen Genomen. Abb.18: Stammbaumanalyse mithilfe von mitochondrialer DNA bei fünf Primaten Gorilla Orang-Utan Mensch Schimpanse Gibbon 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Wie hier bei Base Nr. 5 sind die Basen an 21 weiteren Positionen bei allen fünf Arten identisch. An Position 19 muss beim Orang-Utan die zusätz- liche Base „A“ eingefügt worden sein (Insertion). An Position 15 haben Gorilla, Schimpanse und Mensch eine gemeinsame Mutation nach „C“. Das spräche für ihre enge Verwandtschaft. An Position 21 haben Schimpanse und Mensch eine gemeinsame Mutation von „C“ nach „T“. Das spräche für ihre enge Verwandtschaft. Mensch Schim- panse Gorilla Orang- Utan Außengruppe Gibbon Mensch Schim- panse Gorilla Orang- Utan Außengruppe Gibbon Bei diesem Verzweigungsschema mussten auf der mitochondrialen DNA 8723 Mutationen stattfinden. Bei diesem Verzweigungsschema mussten auf der mitochondrialen DNA 8801 Mutationen stattfinden. a b Basiskonzept Variabilität, Verwandtschaft, Geschichte und Evolution: Mitochondriale DNA (mtDNA) wurde vor allem in der Anfangszeit der Gentechnik fur Stammbaumanalysen benutzt, weil sie ubersichtlich klein ist und leicht von den anderen Nucleinsäuren der Zelle abtrennbar ist. Außerdem unterliegt sie nicht der Rekombination, sondern wird bei vielen Lebewesen nur über die Linie der Mutter vererbt. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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