am Puls Biologie 8, Schulbuch

56 Methoden in der Praxis Die personalisierte Krebsmedizin Krebs ist nicht gleich Krebs Krebs ist keine einzelne Krankheit ist, sondern eine Gruppe vieler Erkrankungen. Diese unterscheiden sich im Krankheits- verlauf teilweise recht deutlich. Doch auch ein und dieselbe Krebsart kann je nach Patientin bzw. Patient ganz verschieden verlaufen. Die Biologie der Erkrankung ist entsprechend kom- plex. Daher ist auch nicht zu erwarten, dass die medizinische Forschung ein alleiniges Krebsheilmittel findet. Gegenwär- tig geht die Forschung vielmehr in Richtung der personali- sierten Krebsmedizin . Als Grundlage dieser Therapie, die auf die Patientin oder den Patienten „maßgeschneidert“ sein soll, dienen moleku- larbiologische und genetische Untersuchungen des Tumor- gewebes. Krebszellen sind durch genetische Veränderun- gen gekennzeichnet, die sehr vielfältig sein können (sogar Zellen ein und desselben Tumors können sich genetisch unterscheiden). Genau nach diesen genetischen Verände- rungen – so genannten Biomarkern 1 – wird gesucht, um so die Tumorzellen zu charakterisieren ( k Abb. 27). Je genauer man das genetische Tumorprofil kennt, umso gezielter kann eine Behandlung erfolgen. Schwachstellen finden und gezielt angreifen Wenn man Biomarker des Tumors kennt, gilt es, diesen genau an dieser Stelle anzugreifen („targeted therapy“). Oft verstär- ken die Mutationen einer Krebszelle die Signalwege, welche das Wachstum oder die Ausbreitung des Tumors fördern. Ge- nau diese Signalwege sind das Ziel der Therapie. Solche Therapien sind zB bei Darm-, Lungen- oder Brustkrebs möglich, da hier die Veränderungen ausreichend gut erforscht sind, um einen gezielten Angriff möglich zu machen. So kön- nen zB Patientinnen mit Brustkrebs, deren Tumorgewebe den Marker HER2 enthält, mit dem Medikament „Herceptin“ be- handelt werden. (Frauen mit Krebsgewebe, das kaum HER2 aufweist, sprechen dagegen auf dieses Medikament nicht an.) Ein großer Vorteil der personalisierten Therapie ist das Fehlen der massiven Nebenwirkungen, die zB eine unspezifische, ag- gressive Chemotherapie mit sich bringt. Die personalisierte Medizin versucht also, jeden spezifischen Krankheitsverlauf zu erkennen und für jede Patientin bzw. jeden Patienten eine ei- gene Behandlungsform zu entwickeln. Hier liegt gegenwärtig eine große Hoffnung der Medizin, wirksame Therapien gegen Krebs zu entwickeln. Abb. 27: Personalisierte Krebsmedizin. Krebsgewebe wird entnommen, die Tumorzellen werden im Labor in Zellkulturen vermehrt (Foto links). Diese Zellen werden einerseits untersucht, um festzustellen, welche genetischen Änderungen vorliegen. Gleichzeitig wird erprobt, welche Wirkstoffe die spezifischen Signalwege angreifen können, um zielgerichtete Therapien zu entwickeln. Die DNA-Sequenz von Tumorzellen wird unter- sucht, um die geänderten Signalwege verstehen und behandeln zu können. Krebsgewebe wird entnommen. Tumorzellen werden im Labor vermehrt und mit Biomarkern charakterisiert. Glossar 1 Biomarker: Individuelle Merkmale einer Zelle, zB die Menge bestimmter Genprodukte. Biomarker geben Auskunft über Eigenschaf- ten einer Tumorzelle. Aufgabe S 1 Forschungsteams in der personali- sierten Krebsmedizin sind meist interdiszip- linär und bestehen aus Wissenschafterinnen und Wissenschaftern aus den Bereichen Ge- netik, Molekularbiologie, Mathematik und Informatik. Erörtere, welche Beiträge die einzelnen Fachbereiche zu der Entwicklung zielgerichteter, personalisierte Krebsmedizin leisten können. Basiskonzept Information und Kommunikation: Wie bei gesunden Zellen kommunizieren auch Tumorzellen untereinander und mit dem umliegenden Gewebe. Diese interzellu- läre Kommunikation erfolgt oftmals über Signalwege, also Kaskaden mehrerer Signale. Signalkaskaden ermöglichen vielfältige Regu- lierungsmöglichkeiten. Das Prinzip ist uns zB auch in der 6. Klasse bei der Wirkungsweise von Hormonen begegnet (Band 6, S. 34). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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