am Puls Biologie 8, Schulbuch

55 Vererbungsregeln und Humangenetik DNA-Fehler können sich in Körperzellen anhäufen Was macht eine normale Zelle zu einer Krebszel- le? Bei Krebszellen ist die feine Abstimmung zwi- schen Teilung, Differenzierung und Zelltod außer Kraft gesetzt. Normalerweise überwachen be- stimmte Gene den Zellzyklus ( k S. 15), diese wer- den als Proto-Onkogene und Tumorsuppressor- gene bezeichnet. Erstere regen den Zellzyklus an, zweitere hemmen diesen – vergleichbar mit Gas- pedal und Bremse im Auto. Diese Gene steuern mit ihren Proteinprodukten die korrekte Basen- paarung in der DNA, halten den Zellzyklus gege- benenfalls an, bis Reparaturen ausgeführt sind, oder veranlassen die Apoptose, falls die DNA nicht repariert werden kann. In Krebszellen funktionieren die Signalwege, mit welchen der Zellzyklus gesteuert wird, nicht. Da- durch teilen sich Zellen auch weiter, selbst wenn die DNA Schäden trägt – oft sogar schneller oder häufiger als gesunde Zellen, und ohne Rücksicht auf weitere Fehler. Wie entsteht nun Krebs und warum kommt es nicht zur Apoptose dieser Zelle? Ein Krebs auslö- sendes Onkogen 1 entsteht durch Mutation aus einem Proto-Onkogen. Es sendet ständig Signale zur Zellteilung aus. Normalerweise leitet in so ei- nem Fall der Gegenspieler, ein Tumorsuppressor- gen, die Apoptose ein. Wenn auch dieses Gen durch eine Mutation funktionsunfähig geworden ist, teilt sich die Zelle – und gibt die Mutationen an die Tochterzellen weiter. Ein Tumor entsteht. Man geht davon aus, dass vier bis sieben Zufalls- mutationen an verschiedenen Stellen im Erbgut notwendig sind, damit aus einer normalen Zell eine Krebszelle wird. Krebserkrankungen betreffen Körperzellen, wer- den also nicht vererbt. Trotzdem gibt es erbliche Faktoren, die ein höheres Krebsrisiko bewirken. Diese sind auf Mutationen in der Keimbahn zu- rückzuführen. Sie führen zu einer Erkrankung, wenn weitere somatische Mutationen dazu kom- men. Auch Erbkrankheiten wie Trisomie 21 bewir- ken ein erhöhtes Krebsrisiko, ebenso wie manche Chromosomenmutationen ( k Aufg. 2). Neben der erblichen Komponente begünstigen auch Mutagene die Krebsentstehung. Wie du auf Seite 48 gelesen hast, können zB Chemikalien Mutationen auslösen. Besonders Stoffe im Ziga- rettenrauch haben sich als hoch karzinogen 2 er- wiesen. Auch kurzwellige elektromagnetische Strahlung (zB UV) hat diese Wirkung. Die Mutati- onen sammeln sich in den Zellen, und oft zeigt sich die Wirkung erst viele Jahre oder Jahrzehnte später ( k Abb. 26). Die zentrale Behandlung von Krebs ist das chir- urgische Entfernen des Tumors. Strahlen- und Chemotherapien ( k am Puls 5, S. 36) werden eingesetzt, damit allfällige verbleibende Krebs- zellen, die sich bereits ausgebreitet haben, ver- nichtet werden. Dazu werden gegenwärtig neue Therapieformen erprobt, die auch auf dem im- mer besseren Verständnis der genetischen und molekularen Mechanismen von Krebs beruhen – ein Beispiel wird auf S. 56 vorgestellt. Kommt es zu Muta­ tionen bei Proto-­ Onkogenen und Tumorsuppressor­ genen, entstehen Krebszellen Bestimmte erbliche Faktoren sowie Mu- tagene begünstigen das Entstehen von Krebszellen Abb. 26: Das Ansammeln von Mutationen ist eine mögliche Ursache für das mit dem Alter steigende Risiko einer Krebserkrankung. Schäden durch Mutagene (zB Zigarettenrauch) wirken sich daher oft erst nach Jahrzehnten aus. Zygote begleitende (krebsunabhängige) Mutationen krebsfördernde Mutationen zelluläre Vorgänge (Replikationsfehler) äußere Einflüsse (Lebensführung, Umwelt) von der Tumorzelle ausgehende Veränderungen Zelle eines Säuglings Zelle eines Erwachsenen erste unkontrollierte Teilungen gutartige Tumorzelle Krebszelle Glossar 1 Onkogen vom Griechischen onkos für ge- schwollen. 2 Karzinogen vom Griechischen karkinos für Krebs. Aufgaben W/S 1 HPV-Impfung: Auch Viren können Krebs auslösen. Bekanntes Beispiel sind Humane Papillomviren (HPV), gegen die in Österreich seit 2006 ein Impfstoff verfügbar ist. Informiere dich über Impfmöglichkeiten, Kosten und Risiko einer solchen Impfung. Besprich mit deinen Eltern, ggf. Schul- oder Hausärztin/-arzt, ob du so eine Impfung erhalten hast oder durchführen sollst. W 2 Philadelphia-Chromosom : Lies nach, was man unter dem Begriff Philadelphia-­ Chromosom versteht. Nenne die Mutations- art, die zum Philadelphia-Chromosom führt und die neuen Genprodukte, die dabei entste- hen. Erkläre die onkogene Wirkung dieser Mutation und nenne die Krebsart, die da- durch ausgelöst wird. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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