am Puls Biologie 8, Schulbuch

51 Vererbungsregeln und Humangenetik Autosomale Gendefekte Viele Erbkrankheiten haben eine lange Geschich- te: Oft werden sie über Generationen von Eltern an Kinder weitergegeben. Dies lässt sich durch Auswertung von Familienstammbäumen verfol- gen. Viele dieser Gendefekte betreffen Gene, die auf Autosomen liegen. Beim autosomal-dominanten Erbgang führt ein defektes Gen zur Erkrankung, auch wenn das entsprechende Allel auf dem homologen Chro- mosom intakt ist ( k Abb. 21 a). Ein Beispiel wäre die Vielfingrigkeit (Polydaktylie), bei der die Be- troffenen sechs Finger oder Zehen haben. Bei an- deren Defekten tritt die Erkrankung nicht schon von Geburt an in Erscheinung, sondern erst in späteren Entwicklungsphasen, wie zB bei Chorea Huntington . Bewegungsstörungen und psychi- sche Symptome sind die ersten Anzeichen dieser schweren Nervenkrankheit, die meist erst zwi- schen dem 30. und 60. Lebensjahr ausbricht und innerhalb von 15 Jahren zum Tod führt. Ausgelöst wird sie durch einen Defekt auf Chromosom 4, das zu einem giftigen Protein führt, das in der Zelle nicht abgebaut werden kann. Bei einem autosomal-rezessiven Erbgang kann ein gesunder Partner oder eine gesunde Partne- rin den Defekt bei den gemeinsamen Kindern ausgleichen: Heterozygote haben ein gesundes Erscheinungsbild, können die Mutation aber ver- deckt als genetische Überträger (oder Kondukto- ren 1 ) an ihre Kinder weitervererben ( k Abb. 21 b). Beispiele sind Albinismus (siehe Aufgabe 2 auf S. 58) oder Cystische Fibrose (auch bekannt als Mukoviszidose). Cystische Fibrose ist eine ange- borene Stoffwechselerkrankung, bei der die Kör- persekrete (Speichel, Schweiß) zu wenig Wasser enthalten und daher dickflüssig sind. Das führt zu Funktionsstörungen der Lunge, Bauchspei- cheldrüse, Gallenwege, Schweißdrüsen und im Dünndarm. Diese polyphäne Wirkung wird von einem einzelnen defekten Gen auf Chromosom 7 ausgelöst. Unbehandelt kann diese Erkrankung lebensbedrohlich sein. Autosomale Gen­ defekte können dominant oder rezessiv wirken Abb. 21: Autosomale Gendefekte: Beispiele für einen autosomal-dominanten Erbgang (a) sind Vielfingrigkeit oder Chorea Huntington, für einen autosomal-rezessiven Erbgang (b) sind Albinismus oder Cystische Fibrose. krank gesund gesund Mutations- überträger krank gesund Mutations- überträger krank beide Eltern Mutationsüberträger (Konduktoren) Rr rr RR Rr Rr Rr dd dd Dd Dd Dd dd autosomal-dominanter Erbgang autosomal-rezessiver Erbgang Glossar 1 Konduktor vom Lateinischen conducere für mitführen, bezeichnet generell einen Über- träger, nicht nur bei Erbkrankheiten sondern allgemein beim Übertragen von rezessiven Merkmalen Aufgaben S 1 Diagnose von Chorea Huntington: Eine Genanalyse schafft sofort und eindeutig Gewissheit, ob ein Kind das defekte Allel von seinen Eltern vererbt bekommen hat. Das kann große Erleichterung bedeuten oder aber deprimierende Aussichten. Diskutiere die Problematik solcher Genanalysen. W/S 2 Erbkrankheiten in Adelsfamilien: Besonders gut lassen sich Erbkrankheiten bei Adeligen verfolgen, zum einen, weil hier die Stammbäume gut dokumentiert sind, und zum anderen, weil Heirat unter Verwandten relativ häufig war. Suche im Internet nach Beispielen, vergleiche und beurteile die Quellen hinsichtlich fachlichem Informations- gehalt und Richtigkeit. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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