am Puls Biologie 8, Schulbuch

5  Hier findest du die Basiskonzepte 19 Grundlagen der Genetik Eine Dreiergruppe der DNA-Basen verschlüsselt eine Aminosäure Es gibt vier verschiedene Basen in der DNA: Ade- nin (A), Cytosin (C), Guanin (G) und Thymin (T). Diese vier Basen A, C, G und T sollen Informatio- nen für 20 verschiedene Aminosäuren verschlüs- seln. Wie kann mit vier Basen eine Verschlüsse- lung für 20 Aminosäuren erreicht werden? Bei einer 1 : 1-Codierung würde jede Base für eine Aminosäure stehen, also A für Aminosäure 1, C für Aminosäure 2, G für Aminosäure 3 und T für Aminosäure 4. So können nur 4 unterschiedliche Aminosäuren codiert werden. Mit einer 2 : 1-Codierung stehen Basenpaare für Aminosäuren, also AA für Aminosäure 1, AC für Aminosäure 2, AG für Aminosäure 3 usw. Das er- gibt 4 2 Möglichkeiten – immer noch zu wenig für 20 Aminosäuren. Eine 3 : 1-Codierung bedeutet, dass AAA für Ami- nosäure 1 steht, AAC für Aminosäure 2, AAG für Aminosäure 3 etc. Hier ergeben sich 4 3 Kombina- tionen, also 64 – mehr als genug für 20 Amino- säuren. Experimente mit RNA haben gezeigt: Es sind tatsächlich Basentripletts , die Aminosäuren codieren. Eine Gruppe aus drei Basen ergibt 64 Kombinationsmög- lichkeiten, genug um 20 Aminosäuren zu verschlüsseln Der genetische Code Code und Verschlüsseln … das klingt mehr nach Spionage als nach Biologie. Dennoch passt der Begriff: Ein Code gibt an, wie eine Abfolge von Zeichen eindeutig eine andere Abfolge von Zei- chen definiert. Im Falle des genetischen Codes sind es keine Zeichen, sondern Moleküle: Eine Abfolge von Basen definiert eine Abfolge von Aminosäuren. Alle Lebewesen sind in diesen Code eingeweiht: der genetische Code ist universell. Zur Umset- zung bedarf es bestimmter Bestandteile der Zelle. Jede deiner Zellen ist also eine Decodier- maschine, die die Basensequenz in die Amino- säureabfolge übersetzt. Und ebenso ist jede Bak- terienzelle eine solche Maschine, die mit demselben Code arbeitet! Die Übersetzungsvorschrift von mRNA-Tripletts in Aminosäuren wird gerne durch eine Codesonne dargestellt ( k Abb. 10). Die Codesonne wird von innen nach außen gelesen. Jeder Buchstabe der drei inneren Ringe steht für eine Base im RNA-Nukleotid, immer drei in einem Strahl bilden ein Codon . Im äußeren Ring stehen die Abkür- zungen für die Aminosäuren. So codiert zB das Triplett AUG die Aminosäure Met (Methionin), das Triplett GGG die Aminosäure Gly (Glycin). Zu drei Tripletts (UAA, UAG und UGA) gibt es kei- ne Aminosäuren. Sie werden als Stopp-Codons bezeichnet. D. h., diese Tripletts markieren das Ende einer Aminosäuresequenz. Wie du siehst, werden die meisten Aminosäuren durch mehrere Tripletts verschlüsselt, zB codie- ren die Codons UUA und UUG für die Aminosäure Leu (Leucin). Der genetische Code ist also redun- dant. Der genetische Code ist universell und redundant, er kann mittels einer Code- sonne dargestellt werden Variabilität, Verwandt- schaft, Geschichte und Evolution U U U U U U U U U U U U U U U U U U U U U G G G G G G G G G G G G G G G G G G G G G A A A A A C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C A A A A A A A A A A A A A A A A Gly Phe Leu Leu Ser Ser Tyr Cys Trp Pro His Gln Arg Arg Ile Met Thr Asn Lys Val Ala Asp Glu Stop Stop Start Stop 3’ 3' 3' 3' 5' Abb.10: Die Codesonne. Dieses Schema stellt die Übersetzungsvorschrift von mRNA-Codons in Amino- säuren an, zB AGC für Ser (Serin). Methionin markiert in den meisten Fällen den Beginn einer Aminosäure- kette (Start-Codon). Zu drei Stopp-Codons gibt es keine Aminosäure, sie markieren das Ende der Translation. Aufgabe W 1 Der genetische Code: Der genetische Code ist universell und redundant. Erkläre die Begriffe. Basiskonzept Variabilität, Verwandtschaft, Geschich- te und Evolution: Die Tatsache, dass die Zellen praktisch aller Lebewesen – von den Bakterien in deinem Darm über die Bäume vor deinem Haus bis zu dir selbst – denselben genetischen Code lesen, scheint vielleicht verblüffend. Tatsächlich ist dies ein Beweis für die Evolution aller Lebewesen, ausgehend von einem gemeinsamen Vorfahren: Der ge- netische Code ist so alt wie das Leben selbst, bereits die ersten Zellen auf der Erde ver- schlüsselten so ihre Proteine. Im Zuge der Entstehung immer komplizierter Lebewesen wurde diese fundamentale Vorschrift stets weitergegeben und steckt heute nahezu un- verändert in jeder lebenden Zelle auf der Erde. Basiskonzepte sind wichtige Grundprinzipien und Eigen- schaften lebendiger Systeme. Du wirst ihnen das ganze Jahr lang bei unterschied- lichen Themen begegnen. Eine Übersicht über die sie- ben Basiskonzepte findest du auf den Seiten 6 und 7. So werden die Basiskonzepte im Buch gekennzeichnet: Farbige Markierung im Text Basiskonzept-Symbole in der Randspalte Weitere Informationen zum Basis- konzept im unteren Bereich der Seite 19 Grundlagen der Genetik Der genetische Code Code und Verschlüsseln … das klingt mehr nach Spionage als nach Biologie. Dennoch passt der Begriff: Ein Code gibt an, wie eine Abfolge von Zeichen eindeutig eine andere Abfolge von Zei- chen definiert. Im Falle des genetischen Codes sind s keine Z ichen, sond rn Moleküle: Eine Abfolge von Basen definiert eine Abfolge von Aminosäuren. Alle L bewesen sind in diesen Code eingeweiht: der genetische Code ist universell. Zur Umset- zung bedarf es bestimmter Bestandteile der Zelle. Jede deiner Zell n ist also eine Decodier- maschine, die die Basensequenz in die Amino- säureabfolge übersetzt. Und ebenso ist jede Bak- terienzelle eine solche Maschine, die mit demselben Code arbeitet! Die Üb rsetzungsvorschrift von mRNA-Tripletts in Aminosäuren wird gerne durch eine Codesonne dargestellt ( k Abb. 10). Die Codesonne wird von innen nach außen gelesen. Jeder Buchstabe der drei in ere Ringe steht für eine Base im RNA-Nukleotid, immer drei in einem Strahl bilden ein Codon . Im äußeren Ring stehen die Abkür- zungen für die Aminosäuren. So codiert zB das Triplett AUG die Aminosäure Met (Methionin), das Triplett GGG die Aminosäure Gly (Glycin). Zu drei Tripletts (UAA, UAG und GA) gibt es kei- ne Aminosäuren. Sie werden als Stopp-Codons bezeichnet. D. h., diese Tripletts markieren das Ende einer Aminosäuresequenz. Wie du siehst, werden die meisten Aminosäuren durch mehrere Tripletts verschlüsselt, zB codie- ren die Codons UUA und UUG für die Aminosäure Leu (Leucin). Der genetische Code ist also redun- dant. Der genetische Code ist universell und redundant, er kann mittels einer Code- sonne dargestellt werden Variabilität, Verwandt- schaft, Geschichte und Evolution U U U U U U U U U U U U U U U U U U U U U G G G G G G G G G G G G G G G G G G G G G A A A A A C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C A A A A A A A A A A A A A A A A Gly Phe Leu Leu Ser Ser Tyr Cys Trp Pro His Gln Arg Arg Ile Met Thr Asn Lys Val Ala Asp Glu Stop Stop Start Stop 3’ 3' 3' 3' 5' Abb.10: Die Codesonne. Dieses Schema stellt die Übersetzungsvorschrift von mRNA-Codons in Amino- säuren an, zB AGC für Ser (Serin). Methionin markiert in den meisten Fällen den Beginn einer Aminosäure- kette (Start-Codon). Zu drei Stopp-Codons gibt es keine Aminosäure, sie markieren das Ende der Translation. Aufgabe W 1 Der genetische Code: Der genetische Code ist universell und redundant. Erkläre die Begriffe. Basiskonzept Variabilität, Verwandtschaft, Geschich- te und Evolution: Die Tatsache, dass die Zellen praktisch aller Lebewesen – von den Bakterien in deinem Darm über die Bäume vor deinem Haus is zu dir selbst – denselben g netischen Code lesen, scheint vielleicht verblüffend. Tatsächlich ist dies ein Beweis für die Evolution aller Lebewesen, ausgehend von einem gemeinsamen Vorfahren: Der ge- netische Code ist so alt wie das Leben selbst, bereits die ersten Zellen auf der Erde ver- schlüsselten so ihre Proteine. Im Zuge der Entstehung immer komplizierter Lebewesen wurde diese fundamentale Vorschrift stets weitergegeben und steckt heute nahezu un- verändert in jeder lebenden Zelle auf der Erde. 19 Grundlagen der Genetik Der genetische Code Code und Verschlüsseln … das klingt m hr nach Spionage als nach Biologie. Dennoch passt der Begriff: Ein Code gibt an, wie eine Abfolge von Zeichen eindeutig eine andere Abfolge von Zei- chen definiert. Im Falle des genetischen Codes sind es keine Zeichen, sondern Moleküle: Eine Abfolge von Basen definiert eine Abfolge von Aminosäuren. Alle Lebewesen sind in diesen Code eingeweiht: der genetische Code ist universell. Zur Umset- zung bedarf es bestimmter Bestandteile der Zelle. Jede deiner Zellen ist also eine Decodier- maschine, die die Basensequenz in die Amino- säureabfolge übersetzt. Und ebenso ist jede Bak- terienzelle eine solche Maschine, die mit demselben Code arbeitet! Die Übersetzungsvorschrift von mRNA-Tripletts in Aminosäuren wird gerne durch eine Codesonne dargestellt ( k Abb. 10). Die Codesonne wird von innen nach außen gelesen. Jeder Buchstabe der drei inneren Ri ge st ht für eine Base im RNA-Nukleotid, immer drei in einem Strahl bilden ein Codon . Im äußeren Ring stehen die Abkür- zungen für die Aminosäuren. So codiert zB das Triplett AUG die Aminosäure M t (Methionin), das Triplett GGG die Aminosäure Gly (Glycin). Zu drei Tripletts (UAA, UAG und UGA) gibt es kei- ne Aminosäuren. Sie werden als Stopp-Codons bezeichnet. D. h., diese Tripletts markieren das Ende einer Aminosäuresequenz. Wie du siehst, werden die meisten Aminosäuren durch mehrere Tripletts verschlüsselt, zB codie- ren die Codons UU und UUG für die Aminosäure Leu (Leucin). Der genetische Code ist also redun- dant. Der genetische Code ist universell und redundant, er kann mittels einer Code- sonne dargestellt werden Variabilität, Verwandt- schaft, Geschichte und Evolution U U U U U U U U U U U U U U U U U U U U U G G G G G G G G G G G G G G G G G G G G G A A A A A C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C C A A A A A A A A A A A A A A A A Gly Phe Leu Leu Ser Ser Tyr Cys Trp Pro His Gln Arg Arg Ile Met Thr Asn Lys Val Ala Asp Glu Stop Stop Start Stop 3’ 3' 3' 3' 5' Abb.10: Die Codesonne. Dieses Schema stellt die Übersetzungsvorschrift von mRNA-Codons in Amino- säuren an, zB AGC für Ser (Serin). Methionin markiert in den meisten Fällen den Beginn einer Aminosäure- kette (Start-Codon). Zu drei Stopp-Codons gibt es keine Aminosäure, sie markieren das Ende der Translation. Aufgabe W 1 Der genetische Code: Der genetische Code ist universell und redundant. Erkläre die Begriffe. Basiskonzept Variabilität, V rwan tschaft, Ge chich- te und Evolution: Die Tatsache, dass die Zellen praktisch aller Lebewesen – von den Bakterien in deinem Darm über die Bäume vor deinem Haus bis zu dir selbst – denselben genetischen Code lesen, scheint vielleicht verblüffend. Tatsächlich ist dies ein Beweis für die Evolution aller Lebewesen, ausgehend von einem gemeinsamen Vorfahren: Der ge- netische Code ist so alt wie das Leben selbst, bereits die ersten Zellen auf der Erde ver- schlüsselten so ihre Proteine. Im Zuge der Entstehung immer komplizierter Lebewesen wurde diese fundamentale Vorschrift stets weitergegeben und steckt heute nahezu un- verändert in jeder lebenden Zelle auf der Erde. Der genetische Code Code und Verschlüsseln … das klingt mehr nach Spionage als nach Biologie. Dennoch passt d r Begriff: Ein Code gibt an, wie eine Abfolge von Zeichen eindeutig eine ander Abfolge von Zei- chen definiert. Im Falle des genetischen Codes sind es kei e Zeichen, sondern Moleküle: Eine Abfolge von Basen definiert eine Abfolge von Aminosäuren. Alle Lebewesen sind in diesen Code eingeweiht: der genetische Code ist universell. Zur Umset- zung bedarf es bestimmter Bestandteile der Zelle. Jede deiner Zellen ist also eine Decodier- maschine, die die Basensequenz in die Amino- säureabfolge übersetzt. Und ebenso ist jede Bak- terienzelle in solch Maschine, die mit d mselben Code arbe tet! Die Übersetzungsvorschrift von mRNA-Tripletts in Aminosäuren wird gerne durch eine Codesonne dargestellt ( k Abb. 10). Die Codesonne wird von innen nach außen gel sen. Jeder Buchstabe der drei inn ren Ringe steht für eine Base im RNA-Nukleoti , immer drei in einem Strahl bilden in Codon . Im äußeren Ring stehen die Abkür- zungen für die Aminosäuren. So codiert zB das Triplett AUG die Aminosäure Met (Methionin), das Triplett GGG die Aminosäure Gly (Glycin). Zu drei Tripletts (UAA, UAG und UGA) gibt es kei- ne Aminosäuren. Sie werden als Stopp-Codons bezeichnet. D. h., Ende einer Amin Wie du siehst, w durch mehrere T ren die Codons U Leu (Leucin). Der dant. Der genetische Code ist universell und redu dant, er ka n mittels einer Code- so darg stellt werden Variabilität, Verwandt- schaft, Geschichte und Evolution U U U U U U G G G G G G A C C C C C C C A A A A A A Ser Arg Thr Asn Lys Val Ala Asp Glu Start 3' Abb.10: Die Codeso Übersetzungsvorsc säuren an, zB AGC in den meisten Fäl kette (Start-Codon Aminosäure, sie m Aufgabe W 1 Der genetische Code: Der genetische Code ist universell und redundant. Erkläre die Begriffe. Basiskonzept Variabilität, Verwandtschaft, Geschich- te und Evolution: Die Tatsache, dass die Zellen praktisch aller Lebewesen – von den Bakterien in deinem Darm über die Bäume vor deinem Haus bis zu dir selbst – denselben genetischen Code lesen, scheint vielleicht verblüffend. Tatsächlich ist dies ein Beweis für die Evolution aller Lebewesen, ausgehend von einem gemeinsamen Vorfahren: Der ge- netische C bereits di schlüsselt Entstehun wurde die weitergeg verändert Erde. Sonderseiten „Blick in die Forschung“ Auf diesen Seiten werfen wir einen Blick in die aktuelle Forschung. Welche Fragen stellen sich Wissenschafte- rinnen und Wissenschafter? Wie versuchen sie Antworten zu finden? „Methoden in der Praxis“ Auf diesen Seiten lernst du wichtige Methoden kennen, die in der Wissenschaft oder in der Medizin angewendet werden. Es werden spannen- de Beispiele vorgestellt, wie die eb n g lernt Therorie in der Praxis angewendet wer- den kann. 32 Methoden in der Praxis Gel-Elektrophorese Die Zelle enthält eine Vielfalt von Proteinen und Nukleinsäuren Jedes Protein ist eine lange Kette aus Aminosäuren, die – je nach Aminosäureabfolge - eine bestimmte Faltung einneh- men, woraus sich Form und Funktion des Protein ergeben. Natürliche Proteine setzen sich aus 20 verschiedenen Amino- säuren zusammen, und die Länge der Aminosäurekette variiert von ca. 100 bis zu einigen Tausend Aminosäuren – ent- sprechend groß ist die Vielfalt der Proteine. Ebenso gibt es unzählige verschiedene Nukleinsäuren – zwar sind DNA und RNA strukturell und funktionell bei weitem nicht so vielfältig wie Proteine, aber dennoch unterscheiden sich DNA- und RNA-Moleküle, v. a. in ihrer Länge. Wie lassen sich verschiedene Proteine oder Nuklein- säuren voneinander trennen? In der Molekularbiologie ist es oft wichtig, ein Protein oder ein bestimmtes Stück DNA in Reinform vorliegen zu haben, etwa für die Untersuchung der Molekülstruktur. Molekularbiologinnen und -biologen nutzen zur Trennung von Protein- oder Nukleinsäuregemischen die Methode der Gel-Elektrophorese 1 . In k Abb. 25 siehst du eine Gel-Ektrophorese-Apparatur. Das Protein- oder Nukleinsäuregemisch wird angefärbt und in kleine Gruben im Gel 2 eingefüllt. Dann wird eine schwache Gleichspannung über zwei Elektro- den angelegt. Man macht sich hier die Tatsache zu Nutze, dass Proteine ebenso wie Nukleinsäuren nicht in neutralem Zustand vorliegen, sondern negativ geladen sind. Sie werden also von der Anode angezogen und wandern entsprechend schnell durch das Gel. Entscheidend ist hier die Molekülgröße: Kleine Moleküle wandern schneller (da sie weniger Wider- stand durch das Gel erfahren). Nach Abschalten der Span- nung wird das Gel entnommen. Die Laufstrecke der Proben wird mit Laufstrecken von bekannten Molekülen (so genann- ten Molekulargewichtstandards) verglichen. So kann die Molekülgröße bestimmt werden. Kathode Steg Kammer aus Plastik Anode Proteinbanden Glasplatten Gel Gel Puffer Puffer Gemisch aus 2 Proteinen 1 Protein A B C B A C Kleine Proteine wan- dern schneller durch das Gel als große (so wie ein Hase schneller durch das Unterholz kommt als ein Hirsch). Die Probe wird mit einer Pipette aufgetragen. Die Proteine wurden zuvor entfaltet und negativ geladen. Abb. 25: Gel-Elektrophorese. Mit dieser Methode können Moleküle nach ihrer Größe getrennt werden. Die abgebildete Apparatur wird zur Trennung von Proteinen verwendet, für Nukleinsäuren kommen horizontale Apparaturen zur Anwendung ( k Abb. 26). Abb. 26: Gel-Elektrophorese-Apparat zur Trennung von DNA-Proben. Glossar 1 Gel-Elektrophorese: vom Griechischen pher- ein für tragen. 2 Gel: Verschiedene Gele können als Träger- medium genutzt werden. Am häufigsten kom- men Agarose-Gele (Agar) oder Polyacrylamid- Gele zum Einsatz. Aufgabe W/E 1 Die Gel-Elektrophorese nutzt die Tat- sache, dass Proteine und Nukleinsäuren nicht in neutraler Form vorliegen, sondern negative Ladungen tragen. Dies kommt daher, dass bei beiden Molekülen funktionelle Gruppen vor- liegen, die in wässriger Lösung H + abspalten können. Stelle Hypothesen auf, welche funkti- onellen Gruppen das sein können und über- prüfe danach deine Hypothesen im Internet. 33 Grundlagen der Genetik Blick in die Forschung Der zelluläre Reparatur-Notdienst Irren ist menschlich… Wir alle machen Fehler. Auch auf molekularer Ebene kommt es ständig zu spontanen Schäden. In einer menschlichen Zelle sind es ca. 10 000 am Tag. Diese entstehen durch „molekulares Versagen“, also Fehler zB bei der Replikation der DNA, aber auch durch Einflüsse von außen, wie durch Gifte (etwa aus Zigarettenrauch) oder UV-Strahlung. Die Biochemikerin Dea Slade von der Universität Wien er- forscht mit ihrem Team, wie die Zelle diese Schäden repariert. Diesen Reparaturmechanismen verdankst du dein Leben, denn ohne sie würden an allen Stellen deines Körpers laufend schadhafte Zellen entstehen, von denen viele zu Krebszellen werden. Die Erforschung des zellulären Reparatur-Notdiensts ist also auch eine Suche nach neuen, effektiven Krebsthera- pien. Slade und ihr Team untersuchen DNA-Doppelstrangbrüche: Mit einem UV-Laser wird die DNA durchschnitten, ohne die Zelle zu töten. Dann lässt sich beobachten, welche Prozesse in Gang gesetzt werden, um den Schaden zu reparieren. Gene- r ll sind di se Abläufe sehr komplex: Viele verschiedene Trou- bleshooter-Proteine arbeiten an der Reparatur. Die Schwierig- keit ist die Beobachtung dieser molekularen Vorgänge. Beobachtung von Proteinen in Echtzeit Mit herkömmlichen Methoden lässt sich nicht detektieren, was nach dem Durchtrennen der DNA in der Zelle passiert. Folglich musste das Team um Slade gemeinsam mit Expertin- nen und Experten aus dem Feld Bio-Optics vom Vienna Bio- center eine eigene Mikroskopie-Technik entwickeln, um die Proteine in Echtzeit beobachten. Die FLIM-FRET-Technik (Flu- orescence Lifetime Imaging-Fluorescence Resonance Energy Transfer, k Abb. 27) ist eine weltweit einzigartige Technik, mit der nun das Zusammenspiel zweier Proteine in der Zelle be- obachtet werden kann. Dazu werden die potenziellen Bindungspartner mit unter- schiedlichen Fluorophoren 1 markiert. Das Besondere ist, dass das Emissionsspektrum des einen Bindungspartners mit dem Anregungsspektrum des anderen übereinstimmt. Wenn also beide Moleküle in Kontakt kommen, kann die Anregung des erst n Moleküls zur Anregung des zweiten führen. Anders gesagt: Wenn man nur das erste Molekül anregt, dann aber das zweite Molekül fluoresziert, weiß man, dass die Wechsel- wirkung erfolgt. Besonders bemerkenswert ist, dass es bereits einige Medi- kamente am Markt gibt, die auf Erkenntnissen dieser sehr neuen Technik beruhen, zB bei Eierstock- und Brustkrebs (PARP-Behandlung 2 ). Die Therapie hat aber noch etliche Nebenwirkungen, was damit zu tun hat, dass noch nicht ge- nau bekannt ist, was die Proteine genau tun. Dea Slade und ihr Team will das Wissen in diesem Bereich er- weitern, um diese und zukünftige Therapien effektiver zu ge- stalten. Ihr Projekt ist also ein Teil der Suche der Menschheit nach einem Heilmittel gegen Krebs – welcher immerhin für ca. ein Viertel aller Todesfälle in Österreich verantwortlich ist. Abb. 27: Die FLIM-FRET-Technik. Oben: Das Bild zeigt nur einen Teil der komplexen Apparatur: mit Linsen und Blenden wird ein UV-Laser gesteuert. Unten: Die Forscherinnen Dea Slade und Tanja Kaufmann analysieren ein Protein. Glossar 1 Fluorophor: Fluoreszierende Stoffe, die bei Anregung durch bestimmte Lichtwellenlän- gen ihrerseits charakteristische Wellenlängen abgeben. 2 PARP-Behandlung: Benannt nach dem En- zym Poly (ADP-Ribose) Polymerase, das am Prozess der DNA-Reparatur beteiligt ist. Aufgabe W/E 1 Suche im Internet nach den Original- arbeiten zB von Mendel und Watson/Crick. Vergleiche diese älteren Arbeiten mit einer der vielen im Buch angesprochenen neueren Publikationen (zB der ersten Seite der oben zitierten Publikation). Analysiere die Arbeiten (bzw. die erste Seite) hinsichtlich einiger Aspekte, etwa Sprache, Publikationsort, Zitate, Beschreibung der Methodik, etc. Literatur Kaufmann, T.; Grishkovskaya, I.; Polyansky, A.A.; Kostrhon, S.; Kukolj, E.; Olek K.M.; Herbert, S.; Beltzung, E.; Mechtler, K.; Peterbauer, T.; Gotzmann, J.; Zhang, L.; Hartl, M.; Zagrovic, B.; Elsayad, K.; Djinovic-Carugo, K.; Slade, D.: A novel non-canonical PIP-box media- tes PARG interaction with PCNA. In: Nucleic Acids Res. 2017, Jg. 45, Nr. 16, S. 9741–9759. Handlungskompetenzbereiche Mit jeder Aufgabe in die- sem Buch wird eine der drei Handlungskompetenzen trainiert. Die Buchstaben vor der Auf- gabennummer zeigen diese Handlungskompetenzen an. W …Wissen organisieren Du lernst dir Fachwiss n anzueignen, biologische Vorgänge zu benennen und zu erklären. E …Erkenntnisse gewinnen Du lernst duch Beobachten und Experimentieren selbst Erkenntnisse zu gewinnen und eigene Fragen und Hypothesen zu formulieren. S …Schlüsse ziehen Du lernst fachlich Stand- punkte zu begründen und die Bedeutung, Chancen und Risiken der erlernten Inhalte für deinen Alltag und für die Gesellschaft abzuschätzen. Nur zu Prüfzwecke – Eigentum des Verlags öbv

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