am Puls Biologie 8, Schulbuch

43 Vererbungsregeln und Humangenetik Durch Morgans Untersuchungen war klar, in wel- chen Fällen Gene gekoppelt bzw. unabhängig vererbt werden. Daneben fand Morgan aber auch Abweichungen: Bei einigen Untersuchun- gen zeigte sich, dass bestimmte gekopppelte Gene zu einem gewissen Anteil „entkoppelt“ wurden ( k Abb. 11). Wie kann das sein? Eingangs wurde schon der Vorgang des Crossing-over erwähnt, den du auch schon in der 6. Klasse kennen gelernt hast: Während der Meiose können sich homologe Chromosomen überkreuzen und dabei Chromo- somenstücke austauschen ( k am Puls Biologie 6, S. 51, Abb. 6). Dadurch können Allele, die auf dem gleichen Chromosom liegen, voneinander ge- trennt werden. Die Trennung gekoppelter Gene ist umso un- wahrscheinlicher, je enger die Gene beieinander liegen. Anders gesagt: Die Häufigkeit von sol- chen Entkopplungen ist ein Maß, mit dem man den Abstand von Genen voneinander bestimmen kann. Auf diese Weise lässt sich eine einfache Genkarte erstellen, also ein Schema des Chromo- soms, in dem verzeichnet ist, in welcher Reihen- folge und in welchem Abstand welche Gene lie- gen ( k Abb. 12). Dabei handelt es sich um relative bzw. genetische Genkarten . Heute werden mit molekularbiologischen Methoden auch absolute oder physikalische Genkarten erstellt, d. h. Gen- längen und -abstände gemessen. Durch Crossing-over kann es zum Ent­ koppeln von ge­ koppelten Genen kommen Abb.11: Entkopplung durch Crossing-over: Gekoppelte Gene können „entkoppelt“ werden, wenn während der Meiose Crossing-over auftritt. Der gezeigte Vorgang bezieht sich auf eine Rückkreuzung, bei der das Weibchen heterozygot ist. Allele: B (grau) b (schwarz) V (normal) v (verkümmert) Merkmal: Körperfarbe Flügelform Phänotyp grauer Körper normale Flügel schwarzer Körper verkümmerte Flügel Genotyp 575 1150 965 575 1150 944 575 0 185 83 % 1 7 % 575 0 206 Erwartete Zahlenverhältnisse bei unabhängigen Genen bei gekoppelten Genen Tatsächliches Ergebnis Bei 17 % der Nachkommen ist die Genkopplung aufgehoben × BbVv BbVv BbVv Bbvv Bbvv bbvv bbvv bbvv bbVv bbVv doppelt heterozygot doppelt homozygot 0 67,5 67,0 57,5 48,5 100 hellbrauner Körper ( B ) Wildtyp rote Augen ( C ) glatte Be- borstung ( S ) normale Flügel ( V) Genkarte: Chromosom II Mutante schwarzer Körper ( b , black) leuchtend rote Augen ( c , cinnabar) raue Be- borstung ( s , scabrous) verkümmerte Flügel ( v , vestigial) 17 b v 9 b c falls b – c – v, dann gilt 17 8 9 b c v falls c – b – v, dann gilt 17 26 9 c v b zwischen b und v : 17 % (siehe Abb. 4) Experimente liefern eine Rekombinationsfrequenz zwischen v und c von 9,5 %, damit ist die Reihen- folge b – c – v wahrscheinlicher. Absolute Angaben des Genortes sind nicht möglich. Es ergibt sich als mögliche Reihenfolge: zwischen b und c : 9 % c – b – v , dann ist die Rekombinationsfrequenz zwischen c und v (9 + 17), also ca. 26 % b – c – v , dann ist die Rekombinationsfrequenz zwischen c und v (17 – 9), also ca. 8 % Je häufiger zwei gekoppelte Gene durch Crossing-over getrennt werden, umso größer ist ihr Abstand auf dem Chromosom. Morgan definiert: Werden zwei Gene 1 von 100-mal voneinander getrennt, ist die Rekombinati- onsfrequenz 1% der relative Genabstand beträgt 1 Centimorgan (cM). Für die Allele b (schwarzer Körper), c (leuchtend rote Augen), v (verkümmerte Flügel) ermittelte er folgende Rekombinationsfrequenzen: Mit Hilfe von Kopp- lungsdaten können Genkarten erstellt werden Abb.12: Relative Genkarten: Aus Kopplungsdaten lassen sich die relativen Abstände von Gene aus einem Chromosom bestimmen, wie hier beispielhaft für das Chromosom II von Drosophila gezeigt. Crossing-over und Genkarten Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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