am Puls Biologie 8, Schulbuch

132 gv-Pflanzen, Herbizidresistenz und Saatgutabhängigkeit Der Einsatz von gentechnisch veränderten Pflan- zen ist umstritten. Einerseits haben diese neuen Sorten unbestreitbare Vorteile. So finden sich auf den Äckern vieler Länder mittlerweile Pflanzen, die auf salzigen Böden wachsen können, die ge- gen Insekten Gifte produzieren, deren Früchte mehr Öl oder Zucker enthalten ( k S. 126, Abb. 15). Andererseits könnte es zu einer Auskreuzung der Fremdgene kommen, besonders dann, wenn um die Äcker mit gv-Pflanzen ähnliche Arten wach- sen. Möglicherweise werden auch Markergene wie Antibiotikaresistenzen auf Wildpflanzen übertragen. Zudem sind viele gv-Pflanzen steril . Daher muss ein Landwirt oder eine Landwirtin das entspre- chende Saatgut immer wieder neu von dem je- weiligen Saatgutkonzern erwerben. Das trifft allerdings auch oft bei konventioneller Hybrid- züchtung zu (siehe S. 115). Derzeit besonders umstrittenen sind Glypho- sat-resistente gv-Pflanzen : Diese Pflanzen über- leben eine Behandlung mit Herbiziden wie „Roundup“, die den Wirkstoff Glyphosat enthal- ten. Dieses Totalherbizid tötet hingegen alle Pflanzen und damit auch Wildkräuter, die im Acker Feldfrüchten wie Mais oder Raps ( k Abb. 23) Nährsalze und Platz wegnähmen. Nun ist der Konzern, der diese resistenten Pflan- zen verkauft, zugleich weltgrößter Hersteller für Glyphosat. Damit kann diese Firma zum einen eine in der Anwendung auf dem Acker prakti- sche Kombinationslösung anbieten, zum ande- ren aber die Preise diktieren. Andererseits werden Herbizide ebenso in der konventionellen Landwirtschaft und im öffentli- chen Raum zur Bekämpfung von Wildkräutern eingesetzt. Zur Zeit gibt es eine intensive Auseinanderset- zung zwischen dem Hersteller, verschiedenen Forschungsteams, internationalen Organisatio- nen und eventuell durch Glyphosat geschädigten Personen darum, ob dieses Herbizid Krebs her- vorruft. Erste Schadensersatzansprüche in Millio- nenhöhe sind in den USA von Gerichten bereits bewilligt worden. Die grüne Gentech- nik kann Probleme lösen, aber auch neue schaffen Abb. 23: Ausbringen von Herbiziden in einem Rapsfeld. Gibt es ein „Recht auf Gene“? Die US-amerikanische Biotechfirma Myriad Ge- netics war entscheidend an der Entdeckung des „Brustkrebs“-Gens BRCA1 beteiligt. 2004 übergab die Firma ihre US-Patentrechte daran an die Uni- versität von Utah. 2008 erhielt diese vom Europä- ischen Patentamt zusätzlich das Recht an BRCA1 für Europa. Die Universität Utah konnte damit für jeden BRCA1 -Test Lizenzgebühren fordern – was sie in den USA, nicht aber in Europa getan hat. Folglich kostete ein BRCA1 -Test in Europa bis zu 1 500 Euro, in den USA aber deutlich mehr. Darf man auf ein Gen ein Patent anmelden? Die Entscheidung ist nicht einfach. Schließlich kostet die Entwicklung von Tests und Medikamenten sehr viel Geld. Im Fall von genetisch verursachten Krankheiten ist zudem die Identifikation der ent- sprechenden Mutationen oft sehr zeit- und kos- tenintensiv. Ohne Patentrechte und damit die Möglichkeit, mit darauf basierenden Tests oder Medikamenten Gewinne zu erzielen, würden viele davon vermutlich nicht entwickelt werden. Dennoch stellt sich die grundsätzliche Frage, ob man ein natürlich vorkommendes Gen oder gar Lebewesen patentieren kann. Diese Überlegung hat sogar volkswirtschaftliche Bedeutung: Meh- rere Schwellenländer wie Brasilien haben die Er- fahrungen gemacht, dass westliche Pharmakon- zerne in ihren Urwäldern nach Pflanzen oder Tieren mit neuen Wirkstoffen forschten, letztlich aber nicht bereit waren, Gewinne von daraus entwickelten Medikamenten mit den Ländern zu teilen, in denen sie diese Wirkstoffe entdeckt hatten. In den USA hat der Oberste Gerichtshof mittler- weile entschieden, dass menschliche Gense- quenzen nicht patentierbar sind. Daraufhin fiel dort der Preis für den BRCA1 -Test deutlich. Das Europäische Patentamt erteilt nach wie vor Pa- tente auf menschliche Gene, sofern deren „Akti- vität in der Patentanmeldung beschrieben wurde und nicht naheliegend ist.“ Patente auf Gene könnten zu teuren Gentests oder Medi- kamenten führen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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