am Puls Biologie 8, Schulbuch

130 Stammzelltherapie und virale Genfähren – Chancen und … Könnte man die Gentechnik nutzen, um gene- tisch bedingte Krankheiten zu heilen? Bereits um die Jahrtausendwende herum gab es Therapie- ansätze für Kinder, die an X-chromosomaler schwerer kombinierter Immundefizienz (X-SCID) litten. Sie müssen in einer sterilen Umgebung leben, da ihr Immunsystem nicht funktioniert, und haben eine kurze Lebenserwartung. Den Kindern wurden blutzellbildende Stammzel- len entnommen, die man von einem entschärf- ten Virus infizieren ließ. „Entschärft“ heißt, dass krankmachende Gene aus dem Erbgut des Virus entfernt wurden. Die virale Gentherapie nutzt die Fähigkeit von Viren, ihr Erbgut in das Genom der befallenen Wirtszelle einzusetzen. In diesem Fall ging es um das Gen IL-2 RG . Es stellt einen Rezeptorteil her, der für die Bildung von Abwehrzellen entscheidend ist. Erfolgreich transformierte Blutstammzellen gelangten da- nach per Infusion zurück in den Körper der jun- gen Patienten und konnten dort die Entwicklung eines normalen Immunsystems in Gang bringen ( k Abb. 21). Bei der Gentherapie wird ein funktionie- rendes Gen mittels viraler Vektoren in das Genom eines Menschen einge- setzt Mit Vektoren (hier Viren) wird das Gen für das fehlende Genprodukt auf die Stammzellen übertragen. Die transgenen Zellen werden isoliert und zurück übertragen, damit sie im Pa- tienten das fehlende Genprodukt bilden. Adulte Stammzellen werden dem roten Knochenmark eines Patienten entnommen und vermehrt. Stammzelle Virus Membran- rezeptor Abb. 21: Bei der somatischen Gentherapie werden teilungsfähige Körperzellen entnommen, transformiert und übertragen. …Risiken Allerdings erkrankten einige der behandelten Kinder an Leukämie . Denn bei der viralen Gentherapie kann man nicht kontrollieren, wo ein Gen eingebaut wird. Möglicherweise bewirk- te der Einbau von IL-2 RG in der Nähe eines Pro- moters von einem Krebs-fördernden Gen dessen Anschalten. Neuere Genfähren scheinen dieses Risiko zu mindern. Alternativ werden virale Genfähren ver- wendet, die das gewünschte Gen nicht in das Wirtsgenom einbauen, sondern es als Episom (eigenständiges genetisches Element) im Zell- kern hinterlassen. Diese Therapie muss jedoch alle paar Jahre erneuert werden, weil ein Episom als Fremdkörper von der Zelle nicht vermehrt wird. Dennoch besteht auch hier ein weiteres Risiko: War die Patientin/der Patient bereits zuvor mit einem vergleichbaren Virus in Kontakt genom- men, kann es aufgrund der hohen Viruszahl bei der Therapie zu einer potentiell tödlichen Immunreaktion kommen. Daher wird in der Gentherapie seit einiger Zeit nach Alternativen gesucht, etwa dem Einsatz von Plasmiden oder Oligonukleotiden (zB bei zysti- scher Fibrose oder Diabetes). Im Jahr 2017 analy- sierte ein US-amerikanisches Forschungsteam dazu über 300 Studien (Hardee et al., 2017. Ad- vances in non-viral DNA vectors for gene therapy. Genes; 8: 65). Diese Alternativen befinden sich noch in der Erprobung, scheinen aber deutlich sicherer und einfacher in ihrer Anwendung zu sein. Der unkontrollierte Einbau eines Gens mittels Genfähre kann Krebs hervor- rufen Aufgabe W 1 Liste in Form einer Tabelle auf, was der Agrobacterium -vermittelte und der virale Gentransfer gemeinsam haben, und worin sie sich unterscheiden. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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