am Puls Biologie 8, Schulbuch

124 Gentechnik: neue Organismen durch Übertragung von Fremdgenen Der genetische Code ist universell. Deswegen können Gene einer Art mittels Transkription und Translation von jeder anderen Art zunächst in RNA und dann in Proteine umgeschrieben wer- den. Das macht man sich in der Gentechnik zu- nutze. Dabei werden nicht nur, wie am Anfang dieses Kapitels erwähnt, Artgrenzen überschrit- ten. Es ist ja durchaus vorstellbar, dass ein Raps- Gen im Gemüsekohl oder im Schwarzen Senf funktioniert – gehören doch alle drei Arten zur Familie der Kreuzblütengewächse (Kohlgewäch- se). Man kann jedoch generell Gene von Pro- und Eu- karyoten in das Genom von anderen Eukaryoten oder Bakterien einsetzen. Das entstehende Lebe- wesen ist in jedem Fall ein gentechnisch verän- derter Organismus (GVO) – ohne technische Hilfsmittel käme er in der Natur nicht vor. In seltenen Fällen stimmt diese Aussage nicht: Es gibt einige wenige Fälle, da Prokaryoten tat- sächlich auch in der Natur genetisches Material an Eukaryoten weitergeben. Dieser natürliche horizontale Gentransfer 1 wurde u. a. bei einem Bodenbakterium entdeckt, das dann in der Gentechnik Verwendung fand: Agrobacterium tumefaciens ( k Abb. 12). Horizontaler Gentransfer fand zB bei der Süßkartoffel statt, die tatsächlich DNA-Fragmente von A. tumefaciens enthält. Hori- zontaler Gentransfer wurde auch bei einigen Blattlausarten gefunden: Sie haben offenbar von Pilzen die Gene für die Synthese von Carotinoi- den übernommen. Evolutionär gesehen ist der natürliche horizontale Gentransfer jedoch ein extrem seltenes Ereignis. Horizontalen (latera- len) Gentransfer gibt es auch in der Natur – er ist aber höchst selten Die T-DNA gelangt durch einen neuen Kanal von der Bakterien- in die Wirtszelle und wird im Zellkern in die Wirts-DNA eingebaut. Wo dies geschieht, ist rein zufällig. Die T-DNA enthält Gene für die Synthese der Wachstumshormone Cytokinin und Auxin sowie von Opinen. verwundetes Pflanzengewebe schüttet den Stoff Acetosyringon aus. Acetosyringon wirkt als Lock- stoff für A . tumefaciens und ak- tiviert bestimmte Virulenzgene ( vir ) auf dessen Plasmid. Diese vir -Gene synthetisieren Transportproteine und Kanal- proteine sowie Enzyme, die eine Kopie der T-DNA (Transfer- DNA) herstellen. Dadurch wird die Wirtszelle dazu gebracht, vermehrt Cytokinin und Auxin zu produzieren. Das führt zu vermehrter Zellteilung und letzt- lich zur Bildung eines Tumors. Zellen mit bakte- rieller T-DNA stellen zudem Opine her. Das sind stickstoffreiche organische Verbindungen, die A. tumefaciens als Nahrung dienen. Zellwand Kernmembran mit Poren Cytokinin, Auxin, Opine T-DNA-Kopie T-DNA vir -Gene Bakterien-DNA e Abb.12: Natürlicher Gentransfer von Agrobacterium tumefaciens in Pflanzenzellen. Dabei wird eine Kopie der T-DNA des Plasmids in das Wirtsgenom eingebaut. Information und Kommunikation Steuerung und Regelung Glossar 1 horizontaler Gentransfer (auch lateraler Gentransfer): Weitergabe genetischen Mate- rials von einem Lebewesen zu einem anderen, die nicht durch Vererbung an Nachkommen erfolgt Aufgabe W 1 Schau dir Abb. 12 noch einmal genau an. Diese Grafik stellt modellhaft den Vor- gang einer DNA-Übertragung zwischen zwei Organismen dar. Zeige mithilfe deines Wis- sens von Zellen auf, wo dieses Modell der Realität entspricht und welche Mängel es aufweist (Modellkritik). Erkläre, weshalb die Grafik trotzdem als Modell dienen kann. Basiskonzepte Information- und Kommunikation: Acetosyringon (und andere Stoffe, die von verletztem Pflanzengewebe abge- geben werden), dienen als Signalstoffe für A. tumefaciens : Das Bakterium wird durch sie angelockt. Steuerung und Regelung: Der Einbau von bakterieller T-DNA in das Wirtsge- nom verändert den Stoffwechsel der Wirts­ zelle; sie wird praktisch fremdgesteuert. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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