am Puls Biologie 8, Schulbuch

119 Bio- und Gentechnik Der Spurensicherung der Kriminalpolizei genügt 1 ng DNA für eine gerichtsmedizinische Analyse. Für die Aufklärung eines Einbruchs reicht somit ein einziger Blutstropfen, den ein Täter oder eine Täterin am Tatort hinterlassen hat. Kriminaltechniker und -technikerinnen isolieren und reinigen die DNA. Doch diejenigen Abschnit- te unseres Erbmaterials, die für Gene codieren, sind bei allen Menschen weitgehend ident – wir gehören ja zu derselben Art. Es gibt allerdings viele Bereiche in unserer DNA, die nicht in Protei- ne übersetzt werden. Diese nicht-codierenden DNA-Abschnitte variieren oft genauso stark zwi- schen einzelnen Individuen wie deren Fingerab- drücke. Besonders oft werden in der Gerichtsme- dizin (Forensik) Mikrosatelliten analysiert – auch Short Tandem Repeats (STRs) genannt. Das sind Wiederholungen von zwei bis sechs Basenpaa- ren, zB TACTAC… Hier kommt es auf die Anzahl der Wiederholungen und damit die Länge dieser spezifischen DNA-Abschnitte an. DNA-Abschnitte mit einer unterschiedlichen Anzahl an solchen Wiederholungen werden „ Allele “ ge- nannt. Ein Beispiel: Der Mikrosatellit D7 S820 auf Chromosom 7 besteht aus fünf bis 16 Wiederho- lungen von GATA. Daher gibt es zwölf Allele für D7S820. Wenn du nun auf einem Chromosom 7 14 GATA-Wiederholungen, auf dem anderen Chro- mosom 7 aber nur elf GATA-Wiederholungen bei D7S820 trägst, hast du von deinen Eltern unter- schiedliche „Allele“ vererbt bekommen. Da es zwölf verschiedene „Allele“ für diesen Mikrosatelliten gibt, existieren insgesamt 78 mögliche Paarungen. Von diesen sind zwölf „homozygot“ (gleich in der Anzahl bei Mutter und Vater) und 66 „heterozy- got“ (Vater und Mutter vererben D7S820 mit un- terschiedlicher Anzahl an Wiederholungen). Vergleicht man mehrere Mikrosatelliten, ist die Wahrscheinlichkeit extrem gering, eine exakte Übereinstimmung bei zwei Menschen zu finden. Diese DNA-Typisierung oder genetischer Finger- abdruck genannte Methode ist daher sehr genau in der Identifizierung einer Person – vorausge- setzt, die Probe ist nicht mit anderer DNA kontaminiert. Die europäische Polizeibehörde nutzt zehn Mikrosatelliten zur Verbrechensaufklärung und zur Identifizierung von Toten. Auch bei Vater- schaftstests wird diese Methode angewendet. Möglich ist das nur dank der Polymerase-Ketten- reaktion (PCR) und der Gelelektrophorese ( k S. 32). Sie erlauben, kleinste DNA-Mengen zu vervielfältigen und sichtbar zu machen ( k Abb. 5): Mit Hilfe spezifischer Primer werden die jeweiligen Mikrosatelliten vervielfältigt und in Agarosegelen aufgetrennt. Allerdings kann es sein, dass sich zwei „Allele“ bei einem Mikrosatelliten lediglich in einem Basenpaar Länge unterscheiden. Hier ist die herkömmliche Gelelektrophorese zu ungenau, weshalb in solchen Fällen die PCR-Produkte sequenziert werden. Dieses Verfahren lernst du auf der folgenden Seite kennen. Mikrosatelliten sind sehr kurze DNA-­ Sequenzen Vergleicht man die Länge mehrerer Mik- rosatelliten, erhält man ein Muster, das für jedes Individuum spezifisch ist – den genetischen Finger- abdruck Variabilität, Verwandt- schaft, Geschichte und Evolution DNA-Wiederholungssequen- zen (zB AT, TAC) werden mittels PCR vervielfältigt. Das Bandenmuster des Verdächtigen A stimmt mit den Tat- ortspuren überein. In einer Gel-Elektrophorese wandern kurze DNA-Abschnitte weiter als lange. Die Banden- muster lassen sich vergleichen. Die Länge der Mikrosatelliten ist von Person zu Person verschieden. Tatortspuren Verdächtiger A Verdächtiger B Tatort- spuren A B AT A B TAC A B isolierte DNA vervielfältigte DNA Gel-Elektrophorese Abb. 5: Für einen genetischen Finger­ abdruck werden DNA-Isolierung, PCR und Gel-Elektrophorese kombiniert. Aufgabe W/E 1 Finde die Formel, mit deren Hilfe die Anzahl möglicher Paarungen bei einem Mikrosatelliten berechnet werden kann. Nutze dazu die Angaben im Text zu D7S820. Basiskonzept Variabilität, Verwandtschaft, Geschich- te und Evolution: Die hohe Variabilität nicht-codierender DNA ermöglicht die DNA-­ Typisierung von Individuen einer Art. Biotechnologie in der Gerichtsmedizin – der genetische Fingerabdruck Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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