am Puls Biologie 8, Schulbuch

117 Bio- und Gentechnik Zuchtziele bei Hunden Das erste Haustier des Menschen war vermutlich der Hund. Durch Domestizierung des Wolfes wur- de daraus vor etwa 40 000 Jahren ein Tier, das dem Menschen als Wach- und Jagdhund diente. Friedfertigkeit und Gehorsam gegenüber dem Halter dürften wesentliche Selektionsmerkmale gewesen sein. Dackel, Schäferhund, Bernhardiner, Husky – heute gibt es mehr Hunderassen als Länder. Die Fédération Cynologique Internationale, die wichtigste internationale Vereinigung zu Hun- den, listete 2018 361 Hunderassen auf. Die meisten Haushunde gäbe es ohne Züchtung nicht. Sie sind das Produkt einer teilweise jahr- hundertealten Selektion durch den Menschen. Beispiel Dackel : Dessen Vorfahren waren vermut- lich Hunde der Rasse der Bracken. Sie besaßen bereits recht kurze Läufe (Beine), Hängeohren, einen hervorragenden Spürsinn und eine stark ausgeprägte Wildschärfe 1 . Wahrscheinlich im Mittelalter gelang es, daraus eine Rasse mit leichterem Körperbau und noch kürzeren Beinen zu erzeugen, so dass die Tiere in die Baue von Füchsen und Dachsen eindringen konnten. Aus dem Jagdhund von einst ist heute ein beliebter Haushund geworden. Doch manche Züchtungen bedeuten für ein Tier viel Leid. So hört man bei etwa zwei Dritteln aller Möpse und Französischen Bulldoggen deutliche Atemgeräusche. Die deutsche Bundestierärzte- kammer stuft das als Qualzucht ein: Von Geburt an leiden viele dieser Tiere an chronischer Atem- not. Denn sie wurden gezüchtet, um dem Kind- chen-Schema zu entsprechen: vergleichsweise großer Kopf mit starker Stirnwölbung, große Au- gen, kleine Extremitäten etc. ( k Abb. 4). Die Zucht hin zur Stupsnase hat negative Begleitfolgen: Das Rachengewebe, das ursprünglich auf eine lange Schnauze verteilt war, hat nun sehr wenig Platz. Dadurch werden die Atemwege von Haut- lappen blockiert. Bei allen Züchtungen muss sich der Mensch fragen, wie viel Tierleid für die Selektion auf be- stimmte Merkmale in Kauf genommen werden darf. Schließlich haben viele Menschen große Freude an ihren Haustieren – die sollte nicht durch falsche Züchtung getrübt werden. Der Dackel wurde für die Jagd auf Füchse und Dachse selektiert Abb. 4: Mops. Die Form des Schädels ist das Resultat von Züchtungen auf das Kindchenschema. Züchtung gibt es auch in der Öko-Landwirtschaft Die Frage des Tierwohls beschäftigt auch Züchte- rinnen und Züchter im ökologischen Landbau. Dabei wird die natürliche Begattung („Natur- sprung“) der künstlichen Besamung vorgezogen und biotechnologische Vermehrungspraktiken wie Klonen abgelehnt. Das vorrangige Zuchtziel ist nicht die kurzfristige Erzeugung maximaler Erträge (zB Milchleistung), sondern eine stand- ortangepasste und langlebige Nutzung der Tiere . Im Vergleich zu konventioneller Tierzucht und Tierhaltung steht eine ökologische Tierzucht wegen höherer Standards vor besonderen Her- ausforderungen. Beispielsweise wird auf höchst- wertiges Kraftfutter und reine Stallhaltung ver- zichtet. Die Zucht in der ökologischen Tierhaltung wird zudem durch die oft geringe Anzahl der Tiere auf einem Hof erschwert. Der Weg zu ökologischer Tierzucht in großem Maßstab ist zB bei Hühnern noch weit. Denn die zur Verfügung stehenden Hochleistungsrassen werden von wenigen globalen Unternehmen an- geboten. Deshalb nutzen viele Bio-Betriebe die gleichen Tiere aus Hybridzucht wie ihre industri- ellen Konkurrenten: Legelinien für die Eierpro- duktion und Mastlinien für die Fleischprodukti- on. Zwar werden die Tiere besser gehalten. Aber auch in der Zucht sollten entsprechende Stan- dards gelten. Tierwohl vor Ertrag, aber Abhängigkeit von Großzüchtern Glossar 1 Wildschärfe: Ausdruck der Jägersprache; bezeichnet die Eignung eines Hundes, ein ge- jagtes Tier schnell und sicher zur Strecke zu bringen, wenigstens aber für den Jäger oder die Jägerin zu stellen. Aufgabe S 1 Recherchiere nach Beispielen für Qualzucht (zB bei Katzen, Wellensittichen, Hunden). Schreibe einen kurzen Text dazu für Kinder, die ein Haustier erwerben wollen. Beschreibe dabei, welche Merkmale bei dem von dir gewählten Beispiel auf Qualzucht hin- weisen, nenne Alternativen und begründe, warum du vom Kauf einer bestimmten Rasse abrätst. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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