am Puls Biologie 8, Schulbuch

115 Bio- und Gentechnik 6.1 Züchtung von Pflanzen und Tieren Förderung gewollter und Unterdrückung ungewollter Eigenschaften Nahrung ist oft knapp. Dies ist der entscheiden- de Grund, warum die Menschheit, seit sie weit- gehend sesshaft geworden ist, Pflanzen und Tie- re zu züchten versucht, die mehr Ertrag bringen als ihre natürlichen Vorläufer. Mit „Ertrag“ sind Korngröße und -menge, Eiweißgehalt (zB bei Bohnen), Milchproduktion, Fleisch etc. gemeint. Klassische Züchtung beruht darauf, dass man ge- wollte Eigenschaften einer Pflanzensorte oder Tierrasse verstärkt und/oder mit anderen ge- wünschten Eigenschaften kombiniert . Umgekehrt werden ungewollte Eigenschaften (zB bitterer Geschmack beim wilden Raps) durch Züchtung eliminiert . Züchtung kann aber nur funktionieren, wenn es genetische Variation gibt, aus der man auswäh- len kann. Zudem ist zu beachten, dass viele Merkmale po- lygen sind: So wird der Fett- und Proteingehalt der Milch von den Produkten mehrerer Gene be- einflusst. Züchtung als Voraus- setzung einer stabi- len Versorgung mit Nahrung Klassische Züchtungsformen bei Pflanzen Bei der Auslesezüchtung wird darauf geachtet, dass nur die Pflanzen Samen produzieren, die das gewünschte Merkmal tragen. Andere werden an der Samenbildung gehindert. Das geschieht über viele Generationen. Selbstbestäubende Pflanzen (zB Weizen und Erbse) und Pflanzen wie die Erdbeere, die sich vegetativ (klonal) ver- mehren, sind hierbei einfacher zu handhaben. Bei Pflanzen, die auf Fremdbestäubung angewie- sen sind (zB Roggen) ist dies schwieriger: Hier müssen entweder ausreichend Individuen mit der gewünschten Ausprägung eines Merkmals in unmittelbarer Nähe wachsen oder die Narben werden künstlich bestäubt mit Pollen von Pflan- zen, die das gewollte Merkmal aufweisen. Ein Beispiel für Auslesezüchtung zeigt Abb. 1. Die Kombination von erwünschten Eigenschaften verschiedener Individuen erreicht man durch Kreuzungszüchtung . So kreuzte man eine ertrag- reiche, jedoch frostempfindliche Weizensorte aus England mit einer wenig ertragreichen, aber frostertragenden Weizensorte aus Schweden zum „Panzer-Weizen“. Er bringt einerseits reiche Frucht und ist andererseits winterhart. Bei der Hybridzüchtung werden genetisch unter- schiedliche Pflanzen gekreuzt, die aber jeweils weitgehend homozygot sind. Homozygotie wird erreicht, indem wiederholt Individuen der glei- chen Abstammungslinie miteinander gekreuzt werden. Damit erreicht man eine Selektion auf bestimmte Eigenschaften. Allerdings bewirkt die- se Inzucht oft eine herabgesetzte Fruchtbarkeit . Die Nachkommen, die aus der Hybridzüchtung hervorgehen, sind heterozygot, was oft eine ver- stärkte Ausprägung der gewünschten Merkmale nach sich zieht und als Heterosiseffekt bezeich- net wird. So könnten Heterosis-Pflanzen eine er- höhte Resistenz gegenüber Hitze zeigen, wenn die entsprechenden Stoffwechselproteine, die von jedem Allel gebildet werden, unterschiedli- che Temperaturoptima aufweisen. Allerdings schwächt sich dieser Effekt bei jeder Generation ab, da es immer wieder auch reinerbige Nach- kommen geben wird ( k S. 38 ff.). Zudem treten dadurch zum Teil ungünstigere Eigenschaften der Eltern wieder zutage ( Inzuchtdepression ). Deswegen werden fast ausschließlich die Samen der direkten Kreuzungsnachkommen gesät. Auslese-, Kreuzungs- und Hybridzüchtung sind klassische Zuchtverfahren Karfiol Mutation des Blütenstands Mutation der Sprossenachse Mutation des Haupttriebs Mutation des Seitentriebs Blattmutation Wildkohl Kohlrabi Rotkohl (Blaukraut) Kopfkohl Sprossenkohl Abb.1: Auslese- züchtung brachte aus dem Wildkohl durch spezifische Selektion einzelner Merkmale eine Vielzahl neuer Kohlformen hervor. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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