am Puls Biologie 8, Schulbuch

104 Arten können schrittweise oder sprunghaft entstehen 5.2 Der Verlauf der Artbildung Artbildung kann explosiv erfolgen und wiederholt zu Ähnlichem führen Artbildende Prozesse können auch auf „ explosi- ve“ Art und Weise stattfinden kann, wie zB die adaptive Radiation bei Buntbarschen in den ost- afrikanischen Seen ( k Abb. 8). Diese Seen sind geologisch jung, dh weniger als 25 Millionen Jahre alt, und nur selten bestanden Verbindung zwischen den Seen, über die wenige Arten ein- wandern konnte. Daraus sind pro See Hunderte verschiedener Arten entstanden – teils durch sexuelle Selektion neuer Farbmuster (Sympatrie), teils durch Besiedlung von Lebensräumen unter- schiedlicher Tiefe und damit einhergehender räumlicher Trennung (Allopatrie). Im Victoriasee sind zB aus einer eingewanderten Buntbarschart etwa 500 neue Arten entstanden, viele davon in weniger als 12 000 Jahren. Dabei sind in den Seen unabhängig voneinander Arten entstanden, die sich in Körperform, Fär- bung und Verhalten täuschend ähneln, obwohl die Gründerart je eine andere war ( k Abb. 8). Die- se Fälle zeigen, wie sich unterschiedliche Arten durch natürliche Selektion unter den gleichen Bedingungen an einem anderen Ort ähnlich spezialisieren. Diese voneinander unabhängige Evolution ähnlicher (analoger) Merkmale hast du schon als Konvergenz kennengelernt ( k S. 113, sowie am Puls Biologie Band 6, S. 108). In neuen Lebens- räumen können sehr schnell viele neue Arten entstehen, oft auch konvergent Ramphochromis longiceps Bathybates ferox Pseudotropheus microstoma Julidochromis ornatus Melanochromis auratus Cyphotilapia frontosa Cyrtocara moorei Lobochilotes labiatus Placidochromis milomo Tropheus brichardi schlanke Fischfresser Rudolfsee 0 500 km Victoriasee Tanganjikasee Tanganjikasee Malawisee Malawisee gestreifte Aufwuchsfresser beulenköpfige Aufwuchsfresser dicklippige Aufwuchs- Allesfresser kurzköpfige Aufwuchsfresser Abb. 8: Buntbarsche zeigen eine ausgesprochene Vielfalt in Farbe, Form und Lebensweise. In den meisten Seen entstanden unabhängig voneinander ähnliche, konvergente Formen. Die Darwin’sche Vorstellung von Artbildung wird manchmal als Gradualismus bezeichnet: Anpas- sungen entstehen graduell, schrittweise, als An- häufung kleiner Änderungen, bis der Punkt er- reicht ist, ab dem man von einer neuen Art spricht. Es gibt aber auch Formen der Änderung, die ei- nen großen Schritt in Richtung Artbildung ma- chen – oder sogar mit einem einzigen Ereignis eine Reproduktionsbarriere entstehen lassen. Evolution durch solche zeitlich begrenzten Schritte nennt man Punktualismus . Darwin kann- te diese Prozesse nicht, weil dazu Kenntnisse der Genetik nötig sind, die zu seiner Zeit nicht ver- fügbar waren. Ein Beispiel dafür ist die oben schon angespro- chene Hybridisierung : Hybride oder Bastarde entstehen durch Kreuzung nahe verwandter Ar- ten und besitzen eine komplett funktionsfähige Genomhälfte beider Eltern. Das kann oft Vorteile bringen, weil sozusagen das Beste aus zwei Evo- lutionslinien vorliegt. Oft sind die Hybride dann aber nicht fortpflanzungsfähig, weil deren Nach- kommen dann unbalancierte Kombinationen von Eigenschaften aufweisen. In seltenen Fällen kön- nen sich zufällig fortpflanzungsfähige Hybriden ergeben, die sich deutlich von den Eltern unter- scheiden. Diese punktuelle Evolution ist bei vie- len Orchideen, Schmetterlingen oder Korallen nachgewiesen. Schrittweise kleine Anpassungen kön- nen ebenso zur Bildung neuer Arten führen wie punktu- elle, die eine Repro- duktionsbarriere ausbilden Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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