am Puls Biologie 6, Schulbuch

39 Hormonsystem Hormone verändern das Verhalten Es ist bekannt, dass die Geschlechtshormone nicht nur die Ausprägung der Geschlechtsmerk- male beeinflussen (siehe S. 66). Daneben haben sie auch Einfluss auf das Verhalten: Das männ- liche Geschlechtshormon Testosteron bewirkt eher „draufgängerisches“ Verhalten bei Bur- schen, während Mädchen durch Änderungen des Östradiol-Spiegels zu Stimmungsschwankungen neigen. Ein weniger bekanntes, aber sehr aussagekräf- tiges Beispiel zeigt sich anhand einer Unter- suchung von Präriewühlmäusen. Diese Tiere sind streng monogam 1 (im Vergleich zu polygamen 2 Bergwühlmäusen), d. h. sie zeigen langfristige Partnerbindung. Hier wurde ein Zusammenhang mit dem „Kuschelhormon“ Oxytocin gefunden. Die Forscherinnen und Forscher versetzten eine Präriewühlmaus in eine Stresssituation und setz- ten sie dann zurück zum Partner. Sofort kuschel- ten die Tiere aneinander und begannen mit ge- genseitiger Fellpflege, um den Stress zu lindern. Dies erfolgt nur bei Partnern, nicht bei „Frem- den“. In weiteren Tests wurden den Tieren Oxytocin-Antagonisten (d. h. Stoffe, die als Ge- genspieler zu Oxytocin wirken) in verschiedene Gehirnbereiche injiziert ( k Abb. 8, links). Bei Injek- tion in Hirnareale, die mit Sozialverhalten und Belohnung zu tun haben, zeigt sich folgende Wirkung: Die Fellpflege erfolgt nun verstärkt bei Fremden, die Tiere verhielten sich also plötzlich „untreu“, eher polygam. Eine Injektion in einen Bereich, der eine andere Funktion hat (Bewe- gungskontrolle), zeigte keine Wirkung. Es ist allerdings nicht so einfach, dass Oxytocin eine polygame Art plötzlich monogam macht. Vielmehr kommt es auf die artspezifische Vertei- lung der Oxytocinrezeptoren im Gehirn an. Beim Vergleich der Verteilung zeigt sich für Prärie- wühlmäuse ein anderes Bild als bei Bergwühl- mäusen ( k Abb. 8, rechts). Die Forscherinnen und Forscher konnten einen hormonellen „Empathie“-Mechanismus nachwei- sen, der auch bei Menschen und Menschenaffen bekannt ist. Dies zeigt beispielhaft, dass kom- plexe, alltägliche Verhaltensweisen durch mole- kulare Vorgänge kontrolliert werden. Bei Präriewühl- mäusen wurde durch gezielte Oxytocin-Injektionen Änderungen des Verhaltens her- vorgerufen Abb.8: Zusammenhang zwischen Oxytocin und Verhalten bei Präriewühlmausweibchen. Bei Behandlung mit Oxytocin-Antagonisten in Gehirnstrukturen, die mit Emotionen oder Sozialverhalten zu tun haben (NAcc, PFC) ändert sich das Verhalten (links). PFC PFC NAcc NAcc CP CP 0 20 40 60 80 Kontrolle ohne Hemmung NAcc PFC CP Zeit mit Fellkontakt (min pro 3 Std. Test) Das caudate Putamen (CP) ist an der Bewe- gungskontrolle beteiligt. Der Nucleus accumbens (NAcc) ist ein Zentrum des Belohnungssystems im Gehirn. Oxytocin-Antagonisten wurden in die jeweiligen Gehirnstrukturen der Präriewühlmäuse injiziert. Der präfrontale Cortex (PFC) kontrolliert Sozialverhalten und Zukunftsplanung. Präriewühlmäuse, monogam Bergwühlmäuse, polygam Fellkontakt mit Partner Fellkontakt mit Fremden Unterschiedliche Verteilung der Oxytocinrezeptoren im Gehirn (rot) „treu“ „treu“ „untreu“ „untreu“ Glossar 1 Monogamie: vom Griechischen monos = allein und gamos = Ehe, bezeichnet eine Part- nerschaft mit nur einem Partner („Einehe“) 2 Polygamie : vom Griechischen polys = viel, be- zeichnet die Partnerschaft mit vielen Partnern („Vielehe“) Aufgaben S 1 Oxytocin ist in bestimmten Nasen- sprays enthalten und kann bei Schwangeren Wehen auslösen. Diskutiere, ob man durch solche Nasensprays Menschen „treu“ machen kann. W 2 Der oben genannte Sachverhalt wur- de unter dem Titel „Oxytocin-dependent conso- lation behavior in rodents“ von J.P. Burkett et al. im renommierten Fachblatt Science publiziert (Science 351, 2016, S. 375–378). Suche im Internet nach dem Artikel, lies das Abstract und versuche, diesen Text möglichst exakt ins Deutsche zu übersetzen (mit Hilfe deines Wissens aus dem o.g. Text). Was ist die Aufgabe eines Abstracts bei wissenschaft- lichen Arbeiten? Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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