am Puls Biologie 6, Schulbuch
34 Hormone wirken langsam, aber andauernd Die Abgabe (Sekretion) und der Transport von Hormonen brauchen Zeit. Im Vergleich zu der blitzschnellen Wirkung von neuronalen Signalen ist Hormonwirkung langsam. Auch wenn das ein Nachteil zu sein scheint (schließlich sollen Aktio- nen oder Reaktionen schnell erfolgen), hat die hormonelle Steuerung doch ihren Sinn. Langfris- tige, großflächige Prozesse wie Wachstum oder Verdauung müssen nicht in Sekundenbruchteilen ausgelöst werden. Gleiches gilt zB für die Häu- tung bei Insekten. Die Ansteuerung solcher Pro- zesse soll aber eine gewisse Zeit anhalten (bis eben die Rückkoppelungsschleife die Hormon- produktion zurückfährt). Neben der Dauer ist auch die „Flächenwirkung“ von Hormonen ein Vorteil. Sollte etwa Wachstum durch Nerven gesteuert werden, müsste jede Zelle mit einem Neuron verbunden sein, das nur für diesen Zweck existiert. Das wäre so, als würde ein Radiosender in jeden Haushalt ein eigenes, spezielles Kabel nur für die Übertragung des eigenen Programms legen. Viel sinnvoller ist die breite Abgabe von Hormonen (entsprechend der Ausstrahlung des Radioprogramms), und je- de Zelle „fischt“ sich die gewünschten Hormone mit dem passenden Rezeptor aus dem Blut (so wie Menschen bei Bedarf ihr Radio auf die gewünschte Frequenz einstellen). Hormonelle Signale sind langsamer als neuronale Signale, wirken aber über einen viel längeren Zeitraum Die meisten Hormone lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Peptid- und Steroidhormone ( k Abb. 3). Peptidhormone bestehen aus gefalteten Amino- säureketten (Peptide sind kurze Proteine mit Kettenlängen von unter 100 Aminosäuren). Peptide sind daher zu groß, um Membranen zu durchdringen. Drüsenzellen packen sie daher in Membranvesikel, die dann für die Abgabe mit der Membran verschmelzen und so aus der Drü- senzelle abgegeben werden. Die wasserlöslichen Peptide werden dann im Blut transportiert, bis sie an einer Zielzelle vorbeikommen. Sie sind zu groß, um in die Zelle einzudringen, deshalb sitzen pas- sende Rezeptoren an der Zellmembran der Ziel- zelle. Jedes Peptidhormon kann an einen passen- den Rezeptor andocken (Schlüssel-Schloss- Prinzip, k Abb. 3 oben). Der aktivierte Rezeptor setzt dann eine Signalkaskade in Gange, d. h. er aktiviert sekundäre Botenstoffe in der Zelle. Dadurch kann das Signal auch verstärkt werden. Ein bekanntes Beispiel für ein Peptidhormon ist das Bauchspeicheldrüsenhormon Insulin (siehe S. 38). Steroidhormone sind viel kleiner als Peptidhor- mone, zudem sind sie lipophil (fettlöslich). Sie können also Membranen durchdringen, benöti- gen aber Transportproteine im wässrigen Blut- strom sowie im Zellinneren. Oft wirken Steroid- hormone im Komplex mit ihrem Transportprotein in der Zelle direkt im Zellkern, regulieren also die Genaktivität. Das Sexualhormon Testosteron ist ein Beispiel eines Steroidhormones. Peptidhormone docken an Rezeptoren an der Zellmembran an, Steroidhormone dringen in die Zelle ein und wirken im Zellinneren Struktur und Funktion Abb.3: Wirkungsweisen von Hormonen. Die großen, wasserlöslichen Peptidhormone wirken auf Rezeptoren an der Membran. Die kleinen, fettlöslichen Steroidhormone dringen in die Zelle und wirken in der Zelle. Meist wird die Herstel- lung von Proteinen ver- stärkt oder gehemmt. Rezeptormoleküle bilden meist einen Komplex mit dem Hormon, der als Tran- skriptionsfaktor wirkt. Die Transkription von Genen wird verstärkt oder gehemmt. Peptidhormone sind wasserlöslich und nicht membrangängig. Trans- membranrezeptoren lösen nach dem Andocken des Hormons eine Signalkaskade aus. Ein aktivierter Rezeptor kann viele sekundäre Botenstoffmoleküle akti- vieren und so das Signal verstärken. Steroidhormone sind fettlöslich und mem- brangängig. Sie binden an Rezeptormoleküle im Inneren der Zelle. Hormonrezeptor Peptidhormon Überträger Signalkaskade mRNA DNA Transkriptionsfaktor Protein mRNA Protein Funktionsanpassung Steroidhormon Steroidhormon- rezeptor Hormon-Rezeptor- komplex DNA Wirkungsmechanismen von Hormonen Aufgaben W 1 Stelle Vor- und Nachteile der hormo- nellen Signalübertragung im Vergleich zur neuronalen in einer Tabelle gegenüber. Basiskonzept Struktur und Funktion: Peptidhormone passen zu den Rezeptoren an der Zell- membran wie ein Schlüssel ins entspre- chende Schloss. Ohne Rezeptor bleibt das Hormon wirkungslos. Ähnliches hast du im letzten Jahr bei der Wirkungsweise von Enzy- men kennengelernt (Stichwort: Substratspezi- fität). Nur zu Prüfzweck n – Eigentum des Verlags öbv
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