am Puls Biologie 6, Schulbuch
19 Nervensystem Springende Aktionspotenziale beschleunigen die Erregungsleitung Glossar 1 Ranvier’scher Schnürring: Unterbrechung der Myelinscheide, benannt nach dem französischen Anatom Louis Antoine Ranvier (1835–1922), der 1871 diese Einschnürungen entdeckte. 2 saltatorisch : springend, von lat. saltare = springen. Aufgabe W 1 Die saltatorische Erregungsleitung erhöht die Geschwindigkeit der Reizlei- tung. Gleichzeitig benötigt sie auch weni- ger Energie. Begründe diesen Sachverhalt (vergleiche dazu die Abbildungen in den Abschnitten 1.2 und 1.3). Schneller ist besser! Das gilt nicht nur für den Sport, sondern meistens auch für das Überleben in der Natur. Je schneller wir (oder jedes andere Tier) Feinde erkennen und reagieren, umso wahr- scheinlicher das Überleben. Bei den Wirbeltieren hat sich die Reizleitungsge- schwindigkeit entlang der Axone im Verlauf der Evolution enorm erhöht. Dies erfolgt durch eine Isolation der Axone durch die fettreiche Subs- tanz Myelin durch Gliazellen (siehe S. 13). Diese Isolation vermindert „Leckströme“ durch die Membran. Dadurch fällt die Spannung entlang der Membran viel langsamer ab als bei Axonen ohne Myelinscheide – das Potenzial reicht also viel weiter als bei nicht-isolierten Axonen. Betrachtet man die Axone von Wirbeltieren, er- kennt man, dass die Isolierung, die so genannte Myelinscheide nicht durchgängig ist, sondern alle 0,2 bis 2mm unterbrochen ist – man spricht von Ranvier’schen Schnürringen 1 . Warum ist das so? Das Aktionspotenzial wird am ersten Schnürring ausgelöst ( k Abb.12). Das elektrische Feld breitet sich entlang der Myelinscheide aus, verliert aber (trotz der Isolierung) mit der Entfernung an Stär- ke. Da für die Auslösung eines neuen Aktionspo- tenzials aber ein Schwellenwert von 10mV nötig ist, muss die Myelinscheide unterbrochen sein, bevor das Potenzial unter diesen Wert fällt. Am nächsten Schnürring wird ein neues Aktionspo- tenzial ausgelöst. Es scheint also so, als würden die Aktionspotenziale von Schnürring zu Schnür- ring springen – man spricht von saltatorischer 2 Erregungsleitung. Dadurch wird die Reizleitung viel schneller (von einigen m/s ohne Myelinschei- de auf über 100m/s). Bei der Geburt fehlen die Myelinhüllen beim Menschen noch weitgehend. Deswegen haben Babys und Kleinkinder noch eine „lange Leitung“. Erst mit sechs Jahren ist die Reizleitungsge- schwindigkeit gleich wie im Erwachsenenalter. Myelin isoliert die Axone der Wirbel- tiere, unterbrochen durch Ranvier’sche Schnürringe – die Aktionspoten- ziale springen von Schnürring zu Schnürring Myelinscheide K + -Kanal Na + Na + K + K + t = 0 t = 1 Ranvier`scher Schnürring Axon Endknöpfchen Spannungsgesteuerte Na + -Kanäle öffnen sich und erzeugen ein Aktionspotenzial. Wegen der guten Isolation kann sich ein depolarisierender Strom schnell per lokaler Ladungsverschiebung (Waggon- Effekt) von Schnürring zu Schnürring ausbreiten. Die Na + -Kanäle schließen sich nach 1ms und werden refraktär. Spannungsgesteuerte K + -Kanäle öffnen sich und repolarisieren die Membran. … und pflanzt sich von Schnürring zu Schnürring fort. Der Schwellenwert wird schneller als ohne Myelinisolation erreicht; das Ak- tionspotenzial scheint zu springen … Abb.12: Abschnittsweise Isolation des Axons beschleunigt die Erregungsleitung. Die Isolierung des Axons durch Myelin (hellblau) führt dazu, dass die Aktionspotenziale von Schnürring zu Schnürring „springen“. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Ve lags öbv
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