am Puls Biologie 6, Schulbuch
143 Verhaltensbiologie 8.1 Angeborenes und umweltbeeinflusstes Verhalten Organismen reagieren auf ihre Umwelt Verhalten, also beispielsweise eine Bewegung oder eine Lautäußerung, ermöglicht es einem Tier mit der Umwelt zu interagieren. Geflügelte Ameisen zeigen zur Paarungszeit ein faszinierende Verhalten: Tausende von geflügel- ten Jungköniginnen und Männchen schwärmen gleichzeitig aus und starten zum so genannten Hochzeitsflug. Die Männchen sterben nach der Paarung, die Jungköniginnen werfen ihre Flügel ab und beginnen, nach einem passenden Ort für den Nestbau zu suchen. Eine Jungkönigin unter- sucht verschiedene Stellen und beginnt zu gra- ben. Sie testet so, welcher Fleck sich am besten für den Nestbau eignet. An manchen Stellen ist der Boden feuchter, der Sand feiner und die Be- drohung geringer als an anderen. Die Ameisen- königin kann aus ihrer Erfahrung lernen, dass es sich in dunklem, feuchtem Sand leichter graben lässt als in hellem, trockenem. Hat sie aber erst einmal begonnen ein Nest zu legen, so wird sie später, auch wenn sie auf noch günstigere Plätze stoßen sollte, dennoch zu ihrem eigenen Nest zurückkehren. Viele Tiere verhalten sich flexibel und lernen auf ihre Umwelt zu reagieren. Die Ameisenkönigin interagiert mit der Umwelt und ist so imstande, ihre Reaktionen an die Umweltbedingungen an- zupassen. Durch Verhalten sind Tiere nicht nur imstande, individuell die besten Bedingungen für ihr Über- leben und ihre Fortpflanzung zu suchen, sondern zahlreiche Arten können ihre Umwelt auch aktiv verändern: Termiten bauen Hügel, die mehrere Meter hoch werden können, Biber bauen Stau- dämme und Ameisen halten ihre Ameisenstra- ßen frei von Steinchen und Blättern. Durch ihr Verhalten können Tiere mit der Umwelt interagieren Information und Kommunikation Manche Tiere können die Umwelt durch ihr Verhalten sogar verändern Abb.1: Geflügelte Ameise. Soziale Insekten wie Ameisen bilden Staaten und zeigen erstaunlich vielfältige und komplexe Verhaltensweisen. Manche Ameisenarten graben Erdnester. Wirkursachen erklären wie Verhalten ausgelöst wird, und wie es funktioniert Verhaltensbiologen und -biologinnen beobach- ten einerseits das Verhalten von Tieren, anderer- seits stellen sie Experimente an. Dabei versuchen sie die Ursachen des tierischen Verhaltens zu er- gründen. Wirkursachen oder proximate Ursachen einer Verhaltensweise beschreiben, wodurch ein Ver- halten ausgelöst wird und wie es zustande kommt. Die Staaten von Schmalbrustameisen bestehen oft nur aus weniger als 100 Arbeiterinnen und ei- ner Königin. Sie nisten gerne in morschem Holz. Wird die Königin entfernt, beginnen die Arbeite- rinnen sich innerhalb weniger Stunden, sich mit ihren Antennen zu schlagen und zu beißen. Nach einigen Tagen nimmt die Häufigkeit dieser Ver- haltensweise wieder ab. Die proximaten Ursachen dieser Verhaltensweise lassen sich im Experiment bestimmen: Die Arbei- terinnen reagieren auf die fehlenden Duftstoffe der Königin, die sie normalerweise wahrnehmen können. Aber wozu ist diese Verhaltensweise ei- gentlich gut? Dazu müssen wir einen anderen Typ von Ursachen, die Zweckursachen betrachten. Verhaltensbiologin- nen und Verhaltens- biologen ergründen das Verhalten von Tieren durch Beob- achtung und Experi- mente Aufgabe E 1 Tiere zeigen vielfältiges Verhalten im Gegensatz zu Pflanzen. Überlege welche Me- chanismen Pflanzen auch ohne „Verhalten“ entwickelt haben, um mit unvorhersehbaren Umweltbedingungen zurechtzukommen. Basiskonzept Information und Kommunikation: Durch ihr Verhalten nehmen Tiere Informationen aus der Umwelt auf und können so entsprechend auf die Umwelt- bedingungen reagieren. Nur zu Prüfzwecke – Eigentum des Verlags öbv
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