am Puls Biologie 6, Schulbuch
12 Neuronen vereinigen sich zu Nervensystemen Wenn du überlegst, was Tiere von Pflanzen oder Pilzen unterscheidet, denkst du wahrscheinlich an schnelle Bewegungen, Aktion und Reaktion – allesamt Eigenschaften, die ein hocheffektives Steuerungssystem benötigen. Das trifft genau den Punkt: Tiere sind in der Regel darauf ange- wiesen, ihre Umwelt wahrzunehmen und darauf zu reagieren, um an ihre Nahrung zu kommen. Dementsprechend hat sich die Nervenzelle bei Tieren entwickelt, und im Lauf der Evolution sind aus den ursprünglich recht gleichmäßig im Körper verteilten Neuronen nach und nach kom- plexe Nervensysteme entstanden. Die ältesten Nervensysteme findet man bei Hohltieren ( k Abb. 3a), wo die Neuronen ein einfaches Nervennetz bilden. Ein Zentrum oder gar ein Gehirn fehlt. Mit der Evolution der bilateralen 1 Symmetrie (al- so Körpern mit Vorder- und Hinterende und einer bevorzugten Bewegungsrichtung) kam es zu einer Konzentration von Neuronen am vorderen Ende. Die ersten Ganglien 2 entstanden – darun- ter versteht man Knoten von Nervenzellen (bzw. deren Zellkörpern). Bei Ringelwürmern ( k Abb. 3b) gibt es in jedem Segment ein Paar Ganglien, die miteinander und von Segment zu Segment mit Nervensträngen verbunden sind (Strickleiter-Nervensystem); am Vorderende ein besonders großes. Besonders bei Tieren mit schnellen Bewegungen (und hohen Sinnesleistungen) kam es zur Ver- schmelzung mehrerer Ganglien und damit zur Herausbildung eines Gehirns (zB bei Weichtieren und Gliederfüßern, k Abb. 3c und d). Bei Wirbel- tieren finden wir die meisten Neuronen im Gehirn und Rückenmark. Dieses zentrale Nerven- system (ZNS) kommuniziert mit anderen Orga- nen wie Muskeln, Drüsen, Sinnesorganen durch das periphere Nervensystem ( k Abb. 3e). Neuronen gibt es nur im Tierreich Variabilität, Verwandt- schaft, Geschichte und Evolution Einfachste Tiere besitzen ein Nerven- netz ohne Gehirn, in komplexeren Nervensystemen gibt es Ganglien Ganglien in jedem Körperseg- ment koordinieren gezielte Be- wegungen. Ganglien sind Kon- zentrationen von Nervenzellen. Ein Kopfganglion kontrolliert komplexere Verhaltensweisen. Gehirn Gehirn Gehirn Rücken- mark peripherer Nerv optisches Ganglion Ganglion Ventral- ganglion (ein Nesseltier) Seeanemone (ein Ringelwurm) Regenwurm (ein Weichtier) Kalmar (ein Wirbeltier) Mensch (ein Gliederfüßer) Taufliege Einfach gebaute ra- diärsymmetrische Tiere verarbeiten In- formationen mithilfe eines Nervennetzes. Spezielle Auf- gaben führen zu zunehmender Zentralisierung. Das Nervensystem ist durch fusio- nierte Ganglien stark zentralisiert. Die weitaus meisten Neuronen sind im Ge- hirn und Rückenmark (ZNS) zentralisiert. Das periphere Nervensystem (PNS) durchzieht alle Körperteile. Nervennetz Innervierung der Muskulatur Kopfganglion paarige Bauchganglien segmentaler Nervenstrang Abb.3: Nervensysteme im Tierreich. Im Verlauf der Evolution haben sich mit zunehmender Komplexität der Sinnesleitungen und des Verhaltens hochspezialisierte Nervensysteme entwickelt. Glossar 1 bilateral: Spiegelbild-symmetrisch. Ein bi- lateraler Organismus ist einer, bei dem die rechte und linke Körperhälfte spiegelbildlich aufgebaut sind, zB beim Menschen und bei den meisten Tieren. Bei den inneren Organen gibt es aber dennoch deutliche Abweichun- gen von der Bilateralsymmetrie. Andere Tiere, wie zB Seesterne, sind radiär-symmetrisch. Hier lassen sich mehrere Symmetrieebenen durch den Körper legen. 2 Ganglion (Pl. Ganglien): vom Griechischen gagglion = Geschwulst: Knoten von Neuron- Zellkörpern, von einer Bindegewebskapsel umgeben. Basiskonzept Variabilität, Verwandtschaft, Geschich- te und Evolution: Die Evolution der Nervensysteme geht mit der stammesge- schichtlichen Entwicklung der Tiere einher. Verbunden mit der Entwicklung der Sinnes- organe kam es zur Differenzierung der Ner- vensysteme. Die Verwandtschaft bestimmter Tiergruppen lässt sich anhand der Ähnlichkeit der Nervensysteme erkennen. So besitzen die Gliederfüßer im Prinzip Strickleiter-Nerven- system wie die Ringelwürmer, von denen sie abstammen. Allerdings sind ihre Nervensyste- me aufgrund der Verschmelzung von Gangli- en deutlich komplizierter. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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