am Puls Biologie 6, Schulbuch
118 6.4 Ökosysteme Ökosysteme verändern sich – über Sukzession zur Klimax So komplex ein Nahrungsnetz oder ein Energie- flussdiagramm erscheint – es sind grobe Verein- fachungen dessen, was sich in der Natur ab- spielt. Deshalb spricht man in der Ökologie von Syste- men, genauer: Ökosystemen. Ökosysteme beste- hen einerseits aus klar abgrenzbaren Lebensräu- men (Biotopen). Diese sind charakterisiert durch ganz bestimmte abiotische Faktoren. So herr- schen im tropischen Regenwald andere Verhält- nisse als in den Alpen. Andererseits gehören zu jedem Ökosystem eigene Lebensgemeinschaften (Biozönosen), die in dessen Biotopen wohnen. Ökosysteme können sehr groß sein (zB Wüste, Wald) aber auch sehr klein (zB Tümpel, Moos- polster). Meist besteht ein größeres Ökosystem aus vielen kleineren. Wie du im letzten Kapitel gesehen hast, sind Ökosysteme offene Systeme, am Leben erhalten durch Sonnenenergie. In und zwischen ihnen werden Energie und Stoffe transportiert. Wan- dernde Tiere wie Zugvögel zeigen, wie komplex, ja geradezu chaotisch solche Systeme sind. Das ist im Naturschutz von großer Bedeutung: Ein Storch benötigt im Sommer und Winter zwei völlig verschiedene Lebensräume. Will man diese Art schützen, müssen beide Lebensräume er- halten werden. Doch nicht alles ist planbar: Ein Sturm treibt die Vögel ab; Parasiten werden von einem Lebensraum in den anderen mitgebracht: die den Störchen als wichtige Nahrungsquelle dienenden Frösche sterben an einem Pilz. Ökosysteme befinden sich oft im Wandel. Ein Beispiel dafür ist unser Wald. Ohne menschli- che Eingriffe wäre Österreich bald weitgehend von einem Eichen-Hainbuchen-Wald bewachsen: der hiesigen Klimaxvegetation 1 . Die konkurrenz- schwache Kiefer wäre auf Extremstandorte ab- gedrängt, Nadelbäume wie Tanne und Fichte wüchsen nur auf Höhenlagen. Eine Klimaxgesellschaft ist nicht statisch. Oft kommt es zu Störungen. Stürme schlagen Schneisen, Brände vernichten ganze Wälder. Wenig später bilden ausbreitungsfreudige und lichthungrige Arten mit reicher Nachkommen- schaft einen grünen Teppich. Einjährige Gräser und Kräuter (r-Strategen) nutzen diesen nur kurzfristig bestehenden Lebensraum. Nach weni- gen Jahren herrscht Buschwerk vor. Schließlich wachsen Bäume heran, die wieder einen ge- schlossenen Wald bilden ( k Abb.19). Störungen der Klimaxgesellschaft leiten also ei- ne Sukzession 2 ein. Typisch ist eine von wenigen Arten mit Massenvorkommen geprägte Initial- phase. Auf eine oft sehr artenreiche Übergangs- phase, die Jahrzehnte dauern kann, folgt wieder die Klimax: Langfristig setzen sich konkurrenz- starke langlebige K-Strategen durch. Ökosysteme beste- hen aus Biotopen und Biozönosen Über mehrere Sukzessionsstadien erreichen Ökosys- teme die Klimax Abb.19: Sukzessionsstadien. Nach heftigen Störungen (Sturm, Feuer oder Kahlschlag) entwickelt sich über typische Zwischenstufen wieder Wald. Dabei ändert sich die Artzusammensetzung: Auf Brachland findest du in unseren Breiten zB Kamille, Fingerhut, Finger-, Beruf-, Johanniskraut oder Kratzdistel. Später wachsen Gräser, Astern, Farne und Himbeeren, die nach und nach von Sträuchern (zB Hasel, Holunder) verdrängt werden. Je nach Boden übernehmen dann Nadelbäume (Kiefer, Fichte), letztlich Laubbäume wie Eiche und Buche überhand. relative Einheiten 0 20 40 60 80 100 Zeit (Jahre) In der Klimaxphase herrscht ein Fließgleichgewicht zwischen Bildung und Verbrauch von Biomasse. Während der Folgephasen führt eine hohe Nettoprimärproduktion zum Aufbau von Biomasse im Ökosystem. Zufällige Ansiedelung ausbreitungs- starker Arten und ein schneller Wechsel der Artenzusammensetzung prägen die Initialphase. Biomasse Nettoproduktion Initialphase Folgephasen Klimaxphase Glossar 1 Klimaxvegetation: (griech./lat. climax = oberste Sprosse, im übertragenen Sinn „Höhe- punkt“) Vegetation, bei der sich ein Ökosys- tem im Gleichgewichtszustand befindet; Ende der Sukzession 2 Sukzession : (lat. successio = Nachfolge) Abfolge verschiedener Vegetationsstadien bis zum Erreichen der Klimaxvegetation Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=