am Puls Biologie 6, Schulbuch

110 Konkurrierende Arten können einander verdrängen Nicht nur innerhalb einer Art, auch zwischen ver- schiedenen Arten (interspezifisch) ist die Konkur- renz oft groß. Landwirte wissen das, denn ihre Feldfrüchte stehen in direkter Konkurrenz zu Ackerwildkräutern um Licht, Wasser, Nährsalze und Wurzelraum. Ein berühmtes Beispiel für derartige interspezifische Konkurrenz aus der Tierwelt sind Seepocken. Seepocken sind Krebstiere, die in einem aus Kalkplatten gebildeten Gehäuse an der Felsküste „festzementiert“ sind ( k Abb.10). Dieses Gehäuse ermöglicht es ihnen, Trockenphasen oberhalb des mittleren Wasserstands zu überleben. An der europäischen Atlantikküste fällt eine auf- fällig regelmäßige Verteilung der Seepockenar- ten Chthamalus stellatus und Semibalanus ba- lanoides auf: Chthamalus bewohnt Felsen nur im Bereich oberhalb des Hochwassers bei Nipptide 1 , während unterhalb dieses Bereichs Semibalanus dominiert ( k Abb.10). Die Ursache dieser Zonie- rung liegt in der Konkurrenz zwischen diesen beiden Seepockenarten. Semibalanus drängt Chthamalus auf den Bereich oberhalb des Hochwassers bei Nipptide zurück, obwohl Chthamalus durchaus darunter vorkom- men könnte. Die Realnische von Chthamalus liegt damit am Rand ihrer Fundamentalnische (siehe S. 105). Bei Semibalanus hingegen stim- men Realnische und Fundamentalnische weitge- hend überein. Die Verbreitung von Semibalanus an von beiden Arten gemeinsam besiedelten Felsen wird v. a. durch den abiotischen Faktor Austrocknung, die von Chthamalus durch den biotischen Faktor Konkurrenz bestimmt. Daraus ergibt sich das Konkurrenzausschlussprinzip: Zwei Arten, die um dieselben Ressourcen konkur- rieren, können nicht dieselbe ökologische Nische besetzen. Die Seepocken sind ein Beispiel für Raumkonkur- renz. Bei Ausbeutungskonkurrenz nutzen zwei Arten dieselbe Ressource. Dabei wird die in der Ressourcennutzung weniger effiziente Art ver- drängt, wenn diese Ressource begrenzt ist. Das Konkurrenz- ausschlussprinzip besagt, dass zwei Arten, die um dieselben Ressour- cen oder Standorte konkurrieren, nicht dieselbe ökologische Nische besetzen können Variabilität, Verwandt- schaft, Geschichte und Evolution Abb.10: Bei der Besiedlung felsiger Meeresküsten konkurrieren zwei Seepockenarten. Nach dem Konkurrenzaus- schlussprinzip überlappen sich die Areale der adulten (erwachsenen) Seepocken kaum. Das ergibt eine Zonierung. bei Springtide Hochwasserlinie Niedrigwasserlinie bei Nipptide bei Nipptide bei Springtide Mittlerer Wasserstand Ansiedlungszone der Larven; potenzielle Verbreitung der Adulten ohne Konkurrenz Seepocken fangen mit- hilfe ihrer Filterbeine Plankton als Nahrung. Die Ansiedlung von Chthamalus wird durch Konkurrenz biolo- gisch begrenzt. Die Ansiedlung von Semibalanus wird durch Austrocknung physikalisch begrenzt. Die Mondphasen beeinflussen den Wasserstand bei Hoch- und Niedrigwasser. Chthamalus Semibalanus Absterben durch Austrocknung tatsächliche Verbreitung der Adulten bei Konkurrenz Glossar 1 Nipptide: Gezeiten bei Halbmond durch entgegengesetzt wirkende Gravitationsein- flüsse von Sonne und Mond, weshalb der Un- terschied zwischen Ebbe und Flut besonders gering ist. Springtide : Gezeiten bei Voll- und Halbmond durch gleichwirkende Gravitationseinflüsse von Sonne und Mond, weshalb der Unter- schied zwischen Ebbe und Flut besonders hoch ist. Aufgaben W 1 Fasse zusammen, wann es zu inter- spezifischer Konkurrenz kommt. Begründe, warum intraspezifische Konkurrenz oft hefti- ger ist. E 2 Um den Effekt von Konkurrenz zwi- schen Artgenossen zu untersuchen, sind Ver- gleichsexperimente bei bestehender Konkur- renz und unter Ausschluss von Konkurrenz notwendig. Als Messgrößen können zum Bei- spiel die Anzahl der Nachkommen oder das Wachstum verwendet werden. Plane ein solches Experiment mit einer schnell wachsenden Pflanzenart. Erstelle zunächst Hypothesen, um welche Ressource(n) die von dir untersuchten Individuen konkurrieren und wie sich Konkurrenz auf sie auswirken könnte. Überlege, welche Parameter du zur Messung der Konkurrenz untersuchen willst. Basiskonzept Variabilität, Verwandtschaft, Geschich- te und Evolution: Besser an ihre Um- weltbedingungen angepasste Arten können weniger gut angepasste verdrängen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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