am Puls Biologie 6, Schulbuch

107 Ökologie Körperbau und Stoffwechsel von Lebewesen sind an die Umweltbedingungen im Lebensraum angepasst Wenn du Pflanzen der Hochalpen mit verwand- ten Arten der Ebene vergleichst, wirst du fest- stellen, dass die alpinen Vertreter oft wesentlich kleiner sind, in dichten Polstern wachsen oder ledrige, behaarte Blätter besitzen. Damit verrin- gern sie den Wasserverlust und schützen sich vor Kälte und UV-Strahlung. Es ist erstaunlich, wo überall Leben möglich ist. Selbst in Extremregionen wie Dauerfrostgebie- ten, Salzseen, staubtrockenen Wüsten oder fast 100 °C heißen Quellen existieren Arten, obwohl einzelne Umweltfaktoren ständig oder zumindest zeitweilig lebensfeindliche Werte annehmen. Bei diesen extremen Spezialisten sind im Laufe der Evolution Anpassungen im Körperbau (morphologische Anpassung) und/oder in Körperfunktionen (physiologische Anpassung) entstanden, die es ihnen ermöglichen, eine exklusive ökologische Nische auszufüllen. Ein berühmtes Beispiel ist das Bakterium Thermus aquaticus , das in heißen Quellen des Yellowstone Parks entdeckt wurde. Der Stoffwechsel von T. aquaticus funktioniert auch noch bei über 70 °C. Das Enzym, das die DNA dieses Bakteriums ver- doppelt, die sogenannte „Taq“-Polymerase, wirst du in der 8. Klasse noch genauer kennenlernen. Denn es wird heute in Forschung und Industrie in der sogenannten Polymerasekettenreaktion (PCR) eingesetzt, um DNA zu vervielfältigen. Die einfachsten Anpassungen an Temperatu- rextreme erkennt man durch den Vergleich des Körperbaus von Arten der kalten Klimazonen mit dem verwandter Arten der wärmeren Zonen. Pinguinarten der polaren Zone sind meist volu- minöser, d. h. größer und schwerer als Pinguin- arten wärmerer Regionen. Da die Wärmeabgabe des Körpers proportional zur Körperoberfläche ist, die Wärmebildung jedoch vom Körpervolu- men abhängt, hat ein Körper mit einem großen Volumen im Verhältnis zur Oberfläche die beste Wärmehaltefähigkeit. Dieser in Abbildung 5 dar- gestellte Zusammenhang von Körperbau und Vorkommen bei verwandten homoiothermen Arten wird sehr oft in der Natur gefunden und Bergmann’sche Klimaregel genannt. Der Ver- gleich von Brillenpinguinen und Zwergpinguinen zeigt jedoch, dass diese Regel nicht immer zu- trifft. Für Körperanhänge wie Extremitäten und Ohren gilt nach den Überlegungen zum Oberflächen- Volumenverhältnis, dass sie in relativ kalten Ge- bieten eher klein sein sollten. Das ist der Inhalt einer zweiten Regel, der Allen’schen Klimaregel. Die Lösungen, die sich im Laufe der Evolution für das Überleben unter Extrembedingungen durch- gesetzt haben, sind ein faszinierendes Feld der Grundlagenforschung, das sogar in unserem All- tag Nutzen bringen kann. Beispielsweise ist im Laufe der Evolution beim Eisbär eine patentreife Wärmedämmung entstanden ( k Abb. 6). Das hoh- le Pelzhaar leitet Sonnenstrahlen nach dem Prin- zip eines Lichtleiters zur schwarzen Haut, wo die Strahlung absorbiert und in Wärmeenergie um- gewandelt wird. Die Abstrahlung von Wärme ist durch das dichte und hohle Pelzhaar minimiert. Nach diesem Eisbärprinzip der Wärmedämmung wurden neuartige Dämmstoffe entwickelt. Anpassungen in Morphologie und/ oder Physiologie erlauben einigen Arten das Überleben in Extremgebieten Die Bergmann’sche Klimaregel und die Allen’schen Klima- regel beschreiben die Abhängigkeit des Körperbaus von Tieren von der Temperatur in ihrem Lebensraum Abb.5: Pinguine und Füchse bieten Beispiele für die Bergmann’sche und die Allen’sche Regel. Bergmann‘sche Regel Allen‘sche Regel Rotfuchs Wüstenfuchs Polarfuchs Kaiserpinguin (115 cm) Brillenpinguin (65 cm) Magellan- pinguin (70 cm) Zwerg- pinguin (40 cm) Abb.6: Die Haut von Eisbären ist schwarz. Durch das weiße Fell gelangt ein Teil des Sonnenlichts bis zur dunklen Haut, wird dort absorbiert und erwärmt diese. Das Fell ist ein transparentes Isoliermaterial. schwarz pigmentierte Haut Prinzip der Lichtleitung Absorption an der schwarzen Haut reflektiertes Licht direktes Licht Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=