am Puls Biologie 6, Schulbuch

104 Lebewesen zeigen gegenüber bestimmten Umweltfaktoren eine enge oder weite Toleranz Die Bach-Forelle braucht kaltes Wasser. Den Kabeljau trifft man in Nordatlantik und Eismeer, in Nord- und Ostsee sowie vor der Küste Portu- gals. Manche Arten sind offenbar toleranter ge- genüber Veränderungen eines Umweltfaktors als andere. Für jeden Umweltfaktor kann man Toleranzkur- ven erstellen. Sie zeigen den Optimalbereich, den Präferenzbereich, den Toleranzbereich und den Randbereich für eine bestimmte Art. Zudem wird ersichtlich, welche Werte eines Umwelt- faktors nicht unter- bzw. überschritten werden dürfen (Minimum bzw. Maximum) ( k Abb. 2). So unterscheidet sich die Temperatur-Toleranz von Kabeljau und Bach-Forelle deutlich. Die Bach-Forelle überlebt nur in einem engen Be- reich kalter Temperaturen. Sie ist kalt-steno- therm. Der Kabeljau dagegen ist eurytherm: Er erträgt Temperaturen zwischen 0 und 20 °C. In der Natur wirken allerdings viele Faktoren auf einen Organismus. Arten mit geringer Toleranz gegenüber mehreren Umweltfaktoren werden stenök genannt, solche mit einem weiten Tole- ranzbereich euryök. Euryöke Arten können in ver- schiedensten Lebensräumen existieren, während stenöke Arten weniger Auswahl haben. Doch können verschiedene Lebensstadien unter- schiedliche Toleranzbereiche haben. Eine Art kann nur in einem Lebensraum existieren, wenn die Umweltfaktoren für alle ihre Entwicklungs- stadien passen. Das Vorkommen einer stenöken Art an einem Standort lässt Rückschlüsse auf die dortigen Um- weltbedingungen zu. So weist das Vorkommen von Brennnesseln auf nitratreiche Böden hin. Torfmoos wächst bei einem Boden-pH-Wert von 3–4, während Huflattich pH-Werte von 7–8 benötigt. Stenöke Arten sind somit Zeigerarten (Bioindika- toren; k Tab. 2) und ermöglichen weitergehende Aussagen als physikalisch-chemische Messungen von Umweltfaktoren. Denn Messwerte stellen nur eine Momentaufnahme dar. Das Vorkommen von Zeigerarten deutet jedoch darauf hin, dass bestimmte Umweltfaktoren nicht nur zum Zeit- punkt der Messung, sondern dauerhaft oder zu- mindest überwiegend in einer für die Art günsti- gen Intensität vorlagen. Experimentell ermit- telte Toleranzkurven zeigen, wie tolerant eine Art gegenüber einem bestimmten Faktor ist Es gibt stenotherme und eurytherme Arten Variabilität, Verwandt- schaft, Geschichte und Evolution Abb.2: Allgemeines Schema für Toleranzkurven. Minimum (Tod) Maximum (Tod) Werte für den Umweltfaktor, z. B. Temperatur Toleranzbereich Optimum Präferenz- bereich gemessene Vitalität In diesem Randbereich (Pessimum) kann ein Orga- nismus überleben, sich aber nicht fortpflanzen. Der Präferenzbereich ist der Bereich des Umweltfaktors, den die Organismmen bei freier Wahl vorziehen. Der Toleranzbereich ist der Gesamtbereich, in dem die Organis- men einer Art existie- ren können. Das Optimum ist der Wert des Umweltfaktors mit der höchs- ten Vitalität der Organismen. Tab. 2: Pflanzen und Flechten als Zeigerarten. Pflanze Umweltfaktor Brennnessel, Schöllkraut, Giersch Stickstoffreicher Boden Hunds-Rose, Eberesche, Königskerze Lichtreicher Standort Sauerklee, Eibe, Springkraut Schattiger Standort Heidelbeere, Heidekraut, Sonnentau Saurer Boden Leberblümchen, Küchenschelle, Aronstab Kalkhaltiger Boden Preiselbeere, Ginster, Sonnentau Stickstoffarmer Boden Sumpfdotterblume, Wollgras, Brunnenkresse Nasser Boden Zypressen-Wolfsmilch, Heidekraut, Natternkopf Trockener Boden Strandflieder, Queller, Strand-Grasnelke Salzhaltiger Boden Galmei-Veilchen Schwermetallhaltiger Boden Flechten: Bartflechte, Buschige Astflechte, Echte Lungenflechte Standorte mit guter Luftqualität Zeigerarten haben eine enge Toleranz gegenüber Umwelt- faktoren; sie sind stenök Basiskonzept Variabilität, Verwandtschaft, Geschichte und Evolution: Manche Arten ertragen große Schwankungen von bestimmten Umweltfaktoren. Andere sind darauf angewiesen, dass ihre Umweltbedingungen möglichst konstant bleiben. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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