am Puls Biologie 5, Schulbuch

99 Tierphysiologie Wie im vorigen Abschnitt angesprochen, schei- den die meisten im Wasser lebenden Tiere Am- moniak in ihre Umgebung aus. Bei den einfachs- ten Tieren – von Schwämmen über Hohltiere bis zu den Stachelhäutern – gibt es nicht einmal spezielle Exkretionsorgane. Stattdessen wird die Exkretion von bestimmten Zellen übernommen. Dieser Exkretionsmechanismus stammt von den Einzellern ab, die Giftstoffe durch die Körper- oberfläche ausscheiden. Bei allen anderen Tieren sind spezielle Exkreti- onsorgane ausgebildet. Die einfachsten bilateral- symmetrischen Tiere, die Plattwürmer , aber zB auch Larven von Weichtieren, besitzen so ge- nannte Protonephridien – vom Griechischen protos (= erster; hier: ursprünglich) und nephros (= Niere). Dabei handelt es sich um blind enden- de Kanälchen im Körper, die in Terminalzellen enden. Jede solche Zelle besitzt eine so genannte Wimpernflamme im Inneren, die einen Wasser strom erzeugt und so ständig Körperflüssigkeit in das Kanalsystem saugt. Die Kanäle münden Abb. 5: Regenwurm. Der den Ringelwürmern zugeord- nete Regenwurm besitzt in jedem Segment ein Paar Metanephridien als Exkretionsorgane. Segment Vorderende Nervensystem mit Nervenknoten Blutgefäß Mund Ringmuskel Längsmuskel Borsten Darm Metanephridien Seitenherz meist am Hinterende des Tieres in die Umge- bung. Ringelwürmer wie der Regenwurm ( k Abb. 5), aber auch Weichtiere besitzen komplexere Exkre- tionsorgane, die als Metanephridien, vom Grie- chischen meta (= nach; hier: weiterentwickelt), oder einfach Nephridien bezeichnet werden. Die- se nehmen durch einen Trichter Körperflüssigkeit auf, dann werden wertvolle Salze und andere Stoffe reabsorbiert, bevor die Restflüssigkeit aus- geschieden wird. Protonephridien und Metanephridien sind die einfachsten Exkretionsorgane Einfache Exkretionsmechanismen: Von Einzellern zu Nephridien Exkretionsorgane bei Gliederfüßern Die Gliederfüßer , der artenreichste Tierstamm, besitzen so wie der Regenwurm segmentale Exkretionsorgane, die sich aus den Nephridien entwickelt haben. Im Laufe der Evolution wurden diese Organe allerdings immer mehr reduziert und erfuhren zum Teil einen Funktionswandel, etwa als Speichel- oder Spinndrüsen. Diese Rückentwicklung fand statt, da Teile des Darmes die Bildung von Exkreten übernommen haben. So entstanden bei Spinnentieren und Insekten die Malpighi-Gefäße (benannt nach M. Malpighi 1 ). Dabei handelt es sich um schlauchförmige Aus- stülpungen des Darmes, die Körperflüssigkeit aufnehmen und zunächst diverse Stoffe (inklusi- ve der auszuscheidenden Harnsäure) anreichern. Im Endabschnitt dieser Gefäße werden dann Zucker, wertvolle Salze und auch Wasser reabsor- biert, was zu einer Eindickung und letztlich Ver- festigung von Harnsäure führt. Diese wird dann in den Darm abgegeben und mit dem Kot ausge- schieden. Bei Gliederfüßern haben sich die Nephridien z.T. zurückentwickelt; stattdessen erfolgt die Exkretion durch Darmausstülpungen, die Malpighi-Gefäße Exkretion bei Wirbeltieren: Die Evolution der Niere Im Zuge der Evolution der Wirbeltiere kam es zu einer Höherentwicklung der Nephridien, die schließlich zur Entstehung kompakter Exkre- tionsorgane, der Nieren , führte. Knorpelfische (zB Haie und Rochen) besitzen eine so genannte Vorniere , die einfachste Form der Niere. Mehrere Nephridien münden in einen Vornierengang, der den Harn ableitet. Vor den Trichtern der Nephridien liegt ein Knäuel aus Kapillaren (ein Glomerulus ) – hier tritt Flüssigkeit aus dem Blut in die Nephridien über. Im Vornie- rengang werden wertvolle Stoffe reabsorbiert. Bei den Knochenfischen und Amphibien kommt es zur Ausbildung von so genannten Bowman- kapseln (benannt nach W. Bowman 2 ): Jeder Glo- merulus liegt nicht mehr vor einem Trichter des Nephridiums, sondern wird von ihm umgeben. Daneben sind noch Trichter vorhanden, die die Körperflüssigkeit reinigen. Bei den übrigen Wirbeltieren (Reptilien, Vögel und Säuger) fehlt der Trichter. Die Glomeruli sind fest von den Bowmankapseln umschlossen. Diese Einheiten werden als Nierenkörperchen ( Nephrone ) bezeichnet. Bei Wirbeltieren erfolgt die Exkretion mit Nieren Glossar 1 Malpighi, Marcello: italienischer Arzt und Anatom, 1628 bis 1694. Er gilt als Begründer der mikroskopischen Anatomie und Entdecker der Blutkapillaren und Blutkörperchen. 2 Bowman, William: britischer Augenarzt und Anatom, 1816 bis 1892. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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