am Puls Biologie 5, Schulbuch
61 Zellstoffwechsel Die alkoholische Gärung wird biotechnologisch genutzt Glossar 1 Tierstamm: Ein Stamm ist die höchste Gruppe innerhalb eines Organismenreichs. Man kennt heute 35 Stämme im Tierreich. Dass ein neuer Tierstamm entdeckt wird, ist ein sehr seltenes Ereignis in der Wissenschaft. Die meisten Stämme der Tiere sind nämlich seit langer Zeit bekannt. Basiskonzept Stoff- und Energieumwandlung: Die anaerobe Atmung ist eine Atmung ohne Sauerstoff, bei der ein anderer Stoff als Elektronenakzeptor benutzt wird. Vor allem bestimmte Hefepilze sind imstande, eine andere Form der Gärung durchzuführen, die man alkoholische Gärung nennt. Dabei wird Py- ruvat zu Acetaldehyd umgewandelt, und es wird CO 2 frei. Das Acetaldehyd ist hier die Verbindung, die als Elektronenakzeptor dient. Es nimmt Elekt- ronen von NADH auf und wird dabei zu Ethanol (umgangssprachlich: Alkohol) reduziert ( k Abb. 23). Dem Organismus steht damit wie bei der Milchsäuregärung NAD + als Elektronenak- zeptor wieder zur Verfügung. Ethanol entsteht als Nebenprodukt dieser Gä- rung. Diesen Stoffwechselweg der anaeroben Energiefreisetzung bei der Hefe hat sich der Mensch zur Alkoholerzeugung zunutze gemacht (Kapitel Biotechnologie, S. 158). Um Alkohol zu gewinnen, versetzt man eine zuckerhaltige Flüssigkeit mit Hefepilzen. Die Hefepilze bauen den Zucker ab. Damit der Abbau durch alkoholische Gärung geschieht, hat man nur dafür zu sorgen, dass kein Sauerstoff vorhan- den ist. Unter anaeroben Bedingungen wandelt die Hefe den Zucker in Ethanol und CO 2 um. Bei der alkoholi- schen Gärung ent- steht Alkohol als Nebenprodukt der Energiefreisetzung Atmen ohne Sauerstoff: Die anaerobe Atmung Lebewesen, die für ihren Stoffwechsel überhaupt keinen Sauerstoff benötigen, werden als Anaero- bier bezeichnet. Lange Zeit dachte man, dass Tiere nicht ohne Sauerstoff leben können. In der Tat benötigen fast alle Eukaryoten für die Stoffwechselwege der Zellatmung unbedingt Sauerstoff. Im Jahr 2010 machten italienische Meeresbiolo- ginnen und -biologen eine unerwartete Ent- deckung: Tiere des Stamms Loricifera , auch Kor- setttierchen genannt, können vollständig ohne Sauerstoff leben ( k Abb. 24). Dieser Tierstamm 1 wurde erst 1983 entdeckt. Korsetttierchen sind mikroskopisch kleine Meeresbewohner, die sich an Sandkörnern anheften. Die entdeckten an aeroben Loricifera- Arten leben im Sediment am Meeresboden des Mittelmeers, in einer anoxi- schen Senke, mehr als 3 000m unter dem Mee- resspiegel. Über den Stoffwechsel der Loricifera ist erst wenig bekannt, aber man weiß, dass sie kurioserweise keine Mitochondrien besitzen. Unter den Prokaryoten, also unter Bakterien und Archaea, ist die anaerobe Lebensweise keine große Ausnahme. Es gibt viele Arten, die die ex- tremsten Lebensräume besiedelt haben, unter anderem auch solche, in denen kein Sauerstoff vorkommt. Anoxische Lebensräume findet man beispielsweise in der Tiefsee, aber auch tief im Boden vor. Bei der Zellatmung verwenden anaerobe Bak- terien andere Elektronenakzeptoren statt Sauerstoff. Deshalb spricht man von anaerober Atmung . Nitrat (NO 3 – ), Eisenionen (FE 3 + ), oder Schwefel (S) beispielsweise können statt Sauerstoff als Elekt- ronenakzeptor dienen. Man nennt diese Prozesse dementsprechend Nitratatmung (Denitrifikation), Eisenatmung und Schwefelatmung. Die Denitrifikation spielt eine wichtige Rolle im Stickstoffkreislauf und hat damit große Bedeu- tung für die Ökologie. Der im Nitrat gebundene Stickstoff wird bei der Nitratatmung zu molekula- rem Stickstoff (N 2 ) und gasförmigem Distock- stoffmonoxid (N 2 O) umgewandelt, welches in die Atmosphäre freigesetzt wird. Denitrifikation führt also dazu, dass sich der Stickstoff nicht in Form von Nitrat im Boden ansammelt. Manche Mikro- organismen können ohne Sauerstoff atmen Stoff- und Energieumwandlung Abb. 24: Korsetttierchen. Diese Tiere gehören zum Stamm Loricifera und sind etwa 300 Mikrometer groß. Sie leben in anoxischen Lebensräumen am Meeres- grund. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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