am Puls Biologie 5, Schulbuch

5  Hier findest du die Basiskonzepte 95 Tierphysiologie 4.1 Stoffwechsel im Tierreich Tiere sind beweglich und besitzen kompakte Körper Wenn man ein kleines Kind fragt, was Tiere von Pflanzen unterscheidet, wird es wahrscheinlich das offensichtlichste tierische Merkmal nennen: Tiere bewegen sich. Streng genommen gilt das nicht nur für Tiere: Auch Pflanzen können sich bewegen, wenn auch meistens nur sehr lang- sam. Trotzdem hat das Kind mit dieser Aussage ein wesentliches Merkmal erkannt: Tiere besit- zen im Allgemeinen eine hohe Beweglichkeit . Damit ist zum einen die Fähigkeit gemeint, Teile des Körpers gegeneinander zu bewegen. Ande- rerseits meint dies auch die Fähigkeit zum Orts- wechsel. Beweglichkeit ist für Tiere lebenswich- tig: Sie müssen sich bewegen, um an Nahrung zu gelangen. Das gilt selbst für einfache Tiere wie Korallen, die an ihrem Untergrund festsitzen und Nahrung aus dem sie umgebenden Wasser fan- gen oder filtern. Die schnellen Bewegungen wer- den durch Muskelzellen ermöglicht, ein Zelltyp, der nur bei Tieren zu finden ist. Mit der Beweglichkeit einhergehend ist der kom- pakte, symmetrische Körperbau der Tiere. Für Tiere ist ein kompakter Körper wesentlich. Als evolutionärer Vorteil hat sich die Entwicklung eines schlanken, bilateral 1 also zweiseitig sym- metrischen Körpers erwiesen: Anders als zB Quallen haben die meisten Tiere ein „Vorne“ und „Hinten“. Am Vorderende liegen Steuerungs- und Fressorgane, die restlichen Organe sind im da- hinterliegenden Körper „verstaut“. Beweglichkeit und ein kompakter Kör- perbau sind nötig, um an Nahrung zu kommen Variabilität, Verwandt- schaft, Geschichte und Evolution Glossar 1 bilateral : „zweiseitig“, vom Lateinischen bis = zweimal und latus = Seite Basiskonzepte Variabilität, Verwandtschaft, Geschich- te und Evolution: Bilateralsymmetrie bringt große Vorteile in Hinblick auf freie Beweglichkeit bei der Nahrungssuche. Daher kann bei vielen Tiergruppen im Laufe der Evolution ein Wechsel von Radiärsymmetrie (also von einer runden Körpergestalt) zur Bilateralsymmetrie beobachtet werden. Information und Kommunikation: Um rasch auf die Umwelt reagieren zu kön- nen, müssen Umweltreize so gefiltert und entschlüsselt werden, dass eine passende Re- aktion möglich ist. Die Wahrnehmung der Umwelt geschieht durch die Verarbeitung der Reize durch Sinneszellen und Nervensystem. Nervensysteme und Sinnesorgane: Effiziente Steuerung und Reizaufnahme Jede Zelle, jedes Lebewesen besitzt ein hoch komplexes Steuerungssystem, um Reize aus der Umwelt aufnehmen und verarbeiten zu können. Die Steuerungssysteme von Tieren sind aller- dings sehr viel leistungsfähiger als die aller an- deren Lebewesen. Natürlich muss auch ein Baum auf Reize aus der Umwelt reagieren. Wer aber jemals versucht hat, mit bloßen Händen eine Fliege zu fangen, weiß, wie schnell und effektiv die Steuerung bei Tieren arbeitet. Neben Steuerungssystemen innerhalb einzelner Zellen und bei Vielzellern der Steuerung mit chemischen Botenstoffen (Hormone) zwischen Zellen haben Tiere ein besonders leistungs- fähiges System: das Nervensystem. Durch Kon- zentration und Verschaltung vieler Nervenzellen entstanden Gehirne , die komplexesten biologi- schen Systeme überhaupt. Wie ein Computer ist auch ein Gehirn nur nütz- lich, wenn es Daten bekommt, mit denen es ar- beiten kann. Entsprechend ging die Entwicklung von Nerven und Gehirnen mit der Entstehung von Sinnesorganen Hand in Hand. Die schnelle und effektive Aufnahme von Reizen aus der Umwelt ist notwendig, um dem Nervensystem Informationen zu geben, welche Reaktion er- folgen soll. Tiere besitzen leis- tungsfähige Syste- me zur Aufnahme von Reizen und zur Steuerung des Körpers Information und Kommunikation Aus Nahrung wird nutzbare Energie Dass die Nahrung Nährstoffe enthält, scheint simpel. Wie aufwändig es aber ist, zB einen Apfel in seine Moleküle zu zerlegen, diese zu sortieren, im Körper zu verteilen und letztlich zu einer nutz- baren Energieform umzuwandeln, ist weniger einfach. Um diese Aufgabe zu bewältigen, entstanden im Lauf der Evolution komplexe Verdauungs- systeme zur Zerlegung und Verarbeitung von Nahrung. Transportsysteme (zB unser Blutkreis- lauf) verteilen die Stoffe im Körper. Atmungs- systeme dienen der Aufnahme von O 2 , der für die Verarbeitung der Nährstoffe benötigt wird (siehe S. 104 ff.). Letztlich benötigen Tiere Aus- scheidungssysteme , um schädliche oder nicht verwertbare Abfallstoffe aus dem Körper zu ent- fernen. Verdauungs-, Trans- port-, Atmungs- und Ausscheidungs- systeme ermöglichen Stoff- wechsel Basiskonzepte sind wichtige Grundprinzipien und Eigen- schaften lebendiger Systeme. Du wirst ihnen das ganze Jahr lang bei unterschied- lichen Themen wieder be- gegnen. Eine Übersicht über die sieben Basiskonzepte findest du auf den Seiten 6 und 7. So werden die Basis- konzepte im Buch gekenn- zeichnet: Farbige Markierung im Text Basiskonzept-Symbole in der Randspalte Weitere Informationen zum Basis- konzept im unteren Bereich der Seite 95 Tierphysiologie Tiere sind beweglich und besitzen kompakte Körper Wenn man ein kleines Kind fragt, was Tiere von Pflanzen unterscheidet, wird es wahrscheinlich das offensichtlichste tierische Merkmal nennen: Tiere bewegen sich. Streng genommen gilt das nicht nur für Tiere: Auch Pflanzen können sich bewegen, wenn auch meistens nur sehr lang- sam. Trotzdem hat das Kind mit dieser Aussage ein wesentliches Merkmal erkannt: Tiere besit- ze im Allg meinen eine hohe Beweglichkeit . Damit ist zum einen die Fähigkeit gemeint, Teile des Körpers gegeneinander zu bew gen. Ande- rerseits mei t dies auch di Fähigkeit zum Orts- wechsel. Beweglichkeit ist für Tiere lebenswich- tig: Sie müssen sich bewegen, um an Nahrung zu gelan n. Das gilt selbst für einfache Tiere wie Korallen, die an ihrem Untergrund festsitzen und Nahrung aus dem sie umgebenden Wasser fan- gen oder filtern. Die schnellen Bewegungen wer- den durch Muskelzellen ermöglicht, ein Zelltyp, der nur bei Tieren zu finden ist. Mit der Beweglichkeit einhergehend ist der kom- pakte, symmetrische Körperbau der Tiere. Für Tiere ist ein kompakter Körper wesentlich. Als evolutionärer Vorteil hat sich die Entwicklung eines schlanken, bilateral 1 also zweiseitig sym- metrischen Körpers erwiesen: Anders als zB Quallen haben die meisten Tiere ein „Vorne“ und „Hinten“. Am Vorderende liegen Steuerungs- und Fressorgane, die restlichen Organe sind im da- hinterliegenden Körper „verstaut“. Beweglichkeit und ein kompakter Kör- perbau sind nötig, um an Nahrung zu kommen Variabilität, Verwandt- schaft, Geschichte und Evolution Glossar 1 bilateral : „zweiseitig“, vom Lateinischen bis = zweimal und latus = Seite Basiskonzepte Variabilität, Verwandtschaft, Geschich- te und Evolution: Bilateralsymmetrie bringt große Vorteile in Hinblick auf freie Beweglichkeit bei der Nahrungssuche. Daher kann bei vielen Tiergruppen im Laufe der Evolution ein Wechsel von Radiärsymmetrie (also von einer runden Körpergestalt) zur Bilateralsymmetrie beobachtet werden. Information und Kommunikation: Um rasch auf die Umwelt reagieren zu kön- nen, müssen Umweltreize so gefiltert und entschlüsselt werden, dass eine passende Re- aktion möglich ist. Die Wahrnehmung der Umwelt geschieht durch die Verarbeitung der Reize durch Sinneszellen und Nervensystem. Nervensysteme und Sinnesorgane: Effiziente Steuerung und Reizaufnahme Jede Zelle, jedes Lebewesen besitzt ein hoch komplexes Steuerungssystem, um Reize aus der Umwelt aufnehmen und verarbeiten zu können. Die Steuerungssysteme von Tieren sind aller- dings sehr viel leistungsfähiger als die aller an- deren Lebewesen. Natürlich muss auch ein Baum auf Reize aus der Umwelt reagieren. Wer aber jemals versucht hat, mit bloßen Händen eine Fliege zu fangen, weiß, wie schnell und effektiv die Steuerung bei Tieren arbeitet. Neben Steuerungssystemen innerhalb einzelner Zellen und bei Vielzellern der Steuerung mit chemischen Botenstoffen (Hormone) zwischen Zellen haben Tiere ein besonders leistungs- fähiges System: das Nervensystem. Durch Kon- zentration und Verschaltung vieler Nervenzellen entstanden Gehirne , die komplexesten biologi- schen Systeme überhaupt. Wie ein Computer ist auch ein Gehirn nur nütz- lich, wenn es Daten bekommt, mit denen es ar- beiten kann. Entsprechend ging die Entwicklung von Nerven und Gehirnen mit der Entstehung von Sinnesorganen Hand in Hand. Die schnelle und effektive Aufnahme von Reizen aus der Umwelt ist notwendig, um dem Nervensystem Informationen zu geben, welche Reaktion er- folgen soll. Tiere besitzen leis- tungsfähige Syste- me zur Aufnahme von Reizen und zur Steuerung des Körpers Information und Komm nikation Aus Nahrung wird nutzbare Energie Das die Nahrung Nährstoffe enthält, scheint simpel. Wie aufwändig es aber ist, zB einen Apfel in seine Moleküle zu zerlegen, diese zu sortieren, im Körper zu verteilen und letztlich zu einer nutz- baren Energieform umzuwandeln, ist weniger einfach. Um diese Aufgabe zu bewältigen, entstanden im Lauf der Evolution komplexe Verdauungs- systeme zur Zerlegung und Verarbeitung von Nahrung. Transportsysteme (zB unser Blutkreis- lauf) verteilen die Stoffe im Körper. Atmungs- systeme dienen der Aufnahme von O 2 , der für die Verarbeitung der Nährstoffe benötigt wird (siehe S. 104 ff.). Letztlich benötigen Tiere Aus- scheidungssysteme , um schädliche oder nicht verwertbare Abfallstoffe aus dem Körper zu ent- fernen. Verdauungs-, Tran - port-, Atmungs- und Ausscheidungs- systeme ermöglichen Stoff- wechsel 95 Tierphysiologie Glossar 1 bilateral : „zw iseitig“, vom La ei ischen bis = zweimal und latus = Seite Basiskonzepte Variabilität, Verwandtschaft, Geschich- te und Evolution: Bilateralsymmetrie bringt große Vorteile in Hinblick auf freie Beweglichkeit bei der Nahrungssuche. Daher kann bei vielen Tiergruppen im Laufe der Evolution ein Wechsel von Radiärsymmetrie (also von einer runden Körpergestalt) zur Bilateralsymmetrie beobachtet werden. Information und Kommunikation: Um rasch auf die Umwelt reagieren zu kön- n n, müssen Umweltreize so gefiltert und entschlüsselt werden, dass eine passende Re- aktion möglich ist. Die Wahrnehmung der Umwelt geschieht durch die Verarbeitung der Reize durch Sinneszellen und Nervensystem. Nervensysteme und Sinnesorgane: Effiziente Steuerung und Reizaufnahme Jede Zelle, jedes Lebewesen besitzt ein hoch komplexes Steuerungssyste , um Reize aus d r Umwelt aufnehmen u d verarbeiten zu können. Die Steu rungssystem von Ti ren sind aller- dings sehr viel leistungsfähiger als die aller an- deren Lebewesen. Natürlich muss auch ein Baum auf Reize aus der Umwelt reagieren. Wer aber jemals versucht hat, mit bloßen Händen eine Fliege zu fangen, weiß, wie schnell und effektiv die Steuerung bei Tieren arbeitet. N ben Steuerungssystemen innerhalb einzelner Zellen und bei Vi lzellern der S euerung mit chemischen Bot nstoffen (Hormone) zwischen Zellen haben Tiere ein besonders leistungs- fähiges System: das Nervensystem. Durch Kon- zentration und V rschaltung vieler Nervenzellen entstanden Gehirne , die komplex sten biologi- schen Systeme überhaupt. Wie ein Computer ist auch ein Gehirn nur nütz- lich, wenn es Daten ekommt, mit denen es ar- beiten kann. Entsprechend ging die Entwicklung von Nerven und Ge irn n mit der Entstehung vo Sinnesorganen Hand in Hand. Die schnelle und effektive Aufnahme von Reizen aus der Umwelt ist notwendig, um dem N rvensystem Informationen zu geben, welche Reaktion er- folgen soll. Tiere besitzen leis- tungsfähige Syste- me zur A fnahme von Reizen und zur Steuerung des Körpers Information und Kommunikation Aus Nahrung wird nutzb re Energi Dass die Nahrung Nährstoffe enthält, scheint simp l. Wie aufwändig es aber ist, zB einen Apfel in seine Moleküle zu zerlegen, diese zu sortieren, im Körper zu v rteilen und letztlich zu einer nutz- baren Energieform umzuwandeln, ist weniger einfach. Um diese Aufgabe zu bewältigen, entstanden im Lauf der Evolution komplexe Verdauungs- syste e zur Z rlegung und Verarbeitung von Nahrung. Transportsysteme (zB unser Blutkreis- lauf) verteilen die Stoffe im Körper. Atmungs- systeme dienen der Aufnahme von O 2 , der für die Verarbeitung der Nährstoffe benötigt wird (siehe S. 104 ff.). Letztlich benötigen Tiere Aus- scheidungssysteme , um schädliche oder nicht verwertbare Abfallstoffe aus dem Körper zu ent- fernen. Verdauungs-, Trans- port-, Atmungs- und Ausscheidungs- systeme ermöglichen Stoff- wechsel 95 Tierphysiologie 4.1 Stoffwechsel im Tierreich Tiere sind beweglich und besitzen kompakte Körp r Wenn man ein kleines Kind fragt, was Tiere von Pflanzen unterscheidet, ird es wahrscheinlich das offensichtlichste tierische Merkmal nennen: Tiere bewegen sich. Streng genommen gilt das nicht nur für Tiere: Auch Pflanzen können sich bewegen, wenn auch meistens nur sehr lang- sam. Trotzdem hat das Kind mit dieser Aussage ein wesentliches Merk al erka nt: Tiere besit- zen im Allgemeinen eine hohe Beweglichkeit . Damit ist zum einen die Fähigkeit gemeint, Teile des Körpers gegeneinander zu bewegen. Ande- rerseits meint dies auch die Fähigkeit zum Orts- wechsel. Beweglichkeit ist für Tiere lebenswich- tig: Sie müss n sich bewegen, um an Nahrung zu gelangen. Das gilt selbst für einfache Tiere wie Korallen, die an ihrem Untergrund festsitzen und Nahrung aus dem sie umgebenden Wasser fan- gen oder filtern. Die schnellen Bewegungen wer- den durch Muskelzellen ermöglicht, ein Zelltyp, der nur bei Tieren zu finden ist. Mit der Beweglichkeit einhergehend ist der kom- pakte, symmetrische Körperbau der Tiere. Für Tiere ist ein kompakter Körper wesentlich. Als evolutionärer Vorteil hat sich die Entwicklung eines schlanken, bilateral 1 also zweiseitig sym- metrischen Körpers erwiesen: Anders als zB Quallen haben die meisten Tiere ein „Vorne“ und „Hinten“. Am Vorderende liegen Steuerungs- und Fressorgane, die r stlichen Organe sind im da- hinterliegenden Körper „verstaut“. Beweglichkeit und ein kompakter Kör- perbau sind nötig, um an Nahrung zu kommen Variabilität, Verwandt- schaft, Geschichte und Evolution Glossar 1 bilateral : „zweiseitig“, vom Lateinischen bis = zweimal und latus = Seite Basiskonzepte Variabilität, Verwandtschaft, Geschich- te und Evolution: Bilateralsymmetrie bringt große Vorteile in Hinblick auf freie Beweglichkeit bei der Nahrungssuche. Daher kann bei vielen Tiergruppen im Laufe der Evolution ein Wechsel von Radiärsymmetrie (also von einer runden Körpergestalt) zur Bilateralsymmetrie beobachtet werden. Information und Kommunikation: Um rasch auf die Umwelt reagieren zu kön- nen, müssen Umweltreize so gefiltert und entschlüsselt werden, dass eine passende Re- aktion möglich ist. Die Wahrnehmung der Umwelt geschieht durch die Verarbeitung der Reize durch Sinneszellen und Nervensystem. Nervensysteme und Sinnesorgane: Effiziente Ste erung und Reizaufnahme Jede Zelle, jedes Lebewesen besitzt ein hoch komplexes Steuerungssystem, um Reize aus der Umwelt aufnehmen und v rarbeiten zu können. Die Steuerungssysteme von Tieren sind aller- dings sehr viel leistungsfähiger als die aller an- deren Lebewese . Natürlich muss auch ein Baum auf Reize aus der Umwelt reagieren. W r ab r jemals versucht at, mit b oßen Händen eine Fliege zu fangen, weiß, wie schnell und effektiv die Steuerung bei Tieren arbeitet. Neben Steuerungssystemen innerhalb einzelner Zellen und bei Vielzellern der Steuerung mit chemischen Botenstoffen (Hormone) zwischen Zellen haben Tiere ein besonders leistungs- fähiges System: das Nervensystem. Durch Kon- zentration nd Verschaltu g vieler Nervenzellen entstanden Gehirn , die komplexe ten biologi- schen Systeme überhaupt. Wie ein Computer ist auch ein Gehirn nur nütz- lic , wenn es Daten bekommt, mit denen es ar- beiten kann. Entsprechend ging die Entwicklung von Nerven und Gehirnen mit der Entstehung von Sinnesorganen Hand in Hand. Die schnelle und effektive Aufnahme von Reizen aus der Umwelt ist notwendig, um dem Nervensystem Informati ne zu geben, welche Reaktion er- folge soll. Tiere besitzen leis- tungsfähige Syste- me zur Aufnahme von Reizen und zur Steuerung des Körpers Information und Kommunikation Aus Nahrung wird nutzbar Energie Dass die Nahrung Nährstoffe enthält, scheint simpel. Wie aufwändig es aber ist, zB einen Apfel in seine Moleküle zu zerlegen, diese zu sortieren, im Körper zu verteilen und letztlich zu einer nutz- baren Energieform umzuwandeln, ist weniger einfach. Um diese Aufgabe zu bewältigen, entstanden im Lauf der Evolution komplexe Verdauungs- systeme zur Zerlegung und Verarbeitung von Nahrung. Transportsysteme (zB unser Blutkreis- lauf) verteilen die Stoffe im Körper. Atmungs- systeme dienen der Aufnahme von O 2 , der für die Verarbeitung der Nährstoffe benötigt wird (siehe S. 104 ff.). Letztlich benötigen Tiere Aus- scheidungssysteme , um schädliche oder nicht verwertbare Abfallstoffe aus dem Körper zu ent- f rn n. Verdauungs-, Trans- port-, Atmungs- und Ausscheidungs- systeme ermöglichen Stoff- wechsel Sonderseiten „Blick in die F rschung“ Auf di sen S iten werfen wir einen Blick in die aktu lle Forschung. Welch Fragen stellen sich Wissenschafte- rinnen und Wissenschafter? Wie versuchen sie Antworten zu finden? „Methoden in der Praxis“ Auf diesen Seiten lernst du wichtige Methoden kennen, die in der Wissenschaft oder in der Medizin angewendet werden. Es werden spannen- de Beispiele vorgestellt, wie die eben gelernte Therorie in der Praxis angewendet wer- den kann. 36 Methoden in der Praxis Chemotherapie Was ist eine Chemotherapie? Der Begriff Chemotherapie (oder kurz „ Chemo “) ist wohl be- kannt – und viele denken dabei an eine Behandlung von Krebs. Tatsächlich ist der Begriff allgemeiner: Unter einer Che- motherapie versteht man jede Behandlung einer Erkrankung mit Chemikalien. Das bedeutet, dass eine Chemotherapie nicht nur gegen Krebserkrankungen eingesetzt werden kann, sondern auch gegen Infektionskrankheiten ( Antibiose ). Chemotherapie gegen Infektionen Werden Chemikalien als Medikamente gegen lebende Krank- heitserreger (i. d. R. Bakterien) eingesetzt, spricht man von An- tibiose. Die verwendeten Stoffe heißen Antibiotika 1 (siehe Ab- schnitt 1.2). Früher wurden Antibiotika aus Pilzen gewonnen. Das bekannteste Beispiel ist Penicillin. Heute kommen viel- fach synthetische Antibiotika zum Einsatz. Der große Vorteil beim Einsatz von Antibiotika ist, dass sie spezifisch gegen Bakterien, also Prokaryoten wirken, und eu- karyotische Zellen nicht angreifen. Die Wirkung beruht darauf, dass Strukturen oder Prozesse angegriffen werden, die nur bei Prokaryoten vorkommen. Manche Antibiotika hemmen die Vermehrung von Bakterien, andere zerstören die bakterielle Zellwand, und wieder andere hemmen bakteriellen Stoff- wechsel. So genannte Breitbandantibiotika wirken gegen ein breites Spektrum verschiedener Bakterien. In Abschnitt 1.2 hast du gelernt, dass eine zu häufige Verwen- dung von Antibiotika zu Resistenzen führen kann. Entspre- chend wichtig ist es, dass die Dosis und Einnahmedauer von Antibiotika ausreichend hoch ist, um die Erreger möglichst vollständig abzutöten. Beendet man die Einnahme zu früh, können sich die Bakterien, die zB durch eine Mutation gegen das Antibiotikum resistent sind, vermehren. Anders gesagt werden so Bakterien gezüchtet, die gegen Antibiotika resistent sind – ein großes Problem der heutigen Medizin! Chemotherapie gegen Krebs Eine Krebserkrankung ist keine Infektionskrankheit: Hier ent- arten Körperzellen, d. h. sie geraten außer Kontrolle, teilen sich ungehemmt – es entsteht ein Tumor . Dadurch verdrängen und zerstören sie umgebendes Gewebe. Besonders gefährlich sind Krebszellen, die sich im Körper ausbreiten und an ver- schiedenen Stellen sekundäre Tumoren (Metastasen) bilden. Die Chemotherapie gegen Krebszellen richtet sich also gegen körpereigene Zellen. Sie soll nur Krebszellen angreifen, nor- male Körperzellen aber möglichst unbeschadet lassen. Daher kommen hier Chemikalien zum Einsatz, die gezielt auf Vor- gänge wirken, die für Zellteilung und Zellwachstum wichtig sind. Solche Stoffe werden Zytostatika 2 (Zellhemmer) ge- nannt. Manche Zytostatika ähneln den Bausteinen der DNA, den Nu- kleotiden. Diese Moleküle werden bei der Zellteilung anstatt der natürlichen Nukleotide eingebaut. Dadurch wird die DNA wirkungslos und die Zelle stirbt. Andere Zytostatika behindern die Vermehrung der DNA, dadurch können sich Zellen nicht mehr teilen. Wieder andere blockieren die Enzyme, die für den Aufbau von Proteinen und damit das Wachstum der Zelle wichtig sind. Der große Nachteil der Chemotherapie ist, dass auch gesunde Körperzellen geschädigt werden. Überall im Körper wachsen und vermehren sich Zellen, die dann „Opfer“ der Zytostatika werden. Gewebe mit hoher Zellteilungsrate (zB Haarfollikel oder Darmschleimhaut) sind besonders betroffen – daher fal- len Patientinnen und Patienten bei einer Chemotherapie meist die Haare aus. Heute wird die Chemotherapie als eine von mehreren Thera- pien gegen Krebs genutzt. Neben der operativen Entfernung des Tumors kommen weitere moderne Behandlungsmetho- den zum Einsatz: Beispielsweise können auch Antikörper ein- gesetzt werden, um Tumorzellen gezielt anzugreifen. Weiters kann versucht werden, die körpereigenen Immunzellen zu aktivieren, oder Tumore durch Hormoneinsatz auszuschalten. Glossar 1 Antibiotika (Einzahl Antibiotikum): vom griechischen anti (= gegen) und bios (= Leben). Natürliche Antibiotika werden von Pilzen produziert, um konkurrierende Bak- terien zu schwächen oder zu töten. Die Medi- zin hat sich diese Stoffe für die Therapie von bakteriellen Erkrankungen zu Nutze gemacht. 2 Zytostatika: vom griechischen cytos (= Zelle) und lateinischen stare (= anhalten). Ein Zyto- statikum ist eine Substanz, die in der Medizin als Arzneistoff vor allem bei Chemotherapie zur Bekämpfung von Tumorzellen eingesetzt wird. Aufgabe W 1 Nebenwirkungen von Antibiotika: Wie oben beschrieben greifen Antibiotika keine eukaryotischen Zellen an. Dennoch kommt es bei der Einnahme von Antibiotika oft zu Beschwerden im Verdauungstrakt. Finde eine Erklärung dafür. 37 Die Ordnung des Lebendigen Blick in die Forschung Hämoglobin Aufkläru g der Struktur von Hämoglobin durch Max F. Perutz mithilfe von Röntgenkristallografie Hämoglobin (siehe auch S. 108) ist ein wichtiges Protein, das in den roten Blutkörperchen vorliegt und dessen Aufgabe es ist, Sauerstoff zu binden. Das Hämoglobin gibt dem Blut seine rote Farbe . Es sorgt dafür, dass der eing atmete Sauerstoff in deinem Körper dorthin transportiert wird, wo er benötigt wird – eine essenzielle Aufgabe! Um die Funktion eines Proteins zu verstehen, muss man zu- nächst seine räumliche Struktur kennen (siehe Kapitel 2.1 zur Struktur von Proteinen). Die Erforschung der Struktur des Hämoglobins gestaltete sich als äußerst schwierig. Heute wissen wir, dass Hämoglobin aus vi r Proteinen, so ge- nannten Untereinheiten, besteht, die miteinander verbunden sind. Jede Untereinheit enthält ein zentrales Eisenatom , das für die Sauerstoffbindung zuständig ist. Ein Hämoglobin-Kom- plex kann also vier Sauerstoffatome binden. Max Perutz (1914–2002) war es, der 1959 gemeinsam mit sei- nen Kolleginnen und Kollegen die Struktur von Hämoglobin aufklären konnte. Perutz war ein in Österreich geborener briti- scher Biochemiker, der zuerst in Wien Chemie studierte und dann in Cambridge in Großbritannien mit seiner Forschungs- arbeit begann. Er konnte 1938, als der 2. Weltkrieg ausbrach, nicht mehr nach Österreich zurückkehren, weil er aus einer jüdisc en Familie stammte. Für seine Erkenntnisse bekam er gemeinsam mit John Kendrew 1962 den Nobelpreis für Chemie verliehen. Die Aufklärung der molekularen Struktur von Hämoglobin war ein Thema, das Perutz über fast seine gesamte Berufslauf- bahn beschäftigte. Stell dir vor, welche Leidenschaft für die Forschung es braucht, um 20 Jahre am Verständnis eines ein- zigen Moleküls zu arbeiten! Literatur: Perutz, M. F., Rossmann, M. G., Cullis, A. F., Muirhead, H., Will, G., North, A. C: Structure of haemoglobin: a three-dimensional Fourier synthesis at 5.5-A. resolution, obtained by X-ray analysis. In: Nature. 1960, Jg. 185, H. 4711, S. 416–422. Abb. 31: Max F. Perutz. Aufnahme aus dem Jahr 1962 mit einem Modell der molekularen Struktur von Hämoglobin. Die Methode, die Perutz dabei benutzte, war die Röntgenkris- tallografie 1 . Durch Röntgenkristallografie werden heute jähr- lich die molekularen Strukturen von tausenden neuen Protei- nen analysiert. In den Max F. Perutz Laboratories (MFPL), einem Forschungs- institut in Wien, das nach Perutz benannt ist, forschen Wissen- schafterinnen und Wissenschafter heute an molekularbiolo- gischen Fragestellungen sowie an Projekten in der Zellbiologie. Abb. 32: Röntgenkristallografie. Das Bild zeigt einen Teil eines so genannten Röntgen-Einkristalldiffraktometers zur Strukturaufklä- rung von Proteinen. In die Halterung links im Bild wird der Kristall eingesetzt. Rechts vorne ist ein Mikroskop zu sehen, das die Zentrierung erleichtert, dahinter die Röntgenröhre, aus der die gebündelte Röntgenstrahlung austritt. Glossar 1 Röntgenkristallografie: Dabei handelt es sich um eine Methode, mithilfe derer man den Aufbau von Molekülen studieren kann. Röntgenstrahlen, die auf einen Proteinkristall auftreffen, werde beim Auftreffen auf das Kristallgitter gebeugt. Die Bilder, die diese gebeugten Röntgenstrahlen auf einer Auf- nahme erzeugen, geben Aufschluss über den Aufbau des Moleküls. Damit die Methode funktioniert, müssen Proteine allerdings in Form reiner Kristalle vorliegen. Aufgaben W/E 1 Welche Inhalte aus den Themen- seit n stecken hinter dieser Forschung? W 2 Aus welchen Einzel ol kül n be- stehen Proteine? Wie sind diese miteinander verbunden? Lies in Kapitel 2 nach. W 3 Recherchi re im Internet über die Arbeit der Forscherin Rosalind Franklin, die sich ebenfalls mit Röntgenkristallografie beschäftigte. Handlungskompetenzbereiche Mit jeder Aufgabe in die- sem Buch wird eine der drei Handlungskompetenzen trainiert. Die Buchstaben vor der Aufgabennummer zeigen diese Handlungs- kompetenzen an. W …Wissen organisieren Du lernst Fachwissen anzueignen, biologische Vorgänge zu benennen und zu erklären. E …Erkenntnisse gewinnen Du lernst duch Beobachten und Experimentieren selbst Erkenntnisse zu gewinnen und eigene Fragen und Hypothesen zu formulieren. S …Schlüsse ziehen Du lernst fachlich Stand- punkte zu begründen und die Bedeutung, Chancen und Risiken der erlernten Inhalte für deinen Alltag und für die Gesellschaft abzuschätzen. Nur zu Prüfz ecken – Eigentum des Verlags öbv

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