am Puls Biologie 5, Schulbuch

36 Methoden in der Praxis Chemotherapie Was ist eine Chemotherapie? Der Begriff Chemotherapie (oder kurz „ Chemo “) ist wohl be- kannt – und viele denken dabei an eine Behandlung von Krebs. Tatsächlich ist der Begriff allgemeiner: Unter einer Che- motherapie versteht man jede Behandlung einer Erkrankung mit Chemikalien. Das bedeutet, dass eine Chemotherapie nicht nur gegen Krebserkrankungen eingesetzt werden kann, sondern auch gegen Infektionskrankheiten ( Antibiose ). Chemotherapie gegen Infektionen Werden Chemikalien als Medikamente gegen lebende Krank- heitserreger (i. d. R. Bakterien) eingesetzt, spricht man von An- tibiose. Die verwendeten Stoffe heißen Antibiotika 1 (siehe Ab- schnitt 1.2). Früher wurden Antibiotika aus Pilzen gewonnen. Das bekannteste Beispiel ist Penicillin. Heute kommen viel- fach synthetische Antibiotika zum Einsatz. Der große Vorteil beim Einsatz von Antibiotika ist, dass sie spezifisch gegen Bakterien, also Prokaryoten wirken, und eu- karyotische Zellen nicht angreifen. Die Wirkung beruht darauf, dass Strukturen oder Prozesse angegriffen werden, die nur bei Prokaryoten vorkommen. Manche Antibiotika hemmen die Vermehrung von Bakterien, andere zerstören die bakterielle Zellwand, und wieder andere hemmen bakteriellen Stoff- wechsel. So genannte Breitbandantibiotika wirken gegen ein breites Spektrum verschiedener Bakterien. In Abschnitt 1.2 hast du gelernt, dass eine zu häufige Verwen- dung von Antibiotika zu Resistenzen führen kann. Entspre- chend wichtig ist es, dass die Dosis und Einnahmedauer von Antibiotika ausreichend hoch ist, um die Erreger möglichst vollständig abzutöten. Beendet man die Einnahme zu früh, können sich die Bakterien, die zB durch eine Mutation gegen das Antibiotikum resistent sind, vermehren. Anders gesagt werden so Bakterien gezüchtet, die gegen Antibiotika resistent sind – ein großes Problem der heutigen Medizin! Chemotherapie gegen Krebs Eine Krebserkrankung ist keine Infektionskrankheit: Hier ent- arten Körperzellen, d. h. sie geraten außer Kontrolle, teilen sich ungehemmt – es entsteht ein Tumor . Dadurch verdrängen und zerstören sie umgebendes Gewebe. Besonders gefährlich sind Krebszellen, die sich im Körper ausbreiten und an ver- schiedenen Stellen sekundäre Tumoren (Metastasen) bilden. Die Chemotherapie gegen Krebszellen richtet sich also gegen körpereigene Zellen. Sie soll nur Krebszellen angreifen, nor- male Körperzellen aber möglichst unbeschadet lassen. Daher kommen hier Chemikalien zum Einsatz, die gezielt auf Vor- gänge wirken, die für Zellteilung und Zellwachstum wichtig sind. Solche Stoffe werden Zytostatika 2 (Zellhemmer) ge- nannt. Manche Zytostatika ähneln den Bausteinen der DNA, den Nu- kleotiden. Diese Moleküle werden bei der Zellteilung anstatt der natürlichen Nukleotide eingebaut. Dadurch wird die DNA wirkungslos und die Zelle stirbt. Andere Zytostatika behindern die Vermehrung der DNA, dadurch können sich Zellen nicht mehr teilen. Wieder andere blockieren die Enzyme, die für den Aufbau von Proteinen und damit das Wachstum der Zelle wichtig sind. Der große Nachteil der Chemotherapie ist, dass auch gesunde Körperzellen geschädigt werden. Überall im Körper wachsen und vermehren sich Zellen, die dann „Opfer“ der Zytostatika werden. Gewebe mit hoher Zellteilungsrate (zB Haarfollikel oder Darmschleimhaut) sind besonders betroffen – daher fal- len Patientinnen und Patienten bei einer Chemotherapie meist die Haare aus. Heute wird die Chemotherapie als eine von mehreren Thera- pien gegen Krebs genutzt. Neben der operativen Entfernung des Tumors kommen weitere moderne Behandlungsmetho- den zum Einsatz: Beispielsweise können auch Antikörper ein- gesetzt werden, um Tumorzellen gezielt anzugreifen. Weiters kann versucht werden, die körpereigenen Immunzellen zu aktivieren, oder Tumore durch Hormoneinsatz auszuschalten. Glossar 1 Antibiotika (Einzahl Antibiotikum): vom griechischen anti (= gegen) und bios (= Leben). Natürliche Antibiotika werden von Pilzen produziert, um konkurrierende Bak­ terien zu schwächen oder zu töten. Die Medi- zin hat sich diese Stoffe für die Therapie von bakteriellen Erkrankungen zu Nutze gemacht. 2 Zytostatika: vom griechischen cytos (= Zelle) und lateinischen stare (= anhalten). Ein Zyto- statikum ist eine Substanz, die in der Medizin als Arzneistoff vor allem bei Chemotherapie zur Bekämpfung von Tumorzellen eingesetzt wird. Aufgabe W 1 Nebenwirkungen von Antibiotika: Wie oben beschrieben greifen Antibiotika keine eukaryotischen Zellen an. Dennoch kommt es bei der Einnahme von Antibiotika oft zu Beschwerden im Verdauungstrakt. Finde eine Erklärung dafür. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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